Nonsens: Insolvenz; legal, illegal, scheissegal

Skizze zum Thema Gerechtigkeit/ Ungerechtigkeit

von  Augustus

Es war an einem warmen Sommerabend als ich in völliger Langeweile im Lesezimmer saß und las. Die Baronesse hatte mich vormittags besucht und ihre gewöhnliche Hypnose erhalten. Sie ging wiedermal entspannt in den Alltag hinaus. Die Krähen saßen auf einem hochgewachsenen Kieferbaum und ruhten. Des Abends, wie ich da so spaßeshalber in x zähligen Gesetzesbüchern las, wenn ich mal keine Lust auf Physik, Chemie, Philosophie, Poesie, Psychologie, Mathematik, Biologie, IT, Technik, KI, Literatur, Medizin und Experimente usw. hatte, fiel mir plötzlich beim Durchstöbern der §§ ein ganz, ganz besonderer § auf. 

Nun, lass uns doch sehen, ob der § der Realität auch standhalten kann, rief ich den Krähen durch das offene Fenster entgegen, die kurz dabei aufschreckten und mit den Flügeln kurz um sich schlugen. Dabei errechnete ich die aus meiner Handlung resultierenden, negativen Moralpunkte gegen die positiv resultierenden Moralpunkte, so dass ich eine Summe von genau 0 Punkten bekam. Mein Vorhaben war also nicht gänzlich nur unmoralisch. 

 

6 Monate später. Was zwischenzeitlich geschehen ist. 

 

Nun, ich hatte in der Zwischenzeit ein Möbelladen eröffnet. Verkleidet wie ich war, überzeugte ich eine mittellose Person gegen eine kleine Spende den Posten des Geschäftsführers zu übernehmen. Gleichzeitig gründete ich eine UG für 1 Euro. Eine Halle, die seit Jahren nicht vermietet werden konnte, mietete ich auf den Namen der UG, mit den besonderen Bedingungen, dass die Jahresmiete nach einer Vorlaufzeit von 6 Monaten im 7 Monat fällig wird. Nun, gleichzeitig gründete ich in Uganda eine Möbelschreinerei. Nun ließ ich eine Menge extrem teurer Möbel für 1 Tag mieten, die ich alle im Lager ausstellte. Für 2 Tage schickte mir das Arbeitsamt 10 Verkäufer zu, zu Probearbeiten. Sie räumten die Möbel ordentlich um, stellten Preisschilder auf usw. Kassen und Ec-Kartengeräte ließ ich für 1 Tag ebenfalls mieten. Alles war soweit an Kosten für 1 Tag überschaubar. Dann ließ ich Werbung im Radio und Zeitungen freischalten. Folgendes lief auf und ab. „Designermöbel bei XY bis zu 75% reduziert. Nur an diesem Samstag in der Straße XY. Die Verkäufer standen stramm an diesem Tag. 

 

Tag zuvor ließ ich die Verkäufer folgendes wissen. „Bei Bestellung werden die Möbel angefertigt und nach ca. 5-6 Monaten an den Kunden geliefert.“ „Vorab ist eine Anzahlung in Höhe von 50% des Kaufpreises zu leisten, um die Anfertigung der Möbel zu garantieren.“ „Je Verkauf gibt es für den Verkäufer 20% Provision.“ Das sagte ich, um sie zu Höchstleistungen zu motivieren. „Die 3, die am meisten Möbel verkaufen, werden eingestellt.“ Ich machte aus Sache gar einen Wettbewerb. Jeder war nun bereit alles zu geben. 

 

Samstag: 

 

10.000 Personen strömten in das Lager voller Möbel ein und zahlten 50% an für Möbel, die sie sich kaufen wollten. Brav erzählten die Verkäufer Sätze auf, die ich ihnen Vortags eingebläut hatte. Anzahlungen um die 4.000 Euro bis 10.000 Euro wurden veranschlagt. Oft zwischen 1.000 und 2.000. Denn, Designermöbel ist – wer sich auskennt – teuer. Also wer Möbel für 40.000 Euro kaufte, hatte 50% Rabatt und dann die Hälfte als Anzahlung 10.000 Euro machte ein Schnäppchen. Ja alle machten an Samstag ein Schnäppchen. Selbst die Verkäufer lachten und vergnügten sich in ihren Gedanken an den saftigen Provisionen.  

 

Ca. 500.000 € hatten sich durch die Anzahlungen auf dem Bankkonto gesammelt. Bald ließ ich Aufträge erstellen, die die Möbel auch herstellen sollten und an den neu gegründeten Möbelhersteller in Uganda versenden. 400.000 € ließ ich auf ein Konto in Uganda überweisen. Gleichzeitig ließ ich das Geld splitten und überall auf irgendwelche Konten, die ich da eröffnet hatte, in der Welt verteilen. Mit dem Rest zahlte ich die Miete für die Möbel und für die Werbung. Es blieben ca. 40.000 übrig. 

 

Als nach 5 Monaten nun die Lieferungen der Möbel an 8.000 Kunden erfolgen sollten, tja, da ließ ich die Insolvenz des Unternehmens einleiten. Eine Kanzlei, die einen Insolvenzverwalter für die Abwicklung bestimmte, empfing folgenden Brief. Der Möbelhersteller in Uganda liefert nicht, Mietverbindlichkeiten, Gehälter, Provisionen Kundenaufträge können nicht erbracht werden. 

 

Nun hatte endlich der berüchtigte § seinen Auftritt, den ich vor 6 Monaten abends bei höchster Langeweile fand. 

 

§ 103 InsO  

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen. 

Und (2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. 

 

Der Insolvenzverwalter schaute sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die UG an und wollte direkt den § 207 InsO anwenden. Einstellung mangels Masse. Er erkannte durch die Anzahlungen für die Möbel, dass der Vertrag beiderseitig nicht oder nicht vollständig erfüllt. Der Insolvenzverwalter hatte auch keine Lust anstelle des Schuldners den Vertrag zu erfüllen und lehnte die Erfüllung ab, so dass die Forderung angemeldet werden musste. 

 

Dies alles teilte der Insolvenzverwalter den Gläubigern mit. Sie sollen ihre Forderungen innerhalb von 1 Monat anmelden. Der Aufschrei war groß. Rechtlich betrachtet musste nur ein Unternehmen liquidiert werden, das nicht mehr monetär flüssig ist. Die Gläubiger versuchten den Geschäftsführer haftbar zu machen. Der aber war selbst mittellos und hatte keinen Anwalt, den er hätte noch mindestens 24.999 € leisten müssen bis zur vollständigen Übernahme der Haftung durch die GmbH.Er meldete deshalb Privatinsolvenz an. Der Insolvenzverwalter sowie das Gericht teilten sich 20.000 € und der Rest der 10.000 € wurde ca. auf 8.000 Personen verteilt. Mancher bekam von seiner Anzahlung nur noch 1 € zurück. 

 

Betrug konnte nicht nachgewiesen werden. Die Beweisführung endete vor den Grenzen Deutschlands. In Uganda

konnte niemand nachforschen. 

 

Nachdem ich selbst das ganze Verfahren als Gläubiger verfolgt hatte, (ich hatte ein Kissen für 20 € Anzahlung gekauft) und die aufschäumende Wut der Käufer, (die meisten waren wohlhabend), Flüche, Verunglimpfungen usw. rette ich die in die roten Zahlen meine abgesunkene moralischen Punkte wieder auf 0 dadurch, dass ich an Kinderheime und krebskranke Menschen die 400.000 € spendete. 

     



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