Brandenburg an der Havel

Skizze zum Thema Nacht

von  Augustus

Des Abends lauerten die Mücken auf den Wegen – wie Wegelagerer –  und schikanierten die Leute, um Zollgebühren in Form von Blut zu verlangen. Ich quartierte mich in einen kleinen Wohnmobilanhänger am Campingplatz, in der Hoffnung bequemen Schlaf zu finden. Vor dem Eingang der Tür spannte ein großes Tuch sich zum Sonnenschutz, wenn man draußen sitzen wollte. Ein Tisch und Stühle standen noch da. Einen Cider trank ich und ließ mit dem Getränk den Tag abklingen. Zuvor hatte ich mir Schutz gegen Mücken gekauft. Spiralen, die angezündet werden und einen Duft hinterlassen, der die Mücken wegjagt und Spray, der auf die Haut aufzutragen wird. Allein sah ich bald einige von der Größe her unterschiedliche Spinnen mit länglichen Vorderbeinen herumkrabbeln und Spinnennetze weben. Drinnen im Raum flitzten unter dem Dach weitere Spinnen als ich mit der Lampe draufleuchtete. Campingfeeling vom feinsten, dachte ich, und suchte mich trotzdem zu entspannen.  Es wollte aber nicht gelingen! 

Gegen 3 Uhr nachts wachte ich auf und saß die restliche Zeit bis zur Morgendämmerung vor dem Wagen auf dem Stuhl und schaute die sternenklare Nacht an. Wie die Wolken verziehen, hörte wie Kastanien vom Baum fallen und dachte, es seien Schritte eines Wolfes oder eines Verbrechers. Geheimnisvoll wurde die Nacht immer mehr. So lauerte ich – wie tausend andere Insekten – wach in die Nacht hinaus und wartete auf eine Bewegung. Da. Da. Eine Tür eines Wohnmobils machte Geräusche. Ein bäuchlings-dicker Mann stieg aus und querte den halben Platz und verschwand in den Toiletten. Knistern dort, knarren da. Gegen 4 Uhr tänzelten aus einem Zelt ein 50 jähriger Mann und eine 40 jährige Frau und schmiegten sich einander zu den Toiletten. Bald kamen sie heraus und schlüpften wieder ins Kokon zurück, das Zeitlang zitterte – sicherlich dadurch weil sie nicht einschlafen konnten… so wie ich…   

Mutter und Kind fuhren gegen 4 Uhr los und kamen gegen 6 Uhr zurück. Ins Krankenhaus, in ein Fast-Food-Geschäft? Wir wissen es nicht. 

Tausend Ungeheuer schuf die Nacht. Hundert Augen spähten aus den dunklen Fenstern. Die Spinnen hatten es gemütlicher als ich. Und so verstrich die Zeit. Ab und an grölte ein Betrunkener in der Ferne. Nur die Hunde fühlten sich dadurch gestört und bellten kurzzeitig zurück. Die schauervolle Maske der Nacht wich nach und nach der sanften Morgenröte. Voller Scham erwachte der Morgenaus den Gefilden der Nacht – schüchtern und vorsichtig tastend. Zaghaft zog er seine bunten Kleider an und ließ die nackte Nacht zurück, die ihm einen letzten Kuss zu hauchte, ehe er am Horizont erschien, im Wissen, heute Abend sehen sie sich wieder. Sie lieben sich und ewig dauert ihre Treue.  



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