Die Existenz eines sonderbaren Menschen ist sehr seltsam. Einmal wiegt er sich in höchsten Höhen und ein andermal fällt er dann ins tiefe Tal hinab. Nur so erfährt der Einzelne die Grenzen der Schöpfung. Wer nie gelitten hat, weiß vom Leben nur die Hälfte und wer nur Freuden hatte, ohne Leid erfahren zu haben, wird seine Freuden nicht wertschätzen können und wer seine Freuden nicht wertschätzen kann, der wird auch die Schöpfung nicht wertschätzen und am Ende sich und anderen mehr Schaden anrichten als es ihm bewusst sein wird.
Nun, nachdem unser junger Hypnotiseur sich in den Höhenflug begab und gegen die Sonne immer höher stieg, sollte er sich und seine Flügel verbrennen. Der geistige und seelische Absturz eines seltsamen jungen Menschen, der sowohl sich selbst zu viel abverlangt hatte als auch sich den hartnäckigsten psychischen Probleme anderer Menschen widmete, zollte nun seinen Tribut ab.
Wir wissen nicht genau welche psychischen Blüten seinem Gemüt selbst entsprungen sind, aber was wir wissen ist, dass er nach und nach in einen lethargischen, stummen, emotionslosen, antriebslosen Zustand verfiel, von dem aus er nichts mehr zu unternehmen vermochte. Ja, sein ganzes feuriges Genie war wie auf einmal erloschen und niemand verstand genau wieso. Die Baronesse fürchtete sogar um sein Leben und sie fürchtete umso mehr nach dem Freitod des Professors einen weiteren lieben Freund zu verlieren, der ihr aus ihrer eigenen düsteren psychischen Lage herausgeholfen hatte. Was ist ein Zauberer ohne seine Zauberkräfte noch?
Die Krähen verschwanden bald von seinem Balkon, da niemand sie mehr fütterte. Im Keller blieb das eingerichtete Labor ungenutzt. Die Wohnung wäre verkommen, wenn sich nicht die Baronesse und die Tochter vom Professor mit unermüdlicher Mühe um die alltäglichen Sachen gekümmert hätten.
Dem jungen entzauberten Zauberer, den hartnäckig ein-und dieselben kräfteraubenden Gedanken bedrängten, dass er von nun an ein Gescheiterter ist, weil er glaubte, dass das Schicksal eines jeden Einzelnen schon von Demiurgen vorbestimmt ist und jegliches Eingreifen in das Schicksal des Anderen das vorbestimmte Schicksal in der Tatsache nie geändert werden kann. Und wenn das so ist, dann ist auch sein tiefer seelischer Absturz als sein Schicksal bestimmt. Es gab daraus keinen Ausweg mehr. Der sogenannte freie Wille war in Wirklichkeit gar nicht frei, sondern er existierte einfach nicht, sondern er war bloß eine Illusion, über die sich jeder Einzelne und das Kollektiv selbst betrügen.
Wir wollen aber nicht unfair sein und den Protagonisten so seinem Schicksal überlassen und ihn in seinem Elend dahinvegetieren lassen. Wir wollen zeigen, dass es etwas Existenzielles gibt, das aus dem Jenseits bezogen wird und im Diesseits empfunden werden kann und Menschenleben rettet. Die Liebe.
Fürsorglich hatte sich die Tochter des Professors um den Patienten gekümmert und durch die ständige Nähe entwickelte sie eine gewisse Zuneigung zu ihm. Allein schon der Gedanke, dass sie sich um einen Menschen kümmert, der ihr selbst schon einmal aus der geistgien Finsternis einer Depression herausgeholfen hatte und alles in Menschenmacht Mögliche für ihren Vater getan hatte, erweckte in ihr die zärtlichsten Empfindungen für den Elenden, die einer künstlerischen Seele wie die ihren entspringen können.
Sie fing an Bilder vom aufblühenden Frühling zu malen und hängte sie an die Wände, damit der Patient sich daran erfreuen könne. Sie stellte duftende Blumen in die Vase, damit der wohlriechende Duft die Sinne wiederbelebt; und sie las ihm Märchen vor, damit er in Fantasie schwelgen konnte.
Der Patient dagegen nahm die Wirklichkeit ganz anders wahr, als sie hier beschrieben wurde. Alles war leblos und tot für ihn. Bloße Materie, die auf höhere Stufen Illusionen erzeugt, mehr zu sein als sie in Wahrheit ist, leblos. Alles war in Wahrheit leblos, selbst der Mensch, der der lebendigste sich gerade unter allen Menschen fühlt.
Das Bekümmern um ihn, die Sorgen anderer um sein Leben, war als ob das Leblose in einer Form sich um das Leblose in anderer Form sorgen machen würde, während die Illusion dafür zuständig ist, dass sich das Lebendige zwischen den Leblosen immer und überall als ein Gesetz verankert, welches nicht gebrochen werden darf, und wer es bricht, verliert jegliche Illusion, und landet als Straftäter in einer tiefen Depression. Und der Einzelne, der in dieser tiefen Depression verharrt, gleicht einem Straftäter, der in einer Untersuchungshaft sitzt und angeklagt ist die Wirklichkeit erkannt zu haben, der sich gewagt hatte, die Illusionen herauszufordern und das Gesetz zu brechen, der erkennt hat, was lebendig erscheint ist tatsächlich jedoch leblos, und dieser Übermut bedürfte einer gerechten Strafe, die unter bestimmten Bedingungen als Freitod gefällt wurde, damit die Illusion des freien Willens als Gesetz unter den Leblosen weiter aufrecht erhalten werden kann.
Wir sehen, wie trotz der beiden Körper der Künstlerin und des Patienten, die nahe beieinander sind, sie sitzt auf dem Bett neben ihm und streichelt seine Stirn, die beiden Innenwelten nicht unterschiedlicher sein könnten als wie Feuer und Wasser.