Dürfte Jacques Brel das heute noch singen?

Songtext zum Thema Fremde/ Fremdheit

von  eiskimo

Du bist willkommen bei uns, Fremder

wenn du bei uns mitbauen willst

vergrößern das Königreich der Güte

wo die Hoffnung ganz oben thront

ganz so stark wie die Bäume

die einst schon unsre Väter pflanzten

stolz und erhaben und gut schützend

wenn die Kinder darunter lachten

und ihr Echo sich darin fing

um von fröhlichen Festen zu erzählen.


Du bist bei uns willkommen, Fremder

in unserem Königreich für alle

wenn deine Augen die Wärme haben

die aus der Sonne erstrahlt

und du nicht Kniefälle machst

vor den Silberlingen der Reichen

aber kniest um Blumen zu pflanzen

Blumen,die unsere Ängste vertreiben

ein für alle Mal vor Gesetzen

die nicht gut sind für die Menschen.


Du bist bei uns willkommen, Fremder

auch wenn wir am Hofe streiten

sofern du offen bist und ohne Maske,

und uns voran bringst mit deiner Klarheit

auch mit deinen gerechten Zweifeln

mit deiner unverstellten Jugendlichkeit

die noch den Schwung hat

aus unseren Tempeln die zu verjagen

die das Neue nicht ertragen

die Händler der falschen Gefühle.


Du bist bei uns willkommen, Fremder

bleib nicht draußen vor dem Tor

Komm ganz in unsere Mitte

Bevor die Verzagten hier

die sich betrogen fühlen

verbittert und mit kalten Herzen

heimlich in der Nacht

an den Toren Barrikaden bauen.






Anmerkung von eiskimo:

Frei nach Jacques Brel : L´Homme dans la Cité, Brüssel 1958

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (02.09.24, 09:05)
Es fällt mir auf, daß das Willkommen an "wenn" und "sofern" gebunden ist. In diesem Sinne kann ich Jacques Brel noch heute zustimmen. Aber ob das mehrheitsfähig ist?

 eiskimo meinte dazu am 02.09.24 um 11:41:
Gute Frage! Mir macht das Chanson bewusst, wie kalt es im Land geworden ist.

 chioni antwortete darauf am 02.09.24 um 12:59:
oh doch, gerade mit den "soferns und wenns" verbunden gilt das heute noch. Mehr denn je sogar. Die Menschen sehnen sich danach, dass endlich unterschieden wird zw. jenen, die das erfüllen und den anderen.
Die Riesenwelle der Probleme konnte nur dadurch entstehen, dass diese Unterscheidung von den Verantwortlichen konsequent verweigert wird. Ein erstarrtes System wird von den Folgen seiner Starre überrollt.

 eiskimo schrieb daraufhin am 02.09.24 um 19:48:
Da ist sicher was dran. Wobei ich mir die praktische Umsetzung extrem schwierig vorstelle.

 chioni äußerte darauf am 02.09.24 um 19:51:
Niemand sagt, dass es leicht ist. Es ist mgl. Andere machen es vor, also niemand kann sagen es wäre unmgl

 eiskimo ergänzte dazu am 02.09.24 um 20:00:
Da die Migration DAS Thema geworden ist, wird eine stärkere Steuerung wohl unausweichlich. Aber wir können angesichts der Not in der Welt, verschärft durch Kriege und die Klimakrise, auch nicht eine Insel der Glücklichen sein - die Versäumnisse und Fehler der Vergangenheit holen uns ein.

 chioni meinte dazu am 02.09.24 um 21:24:
eine Insel der Glücklichen sein 
Wie kommst du denn auf sowas? Wir müssen schauen, nicht selber unterzugehen. An glückseligen mangelt es übrigens in den Herkunftsländern nicht, die haben halt keinen Bock drauf für ihre weniger glücklichen was zu tun. Warum auch, die depperten Westler lassen sich noch melken.

 eiskimo meinte dazu am 02.09.24 um 22:22:
Dass es in etlichen Herkunftsländern korrupte Eliten gibt, die ihre eigenen Leute ins Elend treiben, stimmt leider.
Dass Deutschland eins der wohlhabenden Länder auf dieser Welt ist, dürfte aber auch stimmen.

 chioni meinte dazu am 03.09.24 um 01:53:
Naja, wenn man sich wohlhabendes Land nennen will, kann man es sich  leisten, 1/3 der Bevölkerung als Prekariat knapp unter die Existenzschelle zu drücken?

Auch ein ehemals  wohlhabendes Land kann sich erschöpfen. Wir sind gerade an dem Punkt.  Vieles funktioniert nicht mehr. Bildung, Gesundheit, Wohnen, Bahn, Umwelt, alles ist dreiviertel kaputt. Muss es ganz kaputt gemacht werden?

Es kommt mir bisschen vor, wie in der Bibel, wo der reiche Hirte seinem armen Kollegen das einzige Schaf wegnimmt, um damit seinen Gast zu bewirten.

Antwort geändert am 03.09.2024 um 06:54 Uhr

 niemand meinte dazu am 03.09.24 um 08:01:
Es kommt mir bisschen vor, wie in der Bibel, wo der reiche Hirte seinem armen Kollegen das einzige Schaf wegnimmt, um damit seinen Gast zu bewirten.

@ Chioni
Ein treffendes Beispiel!  <3

 eiskimo meinte dazu am 03.09.24 um 08:24:
Wenn bei uns vieles nicht mehr funktioniert, liegt das nicht an der Migration - da sollte man schon differenzieren.

 niemand meinte dazu am 03.09.24 um 08:54:
Doch, und zwar zum großen Teil an der unkontrollierten und bedingungslosen Migration. Da beißt keine Maus den Faden ab, mag man sich noch so mit der gegenteiligen Meinung, die so angesagt ist, abmühen.

 chioni meinte dazu am 03.09.24 um 09:25:
da sollte man schon differenzieren.
@eiskimo


genau darum geht es doch, ums differenzieren.
DIE Migration zu unterteilen in positive und negative Migration. Erstere zu fördern und letztere zu minimieren.

Das Mantra vom früher "reichen Land", aktuell "wohlhabenden Land" ist doch die völlig undifferenzierte Pauschalisierung, mit der man die völlig undifferenzierte Migration begründet.

Antwort geändert am 03.09.2024 um 10:33 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 03.09.24 um 10:33:
Da sind wir uns doch einig, liebe chiomi. Ncht pauschal alle für alles verurteilen.

 chioni meinte dazu am 03.09.24 um 10:39:
Ja, wir sind uns einig. Ich tue keinen in einen Topf, wo er nicht reingehört.

Was mich stört, auch wo keine Pauschalisierung gemacht wird, wird die Pauschalisierung trotzdem offiziell beklagt und angeprangert. Keine ehrliche Taktik. Die Pauschalisierung wird herbeigeredet, um sie als Feindbild zu bekämpfen.

 EkkehartMittelberg (02.09.24, 18:06)
Eine bedingungslose Willkommenskultur taugt nichts. Deswegen finde ich die von Jaques Brel wichtig und überfällig.

LG
Ekki

 eiskimo meinte dazu am 02.09.24 um 19:50:
Da sind wir beide einer Meinung! Danke auch für die Empfehlung, lieber Ekki!
Eiskimo

 Fridolin (04.09.24, 03:25)
Mir macht das Chanson bewusst, wie kalt es im Land geworden ist.
Das kann ich nur unterstreichen.

Danke für dieses schöne Lied. Leider hat es keiner von uns geschrieben ...

 chioni meinte dazu am 04.09.24 um 08:11:
Es wurde bisschen kälter, weil die vielen warmherzigen Flüchtlingshelfer völlig erschöpft sind nach bald 10 Jahren ausgelaugt, die können nicht mehr. So viele  Ehrenamtler haben alles gegeben. Und was ist das Resultat? Man beschwert sich über die Kälte im Land.

 eiskimo meinte dazu am 04.09.24 um 11:54:
@Fridolin
Es freut mich sehr, dass Dir das gefällt - das Chanson berührt einen, weil es bewusst macht, denke ich, dass uns im Zwischenmenschlichen etwas abhanden gekommen ist. Ich sehe das allgemein, nicht nur beim Thema Migration.

 eiskimo meinte dazu am 04.09.24 um 12:28:
@chioni
Dass viele Helfer frustriert sind, stimmt wohl. Aber auch die, die noch nie geholfen haben, wissen plötzlich  dass alles ganz schlimm ist.
Nochmal: Differenzieren!

 chioni meinte dazu am 04.09.24 um 12:36:
Aber auch die, die noch nie geholfen haben
... sind womgl. so schon überlastet? 2 Jobs nur für die Miete, Kita geschlossen, Wartezimmer überfüllt, S-Bahn fällt aus, Behördenformulare bedienen usw.
Der Alltag ist für viele sehr anstrengend, kräftezehrend.

Antwort geändert am 04.09.2024 um 12:38 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 04.09.24 um 16:51:
Ja, die Überlasteten gibt es, sicher viel zu viele. Und denen macht man es auch nicht leicht.
Aber ich sehe auch enorm viele, die es sich sehr bequem machen, vom Coffee to go über den Pizzadienst bis zum Pay-TV - vom teuren Smartphone ganz zu schweigen.
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