Warum die Demo langweilig war

Tweet zum Thema Denken und Handeln

von  Quoth

Habe mich an einer Demo gegen rechts beteiligt, es waren viele nette Leute da, zwei Drittel über, ein Drittel unter 30 (geschätzt), Familien mit Kindern und Hunden, Fahnen der Jusos und des SSW, sehr viele Regenbogenfahnen für die LGBT Bewegung, aber auch mit der Aufschrift PACE, Reden, in denen Buntheit und Vielfalt beschworen und dazu aufgefordert wurde, auf jeden Fall wählen zu gehen und so eine gute Zukunft mitzugestalten. An einem SPD-Stand sind Papiertaschentücher zu haben, auf der Plastikhülle steht: "Nicht weinen, wählen!" War es die Kälte, die mich darüber nachdenken ließ, warum die Demo langweilig war? Vielleicht weil sie in wirklich übertriebenem Maße für das Gute, für Mitmenschlichkeit, ja, für Liebe unter den Menschen eintrat („Hass ist krass, Liebe ist krasser“). Auf einem selbstbeschriebenen und hochgehaltenen Pappschild stand treuherzig „Wenn wir Frauen für mehr Rechte eintreten, meinen wir keine Nazis!“. Müsste man sich bei solchen Demos nicht auch zu dem bekennen, was man hasst? Z.B. Multimilliardäre, Grundstücksspekulanten und ehemalige BlackRock-Mitarbeiter, die diese Welt nach ihren beschränkten und pubertären Vorstellungen umzuformen sich anschicken? Und laut darüber nachdenken, wie man ihnen die demokratische Legitimation entziehen kann, wenn sie ihnen denn erteilt wurde – weil die verführbare Mehrheit eben auch irren kann?



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Kommentare zu diesem Text


 Moppel (08.02.25, 20:29)
ich kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst. Alles bisschen drüber...dann wird es unangenehm gefühlsmäßig...
lG von M.

 Tula (08.02.25, 22:26)
Hallo Quoth
Gute Frage, ob es bei den Demos um Abneigungen oder Ziele geht. 
Jenseits der Ereignisse momentan, mein Eindruck ist, dass das 'dagegen' die Köpfe weitaus intensiver beschäftigt, als das 'dafür'. Im weiteren Sinne: für welche gesellschaftliche Zukunft und konkrete Ziele stehen wir? Diese Frage wird jedenfalls seltener beantwortet.

Das ist bedauerlich und entspricht leider unserem Zeitgeist. Wer keine eigenen (guten!) Ideen hat, beschränkt sich darauf, gegen die der anderen zu sein. Ist ja auch einfacher.

Nachdenkliche Grüße
Tula

 AchterZwerg meinte dazu am 09.02.25 um 06:13:
Knutschibussi, Tula! <3 :) 8-)

 Quoth antwortete darauf am 09.02.25 um 08:58:
 für welche gesellschaftliche Zukunft und konkrete Ziele stehen wir? Diese Frage wird jedenfalls seltener beantwortet.
Nun, wenn immer Vielfalt und Buntheit und Demokratie beschworen werden, die ja wirklich unsere Ziele sind, dann entsteht leicht der Eindruck eines kritiklosen Weiterso, man fühlt sich mit ideen- und kraftloser Ampelpolitik identifiziert und hat an der doch nun genug auszusetzen. Deshalb meine ich: Die Systemfeinde, egal, ob sie rechts links stehen, und auchdie Gefahr müsste benannt werden, dass die Demokratie fragil ist und sich mit Hilfe des Wahlzettels selber abschaffen kann - wie die USA es gerade vormachen, wo die Gerichte noch die einzige Hoffnung sind, wenn sie ausgeschaltet werden oder versagen, droht Bürgerkrieg.

 Jack (09.02.25, 06:58)
Liebe ist zu krass, wird von denen, die nur Hass kennen, als Ultrahass wahrgenommen.

 eiskimo (09.02.25, 09:23)
Ich schließe mich Tula an. Dagegen zu sein, meint vielleicht das richtige - meint es aber nur.
Denn die Gegenposition in Politik umzuformen, sie prakltikabel und sozialverträglich zu machen, gleichzeitig auch gerecht, ohne die Natur zugrunde zu richten - das ist kompliziert, das verlangt Kenntnisse, Einsatz, Ausdauer, Leidensfähigkeit. Schildchen hochhalten reicht nicht.
Gruß
Eiskimo

 Quoth schrieb daraufhin am 09.02.25 um 11:46:
Ich fürchte, Eiskimo, für die Demokratie wirklich begeistern werden wir uns erst, wenn es zu spät ist - wie seinerzeit Herbert Frahm, aus dem Willy Brandt wurde.

Antwort geändert am 09.02.2025 um 11:46 Uhr

 Brösel (09.02.25, 12:08)
Huhu, wenn Rufe wie "Ganz ... hasst die AfD" skandiert werden, beschweren sich danach Nius, Bild und AfD zutiefst moralisch empört, dass die Demonstrierenden ganz böse und heuchlerische Gutmenschen seien. Egal, was die tun, die dagegen sind, es wird immer gemeckert. Schuld an allem ist seit über 100 die SPD. Und neuerdings auch die Grünen.

 Quoth äußerte darauf am 09.02.25 um 13:05:
Deinen politischen Tiefblick möchte ich haben! 8-)
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