G*L*O*C*K*E*N mal so mal so im turm und anderswo
Gedicht zum Thema Gedanken
von harzgebirgler
Hoch droben, da häng´ ich im Stuhle, im Turme,
werd’ heut’ nur noch selten geläutet im Sturme,
ich ruf’ zum Gebet und ich schlage die Zeit –
der Weg von der Wiege zum Sarg ist nicht weit.
Er scheint, wenn man jung ist, schier endlos, ohn’ Grenze,
dem Burschen, der Maid, flicht das Leben gern Kränze,
der Weg, er wird kürzer im Wachstum der Jahre,
das Antlitz wirft Falten, grau werden die Haare.
Ich sehe euch kommen, ich sehe euch gehen,
im Wandel der Zeiten ist Leben ein Wehen
in rosigen Blüten, die morgen schon schwinden
und selbst um Geschlechter nur flüchtig sich winden.
Es reichet mein Ton meist den Menschen zum Segen,
die wirkungsreich schreiten auf buntesten Wegen
des irdischen Hauses, vom Himmel bedacht,
an dem scheint der Mond und die Sonne, sie lacht.
Ich wache bei Tage, bewache die Nächte,
ich sehe die Güte, ich sehe das Schlechte
im Großen und Kleinen und unter den Dächern
seh’ Freude und Leid ich in vielen Gemächern.
Die Sorgen, sie wechseln, ein Glück währt kaum lang,
all jenes begleitet mein stimmiger Klang
aus eherner Wölbe, zum Grund hin geründet,
in den euer Weg auch dereinst einmal mündet...
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MERKWÜRDIGER ZUFALL : die glocke SCHILLERs in der literatur & die glocke der LUTINE in lloyd’s londoner underwriting room
eins ist an letztrer schiffsglocke schon einzig:
das schiff versank auf dem sie einst erklang
im jahre siebzehnhundertneunundneunzig
und da erschien auch schillers glockensang -
man wird das zwar für reinen zufall halten
doch wer weiß schon wie so geschicke walten?!
Die Glocke der Lutine auf ihrem Podest
in Lloyd’s Underwriting Room
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ein segelschiff, französisch, hiess LUTINE
das ging einst unter dann mit mann und maus
problemlos findet bilder man online
darauf sieht die fregatte prächtig aus
viel später hat man allerhand geborgen
vom meeresgrund - die glocke auch, sie hängt
bei lloyds in london sicherlich noch morgen
damit man an so untergänge denkt...
https://de.wikipedia.org/wiki/HMS_Lutine
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in london war bei lloyds oft was am läuten
das läutet hin und wieder heute noch
was soll bloß - fragt ihr euch - der schmarrn bedeuten
und unmut kocht vielleicht ein wenig hoch
doch ist dort eine schiffsglocke zu finden
im underwriting room seit langer zeit
ich würde euch ja keinen bär’n aufbinden:
bei tod im königshaus läutet sie heut’
einst war das läuten, sank ein schiff, routine -
das schiff von dem die glocke ja das sank
einst auch es war das segelschiff "lutine"
des ganze mannschaft, bis auf ein’, ertrank -
geborgen hat vom grund man später dinge
die glocke nicht zuletzt dass sie erklinge...
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kaum taugen käseglocken ja zum läuten,
sind meist aus glas und hindern den gestank
von käse sich betäubend zu verbreiten
derart beglockt kommt er in’ speiseschrank
der käse bleibt auch frisch unter der glocke
so nannte schiller einst mal ein gedicht
und goethe sprach zu ihm „na alte socke
die käseglocke meinst du sicher nicht!?“
da mußte schiller so etwas von lachen
dass goethe dachte "mensch der lacht sich tot!"
und scheinbar war dagegen nichts zu machen
bis schillers diener rudolph sich erbot
die glocke von dem käse flugs zu heben
und siehe da sein herr blieb doch am leben...
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als leitkuh trug sie stets die größte glocke
und bimmelt' ihrer herde toll was vor
trug außerdem den schönen namen 'flocke'
sowie ne gelbe ohrmarke am ohr
die störte 'flocke' auch nicht im geringsten
weil sie ja doch die größte glocke trug
voll stolz vor all'm beim almauftrieb an pfingsten
wozu ne menge zuschauer aufschlug
ihr kopfschmuck war zudem ne augenweide
mit blumen stickerei und tannengrün
das kuhfell glänzte noch dazu wie seide
was an som tag nicht unnormal bei küh'n -
es wird nämlich viel aufwand für betrieben
obwohl auch sonst kaum zuschauer ausblieben...
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der glöckner sprach vor notre dame
„du heiliger bimbumundbam
was steht mein klöppel nur so stramm
und die glocken sind am läuten
was soll das denn bloß bedeuten
muß ich jetzt zum therapeuten?!“
da sprach ein liebe frauen
„ich werd’ gleich mal nach schauen
eh’ sich noch säfte stauen!“ -
und fing dann straff am glockenseil
das war schon echt ein nettes teil
zu ziehen an und fand das geil
und auch des glöckners glocken
war’n völlig von den socken
und ’s seil bald nicht mehr trocken...
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die turmuhr schlug zwölf respektive high noon
doch hatte der'n glocke dann nichts mehr zu tun
mocht' auch nicht groß mittagsschlaf halten und ruh'n
nein fiel ihm samt klöppel aus bronzenem guss
was keinesfalls echt wer erlebt haben muss
zu seinem entsetzen beinah auf die nuss
weil er grad zum turm hoch zwecks uhr'nvergleich sah
als dieser haarsträubende abfall geschah
der glocke vom stuhl, ledig ihrer nun ja...
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das schneeglöckchen sprach jüngst zu osterglocken
“seid bloß um himmels willen nicht erschrocken
wenn ich bei euch läute
wahrscheinlich noch heute!”
“da wär'n wir” drauf die prompt “mehr von den socken!”...
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die taucherglocke sprach zu kirchenglocken:
„ich bin an schiller dichter dran als ihr
und lache sogar über schillerlocken
denn schließlich steckt sein taucher auch in mir!“
prompt fingen die empört voll an zu bimmeln
dass einem schier das hör'n und seh'n verging
ein reiter sah selbst seinen schimmeln schimmeln
an dem er doch mit ganzem herzen hing
im angesicht des rumbimmelns der glocken
obwohl das mehr ne sache für die ohr'n
und mochte drüber keineswegs frohlocken
nein hat die contenance komplett verlor'n:
er brannte ihre kirchen ratzfatz nieder -
der'n glocken bimmelten seitdem nie wieder...
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Manch einer denkt er hört nicht recht -
das was er hört klingt zwar nicht schlecht
ist ihm bekannt auch lange schon:
Doch der Franzosenhymne Ton
mittags in Cham am Regen-Fluss
marktplätzlich selbst bei Regenguss
als Glockenspiel tagaus tagein
was mag des Rätsels Lösung sein
der Marseillaiser Bimmelei -
Besatzungszeit ist doch vorbei!
Ward Cham erneut gar okkupiert
so heimlich daß es keiner spürt?!
Der Sinn erschließt sich nicht direkt -
Mensch fragt sich was dahintersteckt
Mensch fragt forsch nach und Mensch erfährt:
Ein Sohn der Stadt ward einst geehrt
auch straßburgischer Gouverneur
und hochberühmter Militär
des Name Marschall Luckner ist
mit diesem Lied vom Komponist
Marschall von Frankreich war der Graf
den später glatt das Fallbeil traf
weil er auf Rentenzahlung drang
denn die verweigert’ man ihm lang
dem Kommandeur der Rheinarmee -
das tat dem Ehrgefühle weh
und war von Frankreich auch nicht schee
(...sein Urenkel fuhr dann zur See
und kam als "Seeteufel" im Land
zu Ruhm und wurde weltbekannt...)
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zur götter- sprach die glockenspeise:
„ich ziehe bald klangvolle kreise
als glocke im turm
und läute auch sturm
wenn brandgefahr droht beispielsweise!“
„das ist wunderbar“ sprach drauf jene
„vor neid erblasst jede sirene
doch schmackhaft wie ich
bist du ja nu nich
und hast auch nie farbe so schene!“...
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Prachteinband von Schillers Glocke (19. Jh.)
"festgemauert in der erden
steht die form aus lehm gebrannt"
und die linkischen gebärden
machten vortrag fast zuschand
so in deutsch einst in der schule
schiller stand auf dem programm
schülerchen stand auf vom stuhle
und vor klassik gleichsam stramm
schön wars wenn die glocke läutet’
unterricht war endlich aus
dichterwerk nett ausgedeutet
und beglockt ging man nach haus
folgte nicht errötend spuren
einer liebe wunderbar
weil das bei uns jungsnaturen
damals ziemlich uncool war
prüfte noch nicht welche bande
ewig halten welche nicht
viel verlief ja eh im sande
vieles war kaum von gewicht
später wußt man wohl zu scheiden
trennte weizen schon von spreu
mochte manche menschen leiden
und blieb manchen lange treu...
glocken jedenfalls die läuten
da wo mensch sich christlich nennt
bräutigams und ihren bräuten
wenn nur noch der tod sie trennt
ideell - doch scheidungsraten
zeigen trauung mehr als mär:
bund scheint öfter zu mißraten
lieb und treue bleiben schwer
trägt man diese dann zu grabe
läuten glocken nirgendwo
eher krächzt dazu ein rabe
irgendwie leicht schadenfroh...
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