Nummer 13, bitte!
Text zum Thema Menschen
von niemand
Agathe, komm jetzt!
Der Mann erhebt sich und zieht seine Begleitung in Richtung Tür.
Die Frau: Sind wir schon dran?
Der Mann: Nummer 13, ja!
Der Mann klopft, hört ein „Ja, bitte!“ und betritt mit der Frau das Amtszimmer.
Mann, in Gedanken:
Auch hier sitzen sie schon. Diese Kopftücher kann ich nicht mehr sehen.
Die Frisur verstecken, aber angemalt bis Heiwiedü! Als ob das Haar
ein alleiniges Merkmal einer erotischen Anziehungskraft wäre. Wenn sie
wenigstens hässlich wäre. Sieht aber gut aus, warum also noch diese Betonung
durch Schminke? Heuchler, diese religiösen Spinner!
Mann, hörbar:
Guten Tag, wir sind hier wegen ...
Frau im Kopftuch, hinterm Schreibtisch, in Gedanken:
Der glotzt so blöd wie alle andern. Hab ja auch nichts anderes erwartet
von so einem mit Krawatte und Hemd. Mein Kopftuch stört ihn, das sehe ich gleich.
Na, du Blödmann, kannste wohl nicht vertragen, dass so eine Ayshe hier sitzt?
Icn zeige dir schon, dass sie nicht so dumm ist, wie du jetzt glaubst!
Frau im Kopftuch, hörbar:
Weiß ich ja, weiß ich, wegen Wohngeld. Dafür sitze ich ja hier. Mal sehen.
Haben sie alle Unterlagen mitgebracht? Auch den ausgefüllten Antrag?
Mann, in Gedanken:
Will diese blöde Kuh mich jetzt verarschen? Kommt aus dem Orient und denkt
ich wäre zu dumm ihren Wisch auszufüllen. Die hat doch diesen Posten nur ergattert
um ihrer Mischpoche einen billigen Wohnraum zuzuschustern. So unter der Hand.
Wenn die mir jetzt einen Strich durch die Rechnung macht …
Mann, hörbar:
Hier, mein Antrag, alles korrekt ausgefüllt. Man kann sich in diesem Lande fast
keine Wohnung mehr leisten, die bezahlbar ist. Alles schon besetzt, durch …
Mann, in Gedanken:
… Dich und Deine Orientalen … Kein Wunder bei dieser Vielweiberei. Zwei Frauen,
oder auch drei, dazu die Kinder. Die wohnt doch bestimmt in einen großen Haus. Dafür
haben die Politiker schon gesorgt. Unsereiner kann dann sehen wo er bleibt.
Mann, hörbar:
Besetzt durch Kinderreiche, wenn sie wissen was ich meine.
Frau mit Kopftuch, in Gedanken:
Grade noch die Kurve gekriegt, Bürschi. Ich weiß aber genau, was du jetzt denkst.
Von wegen Kinderreiche. Aus dem osmanischen Reiche! Das sind deine Gedanken.
Frau, im Kopftuch, hörbar:
Ja, ja, die Kinderchen müssen sehen wo sie bleiben. Wir bemühen uns aber auch um Menschen
ohne Nachwuchs, aber mit kleinem Gehalt. Sie haben doch ein kleines Gehalt, Herr?
Ach, Tomczyk. Ja. Steht ja auch hier im Antrag.
Mann, in Gedanken:
Was geht das die blöde Kuh an, was ich so verdiene? Die sitzt doch fest verbeamtet auf
ihrem Arsch, mit ihrem Verdienst und der Aussicht auf eine fette Pension.
Mann, hörbar:
Ja, Frau Ce .. Ce … ni …
Frau, im Kopftuch, besonders laut hörbar:
Cenicoglu!
Frau, im Kopftuch, in Gedanken:
Das hat der jetzt extra gemacht! Der will mich provozieren, dabei trage ich ein
Namensschild auf meiner Bluse. Tut so, als ob er nicht richtig lesen kann.
Frau im Kopftuch, hörbar:
So, Herr Tomczyk, dann will ich mir mal ihr Formular anschauen. So, so, aha, ja, hmmm.
Na gut, das geht ja noch. Aber hier fehlen einige Angaben, besonders die zu ihrem Verdienst.
Frau Agathe, leise, fast unhörbar,
den Mann am Ärmel zupfend:
Hat die was von deiner Schwarzarbeit mitbekommen?
Mann, ebenso leise:
Wenn du weiter so machst, bekommt sie das noch mit und dann ist aus mit Wohngeld.
Dann kann ich mir den neuen SUV abschminken. Ist zwar ein gebrauchter, aber auch der
muss bezahlt werden.
Agathe blickt verlegen und schweigt.
Mann, kramt in seiner Tasche und murmelt hörbar:
So eine Scheiße aber auch, Agathe, wo ist denn dieser Wisch?
Agathe blickt schuldbewußt und schweigt weiter.
Frau im Kopftuch, hörbar:
Ohne dieser Bescheinigung kann ich den Antrag nicht bearbeiten, Herr Tomczyk.
Besorgen sie das Dokument und dann kommen sie morgen wieder.
Mann, in Gedanken:
Jetzt kann ich morgen wieder 2 Stunden im Warteraum sitzen, nur weil mir diese Kuh
nicht glauben will, dass ich wenig verdiene. Zwei Stunden sitzen, dann rein und wieder
auf das blöde Kopftuch starren. Wer weiß, was die sich für morgen ausgedacht hat.
Der traue ich alles zu.
Mann, hörbar:
Dann machen wir das so, auch wenn es meiner Meinung nach ohne ginge.
Aber glauben könnte man unsereinem schon ...
Frau im Kopftuch, in Gedanken:
Glauben ist gut. Der verschweigt mir doch etwas, aber das kriege ich noch raus.
Wenn morgen nicht alles stimmt, lass ich ihn noch öfter kommen.
Mann zupft seine Agathe am Ärmel. Beide gehen in Richtung Tür.
Mann hörbar:
Also, bis morgen, Frau Ceni, Ceni Dingsda ….
Frau im Kopftuch, hörbar:
Cenicoglu! Steht ja immer noch auf meiner Bluse.
Mann, hörbar:
Also, bis morgen dann, Frau Coglu, Ceni … Dings … Genau!