Nur auf einen Sprung

Satire zum Thema Menschen

von  niemand

Seit  Tagen schon stand sie vor ihrem Kleiderschrank und klagte. Klagte, dass ihre Winter-Garderobe nicht dem neuesten Stand entsprach. Morgen, mein Lieber, morgen gehen wir beide einkaufen. Das wird nicht leicht, dachte er. Es war nie leicht mit ihr und dem Einkaufen, aber er hatte momentan so gar keine Ausrede parat.

Am nächsten Tag fuhren sie in die Stadt. Du musst nicht in die Geschäfte hinein wenn du nicht willst, plapperte sie, ich hüpfe mal eben alleine durch. Ein paar Pullover, Schuhe und Handtaschen sind schnell gekauft. Setz dich auf die kleine Bank im Stadtpark und genieße den schönen Morgen, rief sie ihm zu und verschwand hinter einer riesigen, gläsernen Kaufhaus-Tür.

Schön war es im Park zu sitzen, einfach so, ohne jede Verpflichtung und so saß er und saß, bis ihn eine bleierne Müdigkeit übermannte. Er fiel in einen Traum nach dem anderen, da hörte er plötzlich eine Stimme. Wie lange sitzen Sie hier schon mein Herr, haben Sie denn keine Wohnung? Das Gesicht der alten Dame war ziemlich erstaunt. Sie sind ja voller Schnee. Aus Ihrer Nase ragen bereits Eiszapfen. Wieso Eiszapfen, fragte er, ein wenig verwundert, wir haben doch erst Spätherbst? Spätherbst, lachte die Alte und zwinkerte ihm schelmisch zu. Wohl etwas zu viel getrunken? Wir haben tiefsten Winter. Die Menschen werden heutzutage immer wunderlicher. Mit diesem Spruch entfernte sich die Frau, nicht ohne noch einmal ein „tz ...tz ...“ in seine Richtung zu rufen.

Langsam kam er zu sich und schaute sich um. Es war wirklich Winter. Dicke Flocken fielen vom Himmel herunter, als er erneut einschlief. Wie lange er schlummerte wusste er nicht mehr, doch es musste lang gewesen sein, denn als er erneut zu sich kam, schien die Sonne,Vögel zwitscherten fröhlich und die Knospen der Bäume schlugen bereits mächtig grün aus.

Oh, Gott,oh Gott! mein Liebling, hast du mich  denn schon vermisst, rief eine ihm bekannte Stimme und das Gesicht über ihm nahm die Konturen seiner Gattin an. Ein zweites oh, Gott, oh Gott ließ ihn gänzlich wach werden. Was mache ich jetzt nur, klagte die Stimme aufgeregt? Fünfzehn Woll-Pullover, dreizehn Paar Stiefel, von den Winter-Taschen und Handschuhen gar nicht zu reden. Was mache ich jetzt nur damit? Ich brauche ganz dringend eine neue Frühjahrs-Garderobe! Das verstehst du doch? Etwas Luftiges, der Jahreszeit angemessen!  Hab noch ein wenig Geduld mein Lieber, bleib hier und genieße den schönen Morgen. Ich bin sofort wieder da! Mit diesen verheißungsvollen Worten verschwand die Gattin erneut hinter einer riesigen Kaufhaus-Tür.

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Isensee.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(14.05.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
Es gibt ja nicht wenige von dieser Sorte
Mit schmunzelnden Grüßen und liebem Dank, Irene

 monalisa (14.05.20)
"Der arme Mann", liebe Irene, tut mir nur bedingt leid. Eigentlich möchte ich ihn an den Schultern packen und durchrütteln und ihm zurufen: "Mach was aus deinem Leben"! Aber mittlerweile ist er vielleicht schon versteinert zum Standbild eines Siebenschläfers geworden. Seine Frau trifft wenigstens eine Wahl, sie scheint dem Gott KONSUM verfallen, ihr Leben im Kaufrausch zu verschwenden, da dürfte sie sich in guter, schlechter Mehrheits-Gesellschaft befinden.

Schön auch mal Prosa von dir zu lesen!
Liebe Grüße
mona

 AchterZwerg antwortete darauf am 14.05.20:
Dem schließe ich mich gern an.
Nach der langen Durststrecke ist Konsum wichtiger denn je!

Lächelnde Grüße
der8.

 niemand schrieb daraufhin am 18.05.20:
Arm, oder nicht arm, das bleibt hier die Frage, liebe Mona.
Ich bedauere sie manchmal, diese Männer, die mit Frauchen einkaufen gehen und dann endlos warten müssen, weil die bessere Hälfte die Zeit vergaß im Warenrausch
Das erträgt Mann nur satirisch betrachtet.
Ich danke Dir herzlich und grüße schmunzelnd zurück, Irene

 ViktorVanHynthersin (14.05.20)
Aussitzen kann er die Situation natürlich nicht
Ich könnte mir eine Fortsetzung vorstellen.
Herzlichst
Viktor

 niemand äußerte darauf am 18.05.20:
"Aussitzen" bringt Müdigkeit mit sich schön, wenn Mann die Zeit
verschlafen kann. Eine Fortsetzung schwebt mir allerdings nicht mehr vor. Es könnte nämlich nur noch schlimmer werden
Mit Dank und herzlichen Grüßen zurück, Irene

 eiskimo (14.05.20)
Wenn die Beiden sich vor Corona so eingedeckt haben, haben sie doch alles richtig gemacht... Er brauchte ja nicht viel.
lG
Eiskimo

 niemand ergänzte dazu am 18.05.20:
Der scheint wirklich nicht sehr viel zu brauchen und er kann noch träumen Mit liebem Dank und Grüßen zurück, Irene

 AvaLiam (14.05.20)
Im ersten Gedanken endete die Geschichte für mich mit dem nächsten Winter. Immerhin hatte sie DIESEN Einkauf ja schon erledigt.
Dann fiel mir die zweite Zeile wieder ein. :-D

Herrlich
Ava

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
Sie kauft wahrscheinlich dermaßen lange und ausgiebig ein,
dass sie dabei den Lauf der Zeit vergisst. In Null Komma nix ist die Saison beendet ... dann braucht Frau wieder Neues
Mit liebem Dank und lieben Grüßen in Deinen Tag hinein, Irene
Jo-W. (83)
(14.05.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
So ist das bei den Menschen der eine schafft alles leicht, dem anderen fällt alles schwer und er verzettelt sich dabei.
Mit liebem Dank und lieben Grüßen zurück, Irene

 EkkehartMittelberg (14.05.20)
hallo Irene, welche Beziehung soll er mit dieser Konsumtante noch aufbauen? Er hätte gut daran getan, schon früher einen Sprung zur Seite zu machen.
Ein witziger Einfall, ihn die innere Leere im Langstreckenschlaf überwinden zu lassen.
Amüsierte Grüße
Ekki

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
Das Ganze ist so ein wenig aus mehreren Beobachtungen quasi entstanden. Und da ich gerne übertreibe fiel es mir ein.
Dankeschön! und amüsierte Grüße zurück, Irene

 TassoTuwas (14.05.20)
Allerherzlichen Dank liebe Irene!
Schön und längst überfällig, das hohe Lied auf die heroische Geduld der Männer, wenn es um die Wünsche ihrer so hoch verehrten Frauen (und auch viel geliebten Geliebten) geht!
Bin gerührt
TT

 AchterZwerg meinte dazu am 15.05.20:
Genau, Tasso: "Wir sind die Guten!"

Der(!)8.

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
Ich habe zuweilen Mitleid mit den armen Wartenden und Geduldigen, lieber Tasso. Sie rühren einen schon
Mit liebem Dank an Euch zwei und lieben Grüßen, Irene
ArndtManfeld (42)
(14.05.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
Aron, hast Du nix zu tun?
ArndtManfeld (42) meinte dazu am 18.05.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 tulpenrot (15.05.20)
Ein nicht enden wollender Alptraum! So kommt es mir vor. Für den armen Mann - eigentlich auch für die Frau. Sie hat doch nie was zum Anziehen! Das schreibt eine (zwar gealterte, aber immer noch) Frau.
Gerne gelesen
LG
Angelika

 niemand meinte dazu am 18.05.20:
Danke für den Tipp, liebe Angelika. Ich war der Meinung, dass man Anreden nur in Briefen groß schreibt. Habe mich dann wohl geirrt
und werde verschlimmbessern
Mit liebem Gruß in Deinen Tag hinein, Irene
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram