Kindheit im 21. Jahrhundert

Text zum Thema Aktuelles

von  bratmiez

Die Hexe und ihr fliegendes Kehrgerät mit fünf Buchstaben.
Der verformte Rücken, welcher Asyl für eine verwilderte alte
schwarze Katze ist. Ein Märchen ohne Glaubwürdigkeit!?

Bunte Luftballons in einer grauen Welt.
Der Weihnachtsmann hat die Stimme des Nachbarn.
Oft genug hat sie sie gehört, als er schreiend auf sie zukam,
weil sie eine Ritterburg aus der korrekt geharkten Rosenerde
bauen wollte. Der liebevoll gebastelte Drachen liegt
in einer Pfütze. Der Wind kann echt gemein sein! Aber alles egal,
weil der ”EISMANN” klingelt. Sie
schaut ihn mit großen Augen an - erwartungsvoll!

KEIN GELD - KEIN EIS!

Sie unterdrückt ihre Tränen und rennt so schnell sie kann nach Hause.

”KEINER DA?” - KEINER DA!

Eine Fliege landet auf ihrer Hand - sie putzt sich.
Sechs kleine Beine kitzeln über ihre Haut. Sie muss lachen.
Da kommt der Postbote gefahren. Er stupst ihr auf die Nase und
schenkt ihr einen kleinen bunten Lolly.

Die Wolken sehen aus, wie die Tiere aus ihrem Lieblingsbuch.
Sie liegt im weichen Gras und träumt mit offenen Augen.
Wie schön war doch die riesige Schaukel und der kleine Sandkasten?!
Jetzt stehen Firmenwagen an der Stelle.

Im Kindergarten spielen jetzt alle.
Mama hat kein Geld mehr dafür.
Die Tante, die auf sie aufpassen sollte,
ist schon seit Stunden einkaufen oder so!

”KEINER DA?” - KEINER DA!

” Wie geht bloß dieser verdammte Fernseher an?”

Sie hat Hunger.

Der Lolly klebt in ihrem Haar,
als sie auf dem großem Schaffell einschläft....
MITTERNACHT - GELÄCHTER - dann Ruhe!
Eine Hand streift über ihren Kopf.

”MAMA?” - ”MAMA!”

Die Wärmflasche ist kalt - kalt wie das Leben!
Und keiner hat Zeit, das Loch in Teddy´s Hals zu stopfen.
”Gute Nacht, kleine Maus!”- und:

  WILLKOMMEN IN DER REALITÄT!

Sie will ganz laut schreien, doch ihre Stimme
erstickt in tausend Tränen.
Keiner hat sie bemerkt - WIE AUCH?

Illustration zum Text
Herzengel
(von Nina)
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Kommentare zu diesem Text

Wasserkreise (29)
(05.07.04)
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 bratmiez meinte dazu am 05.07.04:
ich möchte mich bei dir bedanken. ich hätte nie gedacht, dass ich überhaupt einmal eine resonanz auf einen meiner texte kriege! es tut verdammt gut, wenn man eine beurteilung wie deine liest! meine "buchstabensuppe" ist bunt gemischt und vielfältig und ich hatte bisher immer probleme damit, einen menschen zu finden, der bisher alles gelesen hat. eines weiß ich aber genau: ich werde nie eine bestimmte richtung einschlagen! alles, was ich zu papier bringe entspricht immer meiner momentanen stimmung!
Aschenputtel (29)
(13.07.04)
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h2o (54)
(13.07.04)
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Andreas (37)
(14.07.04)
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 bratmiez antwortete darauf am 14.07.04:
danke andy! deine bewertung bedeutet mir sehr viel, ehrlich! LG Janet^^
hecky (23)
(15.07.04)
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 Triton (21.07.04)
Dieser Text..., hat etwas in mir angerührt. Ich mußte an Dinge denken, die ich in meiner Kindheit erlebt habe, vollkommen andere, aber ich glaube, mit den gleichen Empfindungen, die Du beschreibst.
fraukevdb (67)
(24.07.04)
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 bratmiez schrieb daraufhin am 24.07.04:
vielen dank, liebe frauke! da bin ich ja mal gespannt! LG Janet!

 tastifix (30.07.04)
Liebe Bratmiez!

Du hast ganau das zum Ausduck gebracht, was heutzutage in viel zu vielen Kinderherzen vor sich geht.Obendrein noch in Familien, für die es keine zwingenden Gründe gibt,ihren Kindern eine solch vereinsamte Kindheit zu bescheren.
Es ist einfach traurig!!
Deine Zeilen haben mich sehr angesprochen. 1o Punkte!
Und ich habe ein zwei kleine Tipps:
1. ...Rücken, welcher Asyl für eine alte, verwilderte Katze ist.
Neu: ...Rücken, der einer alten, verwilderten Katze Asyl bietet.
2. ...als sie auf dem großen Schaffell einschlief
Neu: ...als sie auf dem großen Schaffell einschläft

Einen lieben Gruß
tastifix
erpi (54)
(03.08.04)
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Treulieb (53)
(06.08.04)
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 bratmiez äußerte darauf am 08.04.05:
danke!
orsoy (44)
(06.08.04)
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 bratmiez ergänzte dazu am 06.08.04:
stimmt, das wäre eine überlegung wert! vielen dank für deinen kommentar! ;o)

 JohndeGraph (11.08.04)
Ich weiß bei Dir nicht wirklich, ob Du nur experimentierst mit dem Schreiben, oder ob Du zum Teil erlebtes damit verarbeitest. Du schreibst sehr gut und lebendig, verstehst es Bilder zu malen und Stimmungen zu transportieren. Der Lollie im Haar, wie geht der Fernseher an, die Fliege die so fasziniert, wo der Eismann klingelt ... usw. "Respekt" J.d.G.
der Kern° (33)
(24.08.04)
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Jana (30)
(30.08.04)
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Anne84 (53)
(21.09.04)
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poetrie37 (37)
(01.10.04)
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erna (52)
(13.11.04)
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Vilar (35)
(19.11.04)
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BTrader (35)
(22.11.04)
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 mr.d (25.11.04)
Du hast alles gesagt, was wahr ist!
Ich weiß wovon ich rede, denn ich als angehender Erzieher sehe dieses Leid nahezu täglich!

 bratmiez meinte dazu am 25.11.04:
...und es wird ganz bestimmt nicht besser! danke für deine bewertung! MSG BM!
mood (28)
(29.01.05)
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 DariusTech (11.02.05)
Toller Text. Kenne Kinder, die zumindest manchmal in so einer Situation sind. In meiner Verwandtschaft, aber irgendwann sagt man nichts mehr dazu, wenn man nur zu hören bekommt das einen das eh nichts angeht, und es doch auch viel zu anstrengend sei mit zwei kleinen Kindern einkaufen zu gehen. Auf jeden Fall, starker Text.
don.mombasa (27)
(03.03.05)
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PraesidentDeath (24)
(04.05.05)
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Lilith (28)
(24.06.05)
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 bratmiez meinte dazu am 24.06.05:
...und ich sag einfach nur: danke!
Glassmoon (23)
(04.07.05)
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 bratmiez meinte dazu am 04.07.05:
...und stell dir vor: das ist die eiskalte realität!
Glassmoon (23) meinte dazu am 05.07.05:
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ub136 (41)
(25.07.05)
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Justine (42)
(12.09.05)
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 bratmiez meinte dazu am 12.09.05:
danke, du liebe!
kinder sind das schönste, was es gibt auf der welt! besser als sex, besser als jede erdenkbare droge! du hast es voll erfaßt!
was soll ich noch sagen? joa!!!!
die miez.

 KopfEB (02.11.05)
Die Tatsache, dass uns die Gesellschaft zwingt den Sinn in der Arbeit zu finden, ist äusserst beschämend. Nicht nur für die Kinder, die sich selbst überlassen bleiben. Wollen wir einen Eindruck hinterlassen, müssen wir uns entscheiden. Produktion, Produkt ist nichts was für die Ewigkeit bestand hat.
Zum Glück laß ich mich von der Gegenwart nicht beeindrucken.
Ich kann dir abschließend nur ehrliches Mitleid schenken, wahres Verständnis würde voraussetzen, dass es mir ähnlich ergangen ist. Da ich ein Dorflümmel bin, war es nicht so. (Ich hoffe du verstehst das nicht als Angriff in irgendeiner Form. Ich weiß sehr gut, dass Mitleid in jeglicher Form so aufgefasst werden kann)
Faszinierend finde ich an deinem Text vor allem, dass ich mich trotz unterschiedlicher Voraussetzungen wiederfinde, im Wolkenversunkenen, Fernsehguckenden, Lolliklebenden. Ein Kind, ist ein Kind, ist eine Kind. Die Frage ist wohl nur wie lang.
PraesidentDeath (24)
(17.11.05)
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 Bergmann (28.11.05)
Liebe Bratmiez,
das ist ein Text, der mir sehr gefällt! Das ist alles frisch und voller Poesie. Sehr gut gefällt mir die Gliederung - die ganze Form - die Bilder und Szenen! Perspektivenreich das alles, eine leichte, tragfähige Konstruktion von Gefühlen, An-sichten etc!
(Interessant wäre eine Fassung dieses Textes in der Ich-Form!)

Ich schlage folgende Streichungen vor:

Ein Märchen ohne Glaubwürdigkeit?
erwartungsvoll!
kalt wie das Leben!
Keiner hat sie bemerkt - WIE AUCH?

Ich würde das streichen, weil dann dieses schöne Gedicht noch stärker aus der Perspektive des Kindes geschrieben wäre, die Kommentierungen sind überflüssig, sie stören oder schwächen die Kraft des Ganzen.

Über den Titel kann man streiten... Er ist unpoetisch und trotzdem treffend, allerdings etwas distanziert.
UB

 bratmiez meinte dazu am 28.11.05:
oh, dankeschön, herr bergmann. für die empfehlung, die tipps und überhaupt.
die miez ;o)

 Shagreen (30.11.05)
Liebe miez, sehr gute Beobachtungen hast Du hier aneinandergereiht. Im "fliegendes Kehrgerät mit fünf Buchstaben"/"Asyl" klingt schon die Verschulung von Kindesbeinen an, das Einpauken von Definitionen, das abstrakte Denken, damit man später an Begriffen wie "Arbeit" und "Staat" nicht scheitert. Bei den nächsten Zeilen fällt mir dann das "Rasen betreten verboten"-Schild ein. Solche "Hofordnungen" hängen immer noch rum. Nett auch der pawlowsche Reflex, wenn der Eismann klingelt und die zwingende Logik "KEIN GELD - KEIN EIS!". Alles in allem ein grausamer Text, der zeigt, daß der "Ernst des Lebens" schon im zartesten Kindesalter beginnt. Diese Verkettung von Kindheitserlebnissen ist Dir echt gut gelungen.
Tinkerbell (24)
(19.02.06)
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Gini (57)
(19.02.06)
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locido (21)
(22.02.06)
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mischwAld (23)
(06.12.06)
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 Manitas (17.08.07)
huch...aua...liebe Mieze...tief...
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