Unerreicht

Prosagedicht zum Thema Melancholie

von  Füllertintentanz

Jenseits der Traurigkeit
verebbt der Moment
wartenden Lebens.
Einsam stehe ich
zwischen
zu viel zu wenig
und schüttele verstummte Lieder
aus meinem Haar.
Während das Zweigwerk der Weide
zärtlich mein Bild
im nassen Blau umstreichelt,
nicke ich Tränen in die Nacht,
falte meine Gedanken zu einem Segelboot
und hoffe,
dass sie die nächste Flut
weit aus meinem Blickfeld tragen wird.

Doch dann erzählt mir
der salzlose Duft feuchter Wiesen,
dass mich die Gezeiten
am Bodensee
nicht erreichen werden.

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Kommentare zu diesem Text


 Theseusel (04.01.06)
...und in solche Zeilen liebe Sandra lasse ich mich „mit verneinender Gebärde“ fallen und sinke wie in die Watte aus denen dann schwergewichtig die Tränen laufen, die sich von der Wange verabschieden. Das in Melancholie geneigte Haupt hat in diesem Bild kein Blickfeld des auf den Horizont gerichteten Blickes, es schaut ja auf den See zu seinen Füßen oder Stiefeln;) Die Gezeiten haben es schon erreicht, egal wo das ich sich befindet und sogar die Dämme sind gebrochen. Der Bodensee als geographischer Punkt und tiefste Stelle der Seele erscheint gleichsam als See und als Punkt unerreichbar. Die reinigende oder mitnehmende Flut „zwischen viel zu wenig“ bedingt -wie soll ich es sagen?, den Stöpsel aus der Badewanne zu ziehen und trotzdem liegt das Unerreichte diesem Tiefpunkt gegenüber.
Weißt Du, was ich mich jetzt gerade frage? Wie groß ist die „Wasserverdrängung“ eines Gedankensegelbootes“ und könnte es nicht sein, dass es genau über der tiefsten Stelle der Seele ankert? Dieses Gedicht ist traumhaft schön!
Liebe Grüße von Gerd
(Kommentar korrigiert am 04.01.2006)

 Füllertintentanz meinte dazu am 04.01.06:
... Oh Gerd, du stellst immer so schöne Fragen. "Wie groß ist die Wasserverdrängung eines Gedankensegelbootes"... ja, das frage ich mich auch gerade. Da es ganz stark in Abhängigkeit zu der Größe, Dichte und somit auch der Schwere dieser Gedanken steht, muss die Frage wohl in jeder Situation neu beantwortet werden...
Die Tatsache, dass dir die geographische Lage des Bodensees auffiel verwundert mich nicht. Ich bin mir sicher, dass kaum jemand merkt, dass dieser Ort mit Sorgfalt gewählt ist... Deine Assoziation mit dem tiefsten Punkt der Seele ist genau richtig. Auch der Blick, der mit gesenktem Haupte bodenwärts gerichtet ist soll symbolisieren, dass man nie seinen Horizont erblicken kann, wenn man ständig zu tief blickt...
Ich freue mich sehr, über deinen verstehenden Kommentar und grüße dich ebenfalls lieb zurück, Sandra.
Elias† (63)
(04.01.06)
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 Füllertintentanz antwortete darauf am 05.01.06:
Lieber Elias, obleich es sich ja eigentlich nicht schickt, Stellen des eigenen Textes zu beklatschen, so gefällt mir das Bild, wie man zwischen zu viel zu wenig steht sehr gut. Oft frage ich mich, wie viele Menschen genau an diesem Ort stehen. Wie viele werden ihn verlassen und wie viele werden für immer dort ausharren?... LG Sandra
TanzderSinne (30)
(05.01.06)
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 Füllertintentanz schrieb daraufhin am 05.01.06:
Liebe Ive,
ich finde es klasse, wenn ein Text automatisch zum weiter Dichten anregt. Das zeigt doch, dass die Stimmung aus den Zeilen direkt in den Leser gekrochen ist. Dein Ende hat nur einen inhaltlichen Unterschied, zu meinem... Bei dir gelingt es dem lyrischen ich, dass die Gedanken aus der Sicht verschwinden... Bei mir bleiben sie dort. Die erhoffte Flut bleibt aus, was ausdrücken soll, dass man nicht jemand drittes damit beauftragen kann, für eine freie Sicht zu sorgen, das muss aus einem selbst geschehen.
Besonders nette Grüße zurück, Sandra
TanzderSinne (30) äußerte darauf am 05.01.06:
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 JohndeGraph (05.01.06)
Seuftz ... und das doppelte darin, das sinnige ist schon klasse. Mit den Gezeiten, in den Gezeiten und doch getrennt durch Land und die Gedanken darin die nicht fort treiben ... unerreicht.
Dann die Bilder die Du vor den Augen des Lesers vorbeiziehen läßt ... soll ich unerreicht schreiben? Nein das wäre gelogen, aber es ist so geschrieben das es meine Seele erreicht ;). Ein klasse Text! J.d.G.
Fabian_Probst (44)
(09.01.06)
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