Ein toller Hecht

Text

von  Borek

Die Morgennebel stiegen langsam der Sonne entgegen. Die Wellen des Sees plätscherte mit ihrer Stille sanft ans Ufer. Silbrig glänzte das Wasser in der aufgehenden Sonne. Hier und dort sprang ein Fisch nach denen im Sonnenlicht tanzenden Mücken. Es war das einzige kleine Geräusch in der totalen Stille. Die Tannenbäume, noch mit Tautropfen behangen, neigten sich dem See zu um ihren morgendlichen Gruß zu entbieten.
Seit Jahren war es sein Lieblingplatz..
Dreimal in der Woche bestieg er in aller Herrgottsfrühe sein Fahrrad und suchte die Stille der Natur und das Verschmelzen mit ihr.
Es ging für ihn nicht darum, ein erfolgreicher Angler zu sein, obwohl einem schon die Anglerleidenschaft packen kann, das Wichtigste war die Verbundenheit zur Natur und die traumhafte morgendliche Stille.
So blickte er über den See, den Schwimmer immer im Auge behaltend, doch schon eine Stunde lang hatte kein einziges Seeungeheuer angebissen.
Plötzlich war der Schwimmer verschwunden. Er griff schnell nach der Rute und spürte gefühlsmäßig, es ist etwas größeres. Immer wieder Leine lassend und immer wieder einholen, es war zu einen Zweikampf geworden. Er hatte einen großen Fisch am Haken. Das Jagdfieber hatte ihn gepackt. Der anfängliche Widerstand wurde immer schwächer und nun kam der Moment wo er den Köcher bereithielt um ihn aus seinen Lebenselement zu holen.
Es war ein Prachtexemplar von einem Hecht. Er entfernte seinen Haken, und dabei sah er ihn in die Augen. Sein silbriger Blick mit etwas blutunterlaufen Rändern. Seine schwarzen Pupillen hatten einen Ausdruck von Stolz und Leid an sich, der ihm noch nie bei einem Fisch aufgefallen war. Jetzt hatte er einen tollen Hecht gefangen Er schätzte seine Länge auf  60 bis 70  cm ca. 5 kg schwer. Er steckte ihn in die Reuse damit er noch etwas von seinem Lebenselixier Wasser hatte, bevor er in seinen Kochtopf wandern konnte. Eine tolle Hechtsuppe, oder zarte Hechtklöschen, ihm lief schon leicht das Wasser im Mund zusammen. Und bei seinen Anglerfreunden war er damit natürlich ein toller Hecht.

Nun hatte er die Rute wieder ausgeworfen und stand freudig erregt am Uferrand.
Ein toller Hecht, ein toller Hecht und dieser Begriff nahm ungewollt Besitz von seinen Gedanken. Was war er doch im Leben für ein toller Hecht. Groß, stattlich, begehrt bei den Frauen, beliebt bei den Mädchen. So nahmen seine Gedanken urplötzlich eine eigenartige Wendung. Veronika, die schwarze Seele, mein Gott war das eine Frau. Sie hätte er gern geheiratet, aber sie wollte ihn nicht, er sei zu oberflächlich für sie. Ja, dann such eben einen Mann der unterflächlich ist, sagt er wütend zu ihr. Da waren ja noch Marina, Beate, Ursula, die waren auch sehr hübsch.
Mit Marina entwickelte es sich anfänglich recht gut. Sie gingen viel tanzen und alle Leute sagten, was ist das für ein schönes Paar. Erst konnte Marina nicht oft genug ausgehen, dann kamen immer mehr Ausreden und  eines Tages sagte sie ihm ganz einfach, Rudi, du bist ein toller Hecht aber ich bin nicht das viele Wasser welches du zum Schwimmen brauchst. Blöde Kuh. Mit ihrem späteren Mann hat sie auch ganz schön zu schwimmen gehabt.
Eine wilde Zeit folgte, toll, an niemanden gebunden. Die Nacht endete nie, ein Rausch folgte dem anderen. Die Party endete mit dem Beginn der neuen.
Nun ja, so toll war die Zeit nun auch wieder nicht.12 Uhr, etwas zerknittert ging er zu seinem Wagen, der vor der Garage parkte. Er mußte ja mal paar Kunden besuchen für die Firma Herzog bei der er als Reisender angestellt war. Damals bei der Einstellung hatte man zu ihm gesagt, die Kundinnen werden ihnen unsere Produkte aus den Händen reißen, so wie sie aussehen! Na ja, fing auch ganz gut an, aber dann die vielen Einladungen und die  Partys.
Er wollte gerade mit dem Schlüssel den Wagen öffnen, da stand plötzlich sein Verkaufsleiter Herr Steidle, ein mieser Typ, vor ihm.
„Herr Burghauser, sind sie so nett und schauen sie auf die Uhr, meine zeigt 12 Uhr an und 9 Uhr steht in ihrem Reiseplan die Firma Hauser. Geht meine oder ihre Uhr falsch?“ „Ja, es tut mir leid, aber mir ging es heute sehr schlecht“
„Ja wirklich nur heute?“
„Ja, Herr Steidle, nur heute. Ich hätte sie auch noch angerufen.“
„Und, Herr Burghauser wo waren sie nach ihrem Reisebericht die anderen vier Tage vorher? Die Kunden haben in der Zentrale angerufen und gefragt wo sie bleiben! Es ist ein Firmenauto. Bitte geben sie mir den Wagenschlüssel und holen sie sich ihre Papiere in der Personalabteilung ab. Tolle Hechte ohne Leistung sind bei uns fehl am Platz.“
Er hatte eine gute Stellung für die Bank, war jung und arbeitsam und bekam einen guten Kredit. Er hatte schlecht verkauft und dadurch weniger verdient als geplant. Er hatte eine lockere Hand in Geldsachen und nun war er arbeitslos.
Es war kein erhabenes tolles Gefühl bei dieser Bilanz.

Da war noch Ursula, gutsituiert, einzige Tochter mit väterlichem großem Haus.
Es war leicht ihre Gunst zu gewinnen. Er fand Unterschlupf in ihren Armen.
Und Anstellung in der väterlichen Versicherungsagentur. Die Bank war froh über seine Entscheidung.

Er saß mit seinem kleinen Klappstuhl am See, er sah nicht mehr seine Angel, er sah auch nicht mehr seinen See.
Er war eingetaucht in seine Vergangenheit. Was hätte sein können und was ist aus seinem Leben geworden?
Wäre er mit Veronika glücklicher geworden, hätte er sie nicht als Spielzeug benutzt?
War Ursula nur die Fluchtmöglichkeit aus seiner damaligen katastrophalen Situation.
Hatte er sie verstanden, hatte sie ihn verstanden?  Ja sie lebten in oberflächlicher Gemeinsamkeit mit Gütertrennung auf Veranlassung seines damals lebenden Schwiegervaters. Und er hörte schon ihre schrille keifende Stimme , einen Hecht, ?
Wo soll ich so einen großen Topf hernehmen, und so viele Gräten. Kannst du nicht etwas vernünftigeres fangen.
Sein Kopf sank immer tiefer und er stierte wie gedankenverloren auf den Boden und auf die Reuse. Was hatte er doch für Pläne. Er wollte Erfolge, er wollte sich und den anderen beweisen, was für ein toller Hecht er war. Was war er? Gefangen in einer Pflicht, in der die Zeit wie eine Sanduhr tickt, wie bei allen Menschen.
Spontan sprang er auf, noch einmal wollte er ein toller Hecht sein. Er griff zur Reuse, faßte den Hecht an den Kiemen und schaute ihn, der da zappelte, lange in seine schielenden Augen. Sei du mein Freund und bleibe mein Kamerad und für immer ein  toller Hecht.
Mit einem weit ausholenden Wurf  beförderte er seinen Hecht in die Freiheit des Sees. Eine starke Last fiel ihm vom Herzen. Mit einer inneren Heiterkeit bestieg er sein Rad und fuhr nach Hause, zu wissen heute eine gute Tat, sich selbst und seinem tollen Hecht erwiesen zu haben.
Es war ein prächtiger Frühlingsmorgen.


Anmerkung von Borek:

Diese Geschichte ist natürlich wie alle von mir frei erfunden. Anlaß zu dieser Überschrift war der charmante Kommentar von Brigitte G.
Danke für die Anregung

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Kommentare zu diesem Text


 BrigitteG (20.04.07)
Gern geschehen :).

 Borek meinte dazu am 20.04.07:
Danke für den wenigen Mut.
Esmeralda (45)
(29.04.07)
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 Borek antwortete darauf am 29.04.07:
Danke für Deine Meinung. ja manchmal möchte man schon ein toller Hecht sein zB. mit einer Fl. Wein unter den Arm geklemmt mit der nächsten Maschine nach Peru fliegen und der übernächsten wieder zurück. Dann kommen die tausend abers, aber, aber. Und so haben wir unser Gedankenwelt die wir mit der Welt der Worte mischen und dort so manches nachvollziehen was im richtigen Leben unrealistisch wäre
Ganz liebe herzliche Sonntagsgrüße dir Roschanka von d.i.H.g. Herbert
zackenbarsch† (74)
(30.04.07)
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 Borek schrieb daraufhin am 30.04.07:
Lieber Friedhelm!!
Eine Auszeichnung für mich. Dein Kommentar.Herzlichen Dank.
Und als Schüler würde ich sagen,
Herr Lehrer, ich werde auch weiterhin versuchen gute Aufsätze zu schreiben.
Herzliche Grüße Herbert, als Lehrer weißt Du ja, dies ist ein indogermanischer Name.... Der im Heer glänzende.! Huch!!
Symphonie (73)
(19.07.07)
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 Borek äußerte darauf am 19.07.07:
Danke für Dein Gefallen, und dies aus einem erfahrenen Schreibermund.
Herzliche grüße Herbert
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