Teil 3
Erzählung
von NormanM.
Am nächsten Morgen machte ihm das Aufstehen nicht so viel Mühe, klar, er konnte auch fast eine Stunde länger schlafen, wobei er nicht wusste, ob er es wirklich konnte, er tat es einfach, aber vielleicht fand er Deutschunterricht ja doch statt.
Er duschte wie gewohnt und hatte anschließend auch genügend Zeit zum Rasieren. Seit fast drei Jahren rasierte er sich täglich, außer wenn er verschlief.
Seine Eltern hatten das Haus schon verlassen, als er hinunter kam. Nach dem Frühstück putzte er sich noch rasch die Zähne und fuhr los.
In der Schule angekommen sah er erst einmal auf das schwarze Brett, um zu sehen, ob Deutsch wirklich ausgefallen war. Wie er sah, war das nicht der Fall, aber das kümmerte ihn nicht großartig, in der Oberstufe war es völlig normal, öfter mal „blau zu machen“. Er musste nur aufpassen, dass Frau Bach, seine Deutschlehrerin ihm nicht über den Weg laufen würde, da sie sich dann ihren Teil denken würde.
Er machte sich auf zum Kursraum, wo er Religion hatte. Er saß ganz hinten, neben Gerhard Dobring. Thomas grüßte ihn, Dobring erwiderte den Gruß.
Dobring war auch so eine Art Schönling wie Grünwald, mit dem er auch befreundet war, aber nicht ganz so schlimm wie dieser und auch viel offener. Während Grünwald nur gutaussehende Mädchen und Leute, die auf seiner Wellenlänge lagen, akzeptierte, hatte Dobring nichts gegen Leute, die anders waren als er selbst und redete auch mit ihnen. Außerdem war er auch immer sehr hilfsbereit. Sein Vater war Chefarzt, und das bedeutete natürlich jede Menge Kohle in der Familie, was man ihm auch ansah. Er trug immer die feinsten Sachen und schien ständig neue zu haben. Er hatte vier verschiedene Brillengestelle, die er immer wechselte, am liebsten würde er sie alle gleichzeitig tragen. Eigentlich brauchte er nur zum Autofahren eine Brille, aber trug sie meistens die ganze Zeit.
Der Unterricht fing pünktlich an, kaum hatte es geschellt, trat Herr Baumgard auch schon ein. Er war Mitte 50, grauhaarig, um seine Glatze herum und ziemlich klein. Wenn er redete, könnte man meinen, dass ihn der Unterricht selbst langweilte, denn er sprach immer langsam und ohne Betonung. Aber trotzdem konnte man sich immer gut beteiligen, und aus diesem Grund bestand der Kurs auch noch aus 17 Schülern, und das war für einen Relikurs in der 13. Klasse schon sehr groß. Heute fehlten einige, wie gesagt, in der Oberstufe war blau machen nichts Besonderes.
Das Thema der Stunde war der Mensch. Dobring redete ununterbrochen, aber auch Thomas beteiligte sich nicht schlecht. Schließlich schellte es.
Thomas musste Pannek finden, um sich dessen Physikhausaufgaben zu leihen. Schlecht wäre es auch nicht, wenn er noch jemanden fände, der ihm seine Geschichtshausaufgaben lieh. Er hielt am schwarzen Brett, um zu sehen, ob noch etwas nachgetragen worden war.
„Hallo Thomas“, hörte er plötzlich eine weibliche Stimme hinter sich, die ihm nicht ganz fremd war. Er drehte sich um und sah Nadja vor sich. Sie lächelte ihn an. „Na, heute morgen keine Lust auf Deutsch gehabt?“
Sein Herz begann wieder schneller zu klopfen. Heute trug sie ihr Haar hochgesteckt, wodurch ihre schönen blauen Augen noch mehr zur Geltung kamen. Sie trug eine enge Jeans, einen rosa Pulli und eine weiße Jacke, was ihr sehr gut stand, aber ihr stand sowieso alles, was sie trug.
„Ach, ich hatte heute morgen irgendwie Schwierigkeiten mit dem Aufstehen, da hab ich beschlossen, mir die Stunde zu schenken und noch ein wenig länger zu schlafen“, sagte er. Er fand, dass diese Antwort besser sei als die Wahrheit.
„Eine gute Idee, du hast auch nichts verpasst. Frau Bach hat wieder nur drum herum geredet.“
„Na, dann war meine Entscheidung wohl richtig.“
„Ach, wäre ich doch auch nur so schlau gewesen“, meinte sie und lächelte. In dem Moment kam Gründwald. Na toll, der hat mir gerade noch gefehlt, dachte Thomas. Wieso musste der auch jetzt ausgerechnet kommen.
„Na, ihr zwei“, meinte Grünwald und grinste ein wenig. Vermutlich weil Nadja mit ihm redete, fand Thomas.
„Hallo Matthias“, grüßte Nadja ihn zurück und umarmte ihn zur Begrüßung.
„Kommst du mit in die Cafete?“, fragte Grünwald.
„Okay“, antwortete sie. Sie sagte noch kurz „Tschüß“ zu Thomas, Grünwald machte eine Winkbewegung und weg waren sie.
Immer dasselbe, ärgerte sich Thomas. Kaum taucht Grünwalt auf, bin ich nur noch Luft für sie. Aber immerhin hatte sie mir noch wenigstens „tschüß“, gesagt. Was ihn besonders schmeichelte war, dass sie gemerkt hatte, dass er gefehlt hatte.
Pannek tauchte auf.
„Wo warst du heute morgen in Deutsch?“, fragte dieser.
„Hatte keinen Bock“, antwortete Thomas kurz und knapp.
„Ich hab einen Zettel für dich mitgenommen“, erwähnte Pannek und öffnete seinen Rücksack.
„Kannst du mir gleich in Physik geben. Ach, kannst du mir deine Physikhausaufgaben leihen?“
„Ja, kann ich. Hast du gar nichts gemacht?“
„Doch, ein bisschen.“
Pannek holte seine Mappe heraus und gab sie Thomas. „Bleibt es denn bei heute Nachmittag? Kommst du?“, fragte er.
„Ja klar, ich komme“, antwortete Thomas.
„Gut, dann könnten wir uns ja auch ein wenig mit Physik beschäftigen“, schlug Pannek vor.
„Kann nicht schaden“, antwortete Thomas. „Danke für die Hausaufgaben. Ich geh schon mal in den Kursraum und schreib ab.“
Jetzt hatte er niemanden mehr gesehen, um sich die Geschichtshausaufgaben zu leihen, aber das war auch nicht weiter tragisch, er kam nicht dran. Markus Ulrichsen las seine vor. Als er fertig war, schlief der halbe Kurs schon, aber das war bei ihm auch meistens der Fall, nur merkte er es nie und kam sich auch dieses Mal anschließend richtig toll vor.
„Ist ja wirklich alles schön formuliert, aber solltet ihr nicht den Text interpretieren?“, bemerkte Herr Pleiers, und der gesamte Kurs find an zu lachen, außer Ulrichsen selbst, der völlig irritiert war. Aber da er immer sehr viel sagte, war auch oft etwas Richtiges dabei. Er dachte, er sei recht beliebt, doch in Wahrheit ging er allen immer nur auf die Nerven. Als die Doppelstunde vorbei war, wurde Thomas erstmal von ihm genervt.
„War meine Hausaufgabe denn so schlecht? Was war daran denn nicht in Ordnung?“, fragte Ulrichsen.
„Hast du doch gehört, du hast den Text nicht interpretiert“, antwortete Thomas gereizt.
„Wieso denn nicht?“
„Weiß ich doch nicht, du hast es doch geschrieben!“
„Ich hab doch so viel geschrieben, wieso war es denn falsch?“
„Ist doch dein Problem.“
„Aber ganz falsch war es doch nicht, oder?“
„Du hast doch gehört, was der Pleiers gesagt hat.“
„Meinte der das denn wirklich ernst?“
„Ja, meinst du, der meint das nur zum Spaß?
„Wie fandest du es denn?“
„Ich konnte damit auch nichts anfangen.“
„Was gefiel dir denn daran nicht?“
„Mein Gott, jetzt halt doch mal die Schnauze, red doch mit dem Pleiers darüber!“, brüllte Thomas ungehalten. Da fing Ulrichsen an zu lachen, auf seine typische Art und Weise, meistens wurde er dabei purpurrot im Gesicht, er heulte förmlich vor lachen. Einige Schüler drehten sich um, wovon manche lachten. Ulrichsen merkte nichts. Thomas hätte am liebsten einen Baseballschläger genommen und dieses dämliche picklige Gesicht damit poliert, aber da er keinen hatte und ihm seine Faust dazu zu schade war, flüchtete er. Dagegen war Pannek ein richtig angenehmer Umgang.
Er hatte schon während der Geschichtsstunde einen Teil der Physikhausaufgabe abgeschrieben. Beim Vergleich mit Panneks Hausaufgabe hatte er festgestellt, dass das, was er gelöst hatte, zum größten Teil richtig war, es sei denn, dessen Lösung war falsch, aber das konnte er ausschließen, denn soweit er sich erinnern konnte, hatte Pannek nur ein einziges Mal im Unterricht etwas Falsches gesagt, und selbst das war kein gravierender Fehler gewesen.
Er setzte sich vorm Physikraum auf die Heizung und schrieb den Rest ab.
Im Unterricht meldete er sich freiwillig, um die Hausaufgaben vorzutragen. Der Lehrer war zufrieden. Grünwald las den nächsten Teil der Hausaufgabe vor. Diesmal war der Lehrer nicht ganz so zufrieden. Thomas mussste grinsen, als er Grünwalds Gesicht sah.
„Thomas, was hast du denn herausbekommen?“, fragte Herr Behrens, der sich über Thomas´ guten Start freute. Thomas las vor.
„Sehr gut“, lobte Behrens. „Ich frag mich, warum du nicht immer so arbeitest. Es klappt doch.“
Abschreiben kann ja auch jeder, dachte Thomas sich. Diese Aufgabe hatte er ja komplett von Pannek abgeschrieben, weshalb er auch ein schlechtes Gewissen bekam, weil er für Panneks Verdienst gelobt wurde. Er war auch sicher, dass einige aus dem Kurs sich denken konnten, dass er abgeschrieben hatte.
Im weiteren Stundenverlauf verstand er nur noch die Hälfte, aber immerhin konnte er eine Frage richtig beantworten.
Als er Feierabend hatte und zum Ausgang ging, lief ihm wer über den Weg? Ulrichsen natürlich.
„Was hattest du jetzt?“, fragte dieser.
„Also, wenn du Deutsch hast, habe ich Physik. Und wenn du Englisch hast, habe ich Mathe. Hast du das System immer noch nicht begriffen? Wenn du Leistungskurs hast, habe ich auch Leistungskurs, wir alle haben dann Leistungskurs, aber da musst du ja erstmal hinterkommen“, erklärte Thomas ziemlich ungehalten. Wieder fing Ulrichsen an zu lachen. Thomas blieb stehen, damit Ulrichsen weiterging, doch dieser blieb dann auch stehen.
„Hast du jetzt noch Unterricht“, fragte Ulrichsen.
„Nein!“
„Und wieso bleibst du dann stehen?“
„Nur so“
„Häh? Versteh ich nicht.“
„Na, dann geh doch, ist doch meine Sache.“
Und schon kam der nächste Lachanfall von Ulrichsen. Er versuchte noch irgendetwas zu sagen, aber er konnte nicht, weil er so lachen musste.
Dobring kam in dem Moment, der den Lachanfall mitbekam und sah Thomas ein wenig bemitleidend an. Thomas ging mit ihm zusammen raus. Ulrichsen folgte ihnen nantürlich, aber glücklicherweise erreichte er sein Auto als erstes. Er fuhr eine Ente, was auch zu ihm passte.
„Ja Tschüss, dann bis morgen“, rief er ihnen noch hinterher.
„Bis morgen“, antwortete Dobring.
„Junge, Junge, der ist ja wirklich schlimm“, meinte er dann zu Thomas.
„Gar nicht mal so falsch“, entgegnete dieser.
„Hast du denn sonst auch Kontakt zu ihm?“
„Willst du mich verarschen? Ich häng doch nicht mit dem Typ rum, mir reicht es schon, wenn ich ihn in der Schule sehe. „
„Hab ich auch nicht wirklich geglaubt. Ich hab ihn zum Glück nicht so oft auf dem Hals, aber ich krieg ja oft genug mit, wie er drauf ist.“
Ulrichsen fuhr gerade an ihnen vorbei. Er fuhr vorausschauend, was ja auch richtig war, aber während er fuhr lachte er.
„Das gibt es doch nicht“, rief Thomas. „Der lacht ja immer noch.“ Auch Dobring musste nun lachen.
Er duschte wie gewohnt und hatte anschließend auch genügend Zeit zum Rasieren. Seit fast drei Jahren rasierte er sich täglich, außer wenn er verschlief.
Seine Eltern hatten das Haus schon verlassen, als er hinunter kam. Nach dem Frühstück putzte er sich noch rasch die Zähne und fuhr los.
In der Schule angekommen sah er erst einmal auf das schwarze Brett, um zu sehen, ob Deutsch wirklich ausgefallen war. Wie er sah, war das nicht der Fall, aber das kümmerte ihn nicht großartig, in der Oberstufe war es völlig normal, öfter mal „blau zu machen“. Er musste nur aufpassen, dass Frau Bach, seine Deutschlehrerin ihm nicht über den Weg laufen würde, da sie sich dann ihren Teil denken würde.
Er machte sich auf zum Kursraum, wo er Religion hatte. Er saß ganz hinten, neben Gerhard Dobring. Thomas grüßte ihn, Dobring erwiderte den Gruß.
Dobring war auch so eine Art Schönling wie Grünwald, mit dem er auch befreundet war, aber nicht ganz so schlimm wie dieser und auch viel offener. Während Grünwald nur gutaussehende Mädchen und Leute, die auf seiner Wellenlänge lagen, akzeptierte, hatte Dobring nichts gegen Leute, die anders waren als er selbst und redete auch mit ihnen. Außerdem war er auch immer sehr hilfsbereit. Sein Vater war Chefarzt, und das bedeutete natürlich jede Menge Kohle in der Familie, was man ihm auch ansah. Er trug immer die feinsten Sachen und schien ständig neue zu haben. Er hatte vier verschiedene Brillengestelle, die er immer wechselte, am liebsten würde er sie alle gleichzeitig tragen. Eigentlich brauchte er nur zum Autofahren eine Brille, aber trug sie meistens die ganze Zeit.
Der Unterricht fing pünktlich an, kaum hatte es geschellt, trat Herr Baumgard auch schon ein. Er war Mitte 50, grauhaarig, um seine Glatze herum und ziemlich klein. Wenn er redete, könnte man meinen, dass ihn der Unterricht selbst langweilte, denn er sprach immer langsam und ohne Betonung. Aber trotzdem konnte man sich immer gut beteiligen, und aus diesem Grund bestand der Kurs auch noch aus 17 Schülern, und das war für einen Relikurs in der 13. Klasse schon sehr groß. Heute fehlten einige, wie gesagt, in der Oberstufe war blau machen nichts Besonderes.
Das Thema der Stunde war der Mensch. Dobring redete ununterbrochen, aber auch Thomas beteiligte sich nicht schlecht. Schließlich schellte es.
Thomas musste Pannek finden, um sich dessen Physikhausaufgaben zu leihen. Schlecht wäre es auch nicht, wenn er noch jemanden fände, der ihm seine Geschichtshausaufgaben lieh. Er hielt am schwarzen Brett, um zu sehen, ob noch etwas nachgetragen worden war.
„Hallo Thomas“, hörte er plötzlich eine weibliche Stimme hinter sich, die ihm nicht ganz fremd war. Er drehte sich um und sah Nadja vor sich. Sie lächelte ihn an. „Na, heute morgen keine Lust auf Deutsch gehabt?“
Sein Herz begann wieder schneller zu klopfen. Heute trug sie ihr Haar hochgesteckt, wodurch ihre schönen blauen Augen noch mehr zur Geltung kamen. Sie trug eine enge Jeans, einen rosa Pulli und eine weiße Jacke, was ihr sehr gut stand, aber ihr stand sowieso alles, was sie trug.
„Ach, ich hatte heute morgen irgendwie Schwierigkeiten mit dem Aufstehen, da hab ich beschlossen, mir die Stunde zu schenken und noch ein wenig länger zu schlafen“, sagte er. Er fand, dass diese Antwort besser sei als die Wahrheit.
„Eine gute Idee, du hast auch nichts verpasst. Frau Bach hat wieder nur drum herum geredet.“
„Na, dann war meine Entscheidung wohl richtig.“
„Ach, wäre ich doch auch nur so schlau gewesen“, meinte sie und lächelte. In dem Moment kam Gründwald. Na toll, der hat mir gerade noch gefehlt, dachte Thomas. Wieso musste der auch jetzt ausgerechnet kommen.
„Na, ihr zwei“, meinte Grünwald und grinste ein wenig. Vermutlich weil Nadja mit ihm redete, fand Thomas.
„Hallo Matthias“, grüßte Nadja ihn zurück und umarmte ihn zur Begrüßung.
„Kommst du mit in die Cafete?“, fragte Grünwald.
„Okay“, antwortete sie. Sie sagte noch kurz „Tschüß“ zu Thomas, Grünwald machte eine Winkbewegung und weg waren sie.
Immer dasselbe, ärgerte sich Thomas. Kaum taucht Grünwalt auf, bin ich nur noch Luft für sie. Aber immerhin hatte sie mir noch wenigstens „tschüß“, gesagt. Was ihn besonders schmeichelte war, dass sie gemerkt hatte, dass er gefehlt hatte.
Pannek tauchte auf.
„Wo warst du heute morgen in Deutsch?“, fragte dieser.
„Hatte keinen Bock“, antwortete Thomas kurz und knapp.
„Ich hab einen Zettel für dich mitgenommen“, erwähnte Pannek und öffnete seinen Rücksack.
„Kannst du mir gleich in Physik geben. Ach, kannst du mir deine Physikhausaufgaben leihen?“
„Ja, kann ich. Hast du gar nichts gemacht?“
„Doch, ein bisschen.“
Pannek holte seine Mappe heraus und gab sie Thomas. „Bleibt es denn bei heute Nachmittag? Kommst du?“, fragte er.
„Ja klar, ich komme“, antwortete Thomas.
„Gut, dann könnten wir uns ja auch ein wenig mit Physik beschäftigen“, schlug Pannek vor.
„Kann nicht schaden“, antwortete Thomas. „Danke für die Hausaufgaben. Ich geh schon mal in den Kursraum und schreib ab.“
Jetzt hatte er niemanden mehr gesehen, um sich die Geschichtshausaufgaben zu leihen, aber das war auch nicht weiter tragisch, er kam nicht dran. Markus Ulrichsen las seine vor. Als er fertig war, schlief der halbe Kurs schon, aber das war bei ihm auch meistens der Fall, nur merkte er es nie und kam sich auch dieses Mal anschließend richtig toll vor.
„Ist ja wirklich alles schön formuliert, aber solltet ihr nicht den Text interpretieren?“, bemerkte Herr Pleiers, und der gesamte Kurs find an zu lachen, außer Ulrichsen selbst, der völlig irritiert war. Aber da er immer sehr viel sagte, war auch oft etwas Richtiges dabei. Er dachte, er sei recht beliebt, doch in Wahrheit ging er allen immer nur auf die Nerven. Als die Doppelstunde vorbei war, wurde Thomas erstmal von ihm genervt.
„War meine Hausaufgabe denn so schlecht? Was war daran denn nicht in Ordnung?“, fragte Ulrichsen.
„Hast du doch gehört, du hast den Text nicht interpretiert“, antwortete Thomas gereizt.
„Wieso denn nicht?“
„Weiß ich doch nicht, du hast es doch geschrieben!“
„Ich hab doch so viel geschrieben, wieso war es denn falsch?“
„Ist doch dein Problem.“
„Aber ganz falsch war es doch nicht, oder?“
„Du hast doch gehört, was der Pleiers gesagt hat.“
„Meinte der das denn wirklich ernst?“
„Ja, meinst du, der meint das nur zum Spaß?
„Wie fandest du es denn?“
„Ich konnte damit auch nichts anfangen.“
„Was gefiel dir denn daran nicht?“
„Mein Gott, jetzt halt doch mal die Schnauze, red doch mit dem Pleiers darüber!“, brüllte Thomas ungehalten. Da fing Ulrichsen an zu lachen, auf seine typische Art und Weise, meistens wurde er dabei purpurrot im Gesicht, er heulte förmlich vor lachen. Einige Schüler drehten sich um, wovon manche lachten. Ulrichsen merkte nichts. Thomas hätte am liebsten einen Baseballschläger genommen und dieses dämliche picklige Gesicht damit poliert, aber da er keinen hatte und ihm seine Faust dazu zu schade war, flüchtete er. Dagegen war Pannek ein richtig angenehmer Umgang.
Er hatte schon während der Geschichtsstunde einen Teil der Physikhausaufgabe abgeschrieben. Beim Vergleich mit Panneks Hausaufgabe hatte er festgestellt, dass das, was er gelöst hatte, zum größten Teil richtig war, es sei denn, dessen Lösung war falsch, aber das konnte er ausschließen, denn soweit er sich erinnern konnte, hatte Pannek nur ein einziges Mal im Unterricht etwas Falsches gesagt, und selbst das war kein gravierender Fehler gewesen.
Er setzte sich vorm Physikraum auf die Heizung und schrieb den Rest ab.
Im Unterricht meldete er sich freiwillig, um die Hausaufgaben vorzutragen. Der Lehrer war zufrieden. Grünwald las den nächsten Teil der Hausaufgabe vor. Diesmal war der Lehrer nicht ganz so zufrieden. Thomas mussste grinsen, als er Grünwalds Gesicht sah.
„Thomas, was hast du denn herausbekommen?“, fragte Herr Behrens, der sich über Thomas´ guten Start freute. Thomas las vor.
„Sehr gut“, lobte Behrens. „Ich frag mich, warum du nicht immer so arbeitest. Es klappt doch.“
Abschreiben kann ja auch jeder, dachte Thomas sich. Diese Aufgabe hatte er ja komplett von Pannek abgeschrieben, weshalb er auch ein schlechtes Gewissen bekam, weil er für Panneks Verdienst gelobt wurde. Er war auch sicher, dass einige aus dem Kurs sich denken konnten, dass er abgeschrieben hatte.
Im weiteren Stundenverlauf verstand er nur noch die Hälfte, aber immerhin konnte er eine Frage richtig beantworten.
Als er Feierabend hatte und zum Ausgang ging, lief ihm wer über den Weg? Ulrichsen natürlich.
„Was hattest du jetzt?“, fragte dieser.
„Also, wenn du Deutsch hast, habe ich Physik. Und wenn du Englisch hast, habe ich Mathe. Hast du das System immer noch nicht begriffen? Wenn du Leistungskurs hast, habe ich auch Leistungskurs, wir alle haben dann Leistungskurs, aber da musst du ja erstmal hinterkommen“, erklärte Thomas ziemlich ungehalten. Wieder fing Ulrichsen an zu lachen. Thomas blieb stehen, damit Ulrichsen weiterging, doch dieser blieb dann auch stehen.
„Hast du jetzt noch Unterricht“, fragte Ulrichsen.
„Nein!“
„Und wieso bleibst du dann stehen?“
„Nur so“
„Häh? Versteh ich nicht.“
„Na, dann geh doch, ist doch meine Sache.“
Und schon kam der nächste Lachanfall von Ulrichsen. Er versuchte noch irgendetwas zu sagen, aber er konnte nicht, weil er so lachen musste.
Dobring kam in dem Moment, der den Lachanfall mitbekam und sah Thomas ein wenig bemitleidend an. Thomas ging mit ihm zusammen raus. Ulrichsen folgte ihnen nantürlich, aber glücklicherweise erreichte er sein Auto als erstes. Er fuhr eine Ente, was auch zu ihm passte.
„Ja Tschüss, dann bis morgen“, rief er ihnen noch hinterher.
„Bis morgen“, antwortete Dobring.
„Junge, Junge, der ist ja wirklich schlimm“, meinte er dann zu Thomas.
„Gar nicht mal so falsch“, entgegnete dieser.
„Hast du denn sonst auch Kontakt zu ihm?“
„Willst du mich verarschen? Ich häng doch nicht mit dem Typ rum, mir reicht es schon, wenn ich ihn in der Schule sehe. „
„Hab ich auch nicht wirklich geglaubt. Ich hab ihn zum Glück nicht so oft auf dem Hals, aber ich krieg ja oft genug mit, wie er drauf ist.“
Ulrichsen fuhr gerade an ihnen vorbei. Er fuhr vorausschauend, was ja auch richtig war, aber während er fuhr lachte er.
„Das gibt es doch nicht“, rief Thomas. „Der lacht ja immer noch.“ Auch Dobring musste nun lachen.