Trans-Asia: Ein Schnellrestaurant in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade

Text zum Thema Alltag

von  bluedotexec

Ich sitze in diesem Imbiss. So ein trans-asiatischer Fastfood-Schuppen, in dem man von indischer Nudelsuppe bis japanischem Wasabi so ziemlich alles bekommt. Ich entscheide mich für die gebratenen Chinanudeln und zahle. Die Verkäuferin, die nur gebrochenes Deutsch spricht, kennt mich, nickt und fragt "Hier essen oder mitnehmen?"
Ich entscheide mich dafür, im Laden zu essen, und schiebe meinen Körper auf einen Hocker. Sie müsste bald kommen.
Nach vier Minuten warten ist mir so schlecht vor Hunger und vom Speichelschlucken, dass ich nicht mehr warten kann. Ich nehme die Flasche mit der Sriracha-Hot Chili Sauce und drücke kräftig drauf. Nach vier Bissen scheint mein Gesicht - wie üblich - die gleiche Farbe wie die Sauce selbst zu haben. Das stört mich nicht, ich esse immer so.

Kulinarischer Masochist.

Da kommt sie zur Tür herein. In dem ohnehin schon heißen Imbiss (Es sind immerhin fast dreißig Grad) wird mir zusätzlich zur Wirkung des Capsaicin noch ein paar Grad wärmer. Sie nimmt sich ein Getränk und setzt sich an meinen Tisch.
"Hi."
"Morgen."
"Morgen?! Es ist fast vier."
"Na und? Morgen."
"Meinetwegen. Hör zu, ich will gleich zur Sache kommen und mir das Gelaber sparen."
Ein Mund voll Nudeln. Schweiß auf den Wangen.
"Ich hab lange nachgedacht und mir überlegt, dass es so nicht weiter gehen kann."
Noch ein Mund voll Nudeln. Schweiß auf der Kopfhaut und den Wangen.
"Ich meine, es kann doch nicht so schwer sein, sich zu trennen, oder?"
Noch ein Mund voll Nudeln. Viel Sauce. Mir schießen die Tränen in die Augen.
"Außerdem ist es das Beste für alle Beteiligten. Christian würde nicht mehr so unter dem Druck leiden."
Ein Löffel purer Sauce. Mein Mund wird taub.
"Und ich bin mir sicher, wir kommen über den Verlust hinweg."
Viel Sauce, wenig Nudeln. Mir wird schwindlig.
"Warum weinst du? Dir hätte klar sein müssen, dass das passieren würde. Und warum stopfst du dieses widerwärtige Zeug in dich hinein, wenn ich versuche, ein ernsthaftes Gespräch zu führen?"
"Mrblwmpf."
"Was?"
Runterschlucken.
"Weils gut schmeckt. Mir war sowieso klar, dass das passieren würde. Letztenendes geht es immer so aus, hn?"
"Nein, das stimmt nicht. Sie dir Stefan an! Bei ihm läuft es auch gut. Wieso konnte es bei uns nicht funktionieren?"
"Keine Ahnung."
Wieder ein Bissen.
"Weißt du schon, wann du anfängst?"
Ich muss einen Huster unterdrücken. Der zerkaute Nudel-Saucen-Brei schießt mir in die Nasenhöhle. Meine Augen tränen erneut.
"Mein Gott, bist du weinerlich. So eine große Sache ist doch wirklich nicht, und zumindest für mich sicherlich nicht das erste Mal."
"Ja, aber ich hab all meine Hoffnung darauf gesetzt, dass es funktioniert."
"Weißt du, im Prinzip habe ich vor kurzem schon festellen müssen, dass das alles von vornherein keine gute Idee war."
"Ja." Ich zögere. Der Teller ist leer.
"Cola?" Fragt sie kalt.
"Danke." Ich trinke gierig.
"Lass mir auch noch was."
"Nun, und was jetzt?"
Ich kippe mir die Sauce pur auf den Löffel.
"Du weißt, dass das scharf ist? Dass es sogar höllisch scharf ist?"
"So scharf ist es auch wieder nicht."
"Du wolltest wissen, was jetzt ist. Ganz einfach. Ich schicke dir die Papiere rüber, und du unterzeichnest."
"Und was machen wir wegen der Presse?"
"Die werden sich wegen zwei kleinen Softwarefirmen schon nicht aufregen."
Ich lege den Löffel auf den Teller und stehe auf, stelle ihn in den Geschirrsammelschrank und hebe meine Gitarrensaiten vom Tisch. Sie trinkt ihre Cola aus und verlasst vor mir das Lokal.

Ich vermute stark, dass ich auch weiterhin genug Geld haben werde, um noch oft in dieses herrliche Restaurant zu kommen. "Widerliches Zeugs", hat sie gesagt. Es gibt nichts besseres in ganz Hannover als diese Nudeln, und zusammen mit der Sauce sind sie ein Gedicht. Nun, ein brennendes Gedicht. Und heute habe ich es ein wenig übertrieben, schließlich wurde mir schwindlig. Aber im Großen und Ganzen war es ein gelungenes Mittagessen. Ich bin sicherlich noch sehr oft hier anzutreffen, wie ich nachmittags meine scharfen Nudeln einnehme und der freundlichen Bedienung zulächle - auch ohne sie.


Anmerkung von bluedotexec:

Geschah ganz spontan. Vorhin, beim Essen bei Trans Asia. Hab sofort den Notizblock rausgekramt und angefangen.

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Kommentare zu diesem Text

Grufti.Ente (28)
(05.08.08)
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