III.
 Inhalt 
V. 

IV.

Erzählung zum Thema Evolution

von  Lala

IV.

Nicht absurd war, dass er wenige Monate nach meinem Besuch verstarb. Ich hatte den Abend zu verdrängen versucht. Teils, weil ich mich so unterlegen gefühlt, teils weil ich Anjielika nicht hatte erzählen wollen, dass er mich zum Schnaps hatte verführen können.

Es war an einem Samstag im April. Große, dunkle Laster standen vor dem Haus und ich war mir sicher, Celary ziehe um. Ich war nicht unglücklich über die Entwicklung, dass er ging. Mit einem Lied auf den Lippen, warmen Brötchen, einer Zeitung mit
großem Immobilienteil und der Gewissheit, dass nach ein paar Fehlalarmen, Ani endlich schwanger geworden war, ging ich vom Bäcker wiederkommend, an den Lastern vorbei, die gerade seine Möbel schluckten.

Im Treppenhaus gewahrte ich erst nicht, dass mir mit humpelnden Schritt jemand von oben entgegenkam und auf meiner Etage stehen blieb. Erst als ich meine Tür aufschließen wollte, gewahrte ich die fremde Präsenz.

„Herr Braun?“
Die Stimme war so anders, dass sich mir die Haare aufstellten. Ohne es zu wollen, schnellte ich herum.
„Ja?“
Ein windschiefes Grinsen aus dem Gesicht eines kleinen, hässlichen Mannes grüßte mich.
„Celary weggegangen. Endgültig.“
„Das bemerke ich gerade Bei so einem Umzug muss wohl jeder helfen, nicht?“
Unsicher war ich, sogar ängstlich. Deshalb, blieb ich wie festgenagelt im Angesicht des hässlichen Hinkefußes stehen.
„Nicht ganz. Er nicht. Er tot.“, radebrechte er und noch mehr schiefer Zahn zeigte sich mir.
„Bitte?“
„Er tot. Immer krank. Nichts helfen. Jetzt tot.“
Wieder zeigte er mir sein Lächeln. Ich beruhigte mich und fand mein Gegenüber zunehmend lächerlich.
„Schön. Und was wollen sie jetzt von mir?“
„Ich? Nichts.“
„Vergessen sie es. Danke. Bestellen sie schöne Grüße und viel Spaß noch.“, sagte ich und kehrte ihm wieder den Rücken zu, um meine Wohnungstür aufzuschließen.
„Aber Ihnen er vermacht das hier.”
Ich wollte nicht, aber ich drehte mich wieder um und blickte auf einen schäbigen Schuhkarton. Doranap stand drauf.
„Wer sind sie? Was soll das: ist tot? Er zieht bestenfalls um. Also, was soll das? Sie sind geschmacklos. Schämen Sie sich.“
„Er ist Vater. Ich Sohn. Erbe. Doranap sein Schuh. Gefertigt einzeln. Angepasst. Selten. Er ihnen vermacht das.“, dabei drängte er mir den Karton noch mehr auf.
„Nein! Nein. Eine alleinstehende Waise vermacht mir nichts. Erst recht keine Schuhe.”, protestierte ich und drückte den Karton wieder zurück.
“Er mich Sohn gemacht, aus Haus, na ja wie sagen?“
„Waisenhaus? Adoptiert?“
„Genau. Richtig. Adoptiert. Warum so? Ich weiß auch nicht? Schwierig.“
„Sie? Sie sind sein Sohn?“
„Ja, genau, Sohn. Erbe. Und jetzt nehmen das.“ Abwesend ergriff ich den von ihm mir in die Hände gedrückten Karton.
„Sie kommen aus Krakau?“
„Woher du weißt das?“
„Er ist wirklich tot?“
„Ja. Tot. Er vollkommen tot. Richtig tot. Ganz“
„Alles klar! Verstanden. Und du bist sein Sohn? Der Erbe?“
„Du fragst immer gleich. Was bedeuten?“

Am Ende dieses Gespräches, stand ich alleingelassen mit dem Doranap Karton vor meiner Wohnungstür. Ich hatte noch gewagt, den Sohn zu befragen, ob er denn mit dem geerbten Inventar was anfangen könne. Da hatte er nur gegrinst, gelacht und seltsam sicher entgegnet: >Na und ob. Du wirst schon sehen!< und war davon gehumpelt.

Auch wir zogen kurz danach um. In den nächsten Monaten vergaß ich die ganze Geschichte. Wir bezogen am Rande der Stadt eine Doppelhaushälfte und im nächsten Jahr brachte Anjielika unsere beiden Töchter, Sara im Januar, und Eva im
Dezember, gesund zur Welt.

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