Der kleine Mann

Gedanke zum Thema Alltag

von  Wortsucht

Der kleine, hässliche Mann sagte kein Wort zu mir. Mit eiskaltem Blick starrte er mich an. Durchdringend. Seine Mütze saß schief auf seinem Kopf, aber es schien ihn nicht zu stören. Meine Frage, ob etwas sei, beantwortete er mit einem dämlichen Grinsen, welches nicht mehr aus seinem dummen Gesicht verschwand. Er saß zwischen den Osterglocken, als wäre er dazu eingeladen worden. Naja, es waren nicht meine Blumen, also konnte es mir egal sein, was er machte. Aber die Art, wie er mich anstarrte, irritierte mich. Er lies mich nicht aus den Augen, obwohl er keine Mine verzog, sich kein bisschen bewegte. Ich kam mir vor wie ein Briefträger, welcher den Garten durchquert und vom Hund angestarrt wird. Ohne zu kläffen, ohne Mimik. Einfach anwesend. Nicht wissend, ob er mich demnächst anfällt oder ob es ihm egal ist, dass ich da bin. Ich traute dem kleinen, hässlichen Mann nicht über den Weg. Und der Gartenzaun, der uns trennte, wirkte nicht besonders stabil.

Was, wenn er mich angreifen würde? Durfte ich ihn zurückschlagen? Wie würde ich dann dastehen? Ich sehe schon die Schlagzeilen: “Mann verprügelt Gartenzwerg!” Ich beschloss, den kleinen, hässlichen Mann nicht weiter zu beachten und verließ die Kleingartenanlage wieder auf dem Weg, wie ich sie betreten hatte.

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Kommentare zu diesem Text

Nimbus (35)
(17.05.11)
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 Maya_Gähler (22.05.11)
Es kommen schon seltsame Gefühle hoch, wenn man sich beobachtet fühlt und sei es durch einen Gartenzwerg.
Faszinierend wie die Augen, die ja starr gemalt sind, einen verfolgen können... gibt ja auch solche Bilder, die "einem nachblicken"... grauslig...
Gerne gelesen, da geheimnisvoll angehaucht ;o)
LG

 tueichler (21.06.11)
Offener Brief

Die Vereinigung konservativer Gartenzwerge fühlt sich duch die Darstellung von Herrn J. diskriminiert!

Weder sind seine Schönheitsideale für uns bindend oder gar auschlaggebend für unsere Haltung, noch ist der Gesichtsausdruck oder die Kleidung einiger unserer Vereinsmitglieder in irgendeiner Form als beleidigend oder Gefährdung vermittelnd anzusehen.

Im Gegenteil, unsere Gleichmut und unser duldsames Wesen qualifizieren uns als Streitschlichter in der Kleingärtnerischen Gemeinschaft.

Aus diesem Grunde verurteilen wir die Haltung von Herrn J. als schwerwiegenden Eingriff in unsere Persönlichkeitsrechte, die wir aber auf Grund unserer stationären Bindung nur schwer wahrnehmen können.

Um so schwerer wiegt die Meinungsäußerung von Herrn J., da er sich in unverschämt überheblicher Weise unsere mobilen Defizite sowie unsere Gleichmut aussucht, um sie zum Gespött zu machen.

Wir sind enttäuscht und fordern mehr soziale Kompetenz im Kleingärtnerischen Umfeld im Umgang mit Minderbemitteltheiten, zumal solcherlei Äußerungen sich häufen.

Hochachtungsvoll,

Kurz
1. Vorsitzender
(Kommentar korrigiert am 21.06.2011)
Graeculus (69)
(19.01.17)
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