Ich rannte die Strecke wie immer.Gleichmäßig, konzentriert auf den eigenen Atem. Doch der Wald schien heute anders zu sein. Das Laub stob unter meinen Füssen weg, gelbe Blätter, rote Blätter. Irgend etwas war nicht wie sonst. Ich sah keine Menschen entgegenkommen.
Der Bach gurgelte verspielt dem Tal entgegen, die bunten Herbstblätter tanzen von den Bäumen herunter.
Ich hielt inne. Es war nichts zu hören, außer den Geräuschen, welche die Natur von sich gab. Die Burgruine auf dem Hügel zu meiner Linken konnte ich nicht sehen, ich wusste aber, dass sie da war. Wie bereits die letzten 1000 Jahre. Mehrheitlich unter einer Schicht aus Erde und Waldboden verborgen. Erst im letzten Jahrhundert wiederentdeckt und freigelegt. Zumindest teilweise.
Wie war es wohl den Menschen vor 500 Jahren ergangen, als sie hier entlang marschierten? Hatten die eine Ahnung, dass sie vor Jahren an einer Burg vorbei gegangen wären?
In Gedanken versunken, verstehen wollen, was Jahre zuvor geschehen war, vernahm ich das Geräusch von Hufen. Ich sah mich um, konnte aber nichts erkennen. Die Geräusche bewegten sich in meine Richtung. Ich hörte, wie sich der Galopp verlangsamte, hörte die Hufe auf den Steinen, das aufspritzende Wasser. Warum hatte das Pferd nicht die Brücke passiert?
Das Geräusch näherte sich wieder schneller. Nun hörte ich ein metallenes klappern, ähnlich der alten Pfanne auf dem Leiterwagen, die wir als Kinder benutzten, wenn wir im Wald kochen wollten.
Und plötzlich, ich wusste nicht, woher es kam, galoppierte ein Pferd an mir vorbei. Auf seinem Rücken ein Ritter in Rüstung, den Schild am Arm.
Und wie er auftauchte, so verschwand er wieder. Die Geräusche wiederhallten an der Felswand, den Berg hoch ritt er. Der Ruine entgegen.
Ich versuchte, klare Gedanken zu fassen. Auf dem Weg vor mir waren keine Hufabdrücke zu sehen!
Jetzt bloß nicht durchdrehen! Meine Fantasie war mit mir durchgegangen. Ganz einfach. Ich beschloss, mein Training zu Ende zu rennen – und mir künftig die Geschichten, welche ich euch erzählen will, am Schreibtisch auszudenken!
Das Jogging an jener Burgruine entlang, wird wohl nie mehr das gleiche sein …
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