Da war es Morgen.
Ohne dass sie es bemerkte, polterte er herein. Schlug die riesigen Knie übereinander und lachte dicke Wellen in den weichenden Boden.
Alles hatte sie erwartet. Purpurnes Polarlicht, vielleicht. Jenes, das sich weich in die Augen legt. Stattdessen blies das grelle Tageslicht ihr ein rotmundiges Grienen unter die Lider.
Die Nacht hatte sich das Zwielicht gerafft und war mit ihm durchgebrannt. Ein feiger Rückzug. Längst bevor sie die Möglichkeit hatte, sich ihrer Nacktheit bewußt zu werden.
Oh, wie haßte sie diese Morgen!
Jeder von ihnen gebar doch ein neues Gestern. Und jedes weitere Gestern wusch mehr Farbe aus ihren Erinnerungen.
Geflissentlich las sie Bilder auf. Wiegte sie sacht. Hielt sie geborgen an ihr Herz, im stummen Trotz und doch spürte sie sie bereits zerfallen.
Sie versuchte sich an einem Gebet. An einem klammernden Griff. An etwas, woran sie sich festhalten konnte. Worte, Gedanken, ein Stück Boden, doch alles wich, wich dem dröhnenden Licht des wachsenden Tages. Denk, denk an sein Gesicht, sein Gesicht...
Den Blick niederkämpfend sah sie gerade noch seine Konturen zerfließen. Ein letzter Schatten und sie stand allein, war allein.
*
Da stieg sie hinauf. Jeder Schritt eine neue stärkende Hand im Rücken. Der Wind flüsterte ihr von Mut von schützenden Augen fern des Lichtes und riß ihr mit entschlossenem Griff das Nachthemd vom Körper. Auf dem First angekommen war längst keine Angst mehr in ihrem Zittern und die Zungen des Tages halfen, ihr erstes Lächeln zu tragen.
Nie war sie schöner als in diesem Moment und ihr Haar wehte stolz um ihre Schultern. Sie atmete tief, hob den Blick und warf ihre Nacktheit ins Licht, sprang in gleißende Arme, seine Züge, das Lächeln dieses zuversichtlichen Morgens, in den großen Schlund der Gegenwart.