Schönheitspreis für Seneca

Glosse zum Thema Achtung/Missachtung

von  loslosch

Magnus ille est, qui fictilibus sic utitur quemadmodum argento, nec ille minor est, qui sic argento utitur quemadmodum fictilibus (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Groß ist jener, der Töpferware so benutzt, als wäre sie aus Silber; nicht geringer aber (auch) der, welcher Silber so benutzt, als wäre es Tonware.

Wer mit geringwertigen Gegenständen ebenso umgeht wie mit wertvollen, der könnte genauso gut ein Geizkragen sein. Mit diesem einfachen Text wird indessen eine Stimmung hervorgezaubert, die wegführt von den Gegenständen zu den Menschen, mit dem metaphorischen Anruf und Aufruf zu Gleichbehandlung und Fairness ("nicht geringer aber der" deutet dies an). Seneca, eher bekannt geworden als Moralphilosoph (zumeist leider auch in die Rolle des Moralapostels schlüpfend), ist mehr noch ein Sprachästhet. Eine Folge der pädagogischen Bemühungen seines Vaters, bekannt unter dem Namen Seneca der Ältere, Betreiber einer Rhetorikschule im römisch besetzten Hispania (Spanien).

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Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (02.06.12)
In der Tat - rhetorisch toll! Dieser Chiasmus spiegelt wie selten ein Aphorismus Hegelsche Dialektik schon in der Antike: Das Umschlagen von Form in Inhalt (Wissenschaft der Logik).
Aber den allzu oft wiederholten Hinweis, dass Seneca immer wieder ins Moralisieren abdriftete, würde ich streichen; deine Leser kennen sich nun längst gut aus.
ttU

 loslosch meinte dazu am 02.06.12:
ich könnte die klammer (zumeist leider...) in die anmerkung setzen, uli.

mir ist nicht bekannt, ob diese kurze passage in fachkreisen hervorgehoben wird. ich wollte das mal als laie nachholen. lo

 Bergmann antwortete darauf am 02.06.12:
Well. Du müsstest nur bei einer weiteren Buchveröffentlichung Wiederholungen vermeiden. - Ceterum censeo, longitudinem tui commentarii esse aestimandam.
ttU

 loslosch schrieb daraufhin am 02.06.12:
noch besser ... tuorum commentariorum ...

in some cases: brevissime; nullus commentarius, uli
LudwigJanssen (54)
(02.06.12)
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 tigujo äußerte darauf am 06.06.12:
@ Luja: Wieder einmal recht pfiffig geplant gewesen, dein Kommi-Auftritt, doch recht dünnpfiffig geworden, so rein von dem, was hinten - leider nicht nur rausschaut, sondern gar rauskommt

Lieben Gruß, dicken Schmatz, tigujo
LudwigJanssen (54) ergänzte dazu am 06.06.12:
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 EkkehartMittelberg (02.06.12)
Der Text lässt zwei unterschiedliche Deutungen zu: Die eine bleibt dicht am Wort; sie nimmt Ton und Silber als Materie. Bei dem in Metaphern denkenden Seneca darf man aber auch unterstellen, dass er mit Ton und Sillber auf unterschiedliche Menschen abzielt. Dann liegt der Gedanke an Gleichbehandlung und Fairness nahe.
supernova (51) meinte dazu am 02.06.12:
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 loslosch meinte dazu am 02.06.12:
@bea: eines apho´s würdig. @all: wir wissen doch, dass seneca auch tage (allzu viele) schwacher form hatte. das von mir herausgepickte zitat ragt insular heraus aus dem brief.

lo mit dank an euch beide
AronManfeld (43)
(02.06.12)
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 loslosch meinte dazu am 02.06.12:
mein erster gedanke: spruch aus dem netz. (nichts gefunden!)

zweiter gedanke: hätte von buddha sein können ... lo

 TrekanBelluvitsh (02.11.13)
Ich denke, dass wir hier die Gegenstände (auch) als Metaphern für Menschen sehen können. Der kluge Denker wählt diesen Umweg, denn (bisher) fallen Gegenstände ja nicht in Kategorien der Voreingenommenen und Rassisten. Außerdem fängt man bei allem Lernen ja besser klein an.

 loslosch meinte dazu am 02.11.13:
;-)
Graeculus (69)
(13.03.15)
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 loslosch meinte dazu am 13.03.15:
seneca hat eine bemerkenswerte ähnlichkeit mit nietzsche: beide werden als philosophen gehandelt, sind aber "imho" zuerst wortgewaltige sprachästheten.
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