Der Discomörder - Teil 1

Roman zum Thema Mord/Mörder

von  NormanM.

Genervt legte Jens die Unterlagen des Bewerbers auf den Absagestapel.
„Was für ein Spinner“, sprach er laut vor sich her. Am liebsten hätte er die Unterlagen direkt aus dem Fenster geschmissen. Und auch die ganzen anderen sinnlosen Bewerbungen auf diesem Stapel.
Jens Heinemann war nun seit zwei Jahren Personalleiter des mittelständigen Unternehmens, in dem er seit sieben Jahren arbeitete. Und ihn nervten diese Bewerber, die einfach nicht begriffen, dass sie mit ihren Qualifikationen einfach keine Chance hatten.
Gott sei Dank ist heute Freitag, dachte er sich. Große Lust hatte er heute nicht mehr, er beschloss, sich die wenigen auf den ersten Blick interessanten Bewerbungen am Montag noch einmal genauer anzusehen und sich langsam ins Wochenende zu verabschieden. Freitags ging er meist spätestens um 15 Uhr, es war nun kurz nach halb zwei, für heute reichte es ihm. Heute Abend wollte er auf eine 90er Party, und je eher er Feierabend machte, umso mehr konnte er sich vorher noch ausruhen.
In dem Moment klingelte das Telefon. Seine Sekretärin.
„Hier ist ein Herr Fassmann, er hat von uns auf seine Bewerbung eine Absage bekommen und hat dazu eine Frage“, erklärte sie.
„Sagen Sie ihm, ich bin nicht mehr da. Bin ich auch gleich sowieso nicht mehr, ich mache jetzt Feierabend“, gab er zurück. Er hatte keine Lust mehr, heute noch mit irgendeinem Bewerber herum zu diskutieren.
„Ja gut, sag ich ihm.“
Das Schreiben der Absagen übernahm zwar nicht er selbst, sondern seine Sekretärin, allerdings kannte sie nie die Gründe dafür, da er ihr immer nur den Stapel mit den abzulehnenden Bewerbungen gab. Darauf schickte sie den Bewerbern immer ein vorgefertigtes Schreiben.
Während er seinen Schreibtisch aufräumte und die Büroschränke abschloss, fuhr er seinen PC herunter. Danach nahm er den Absagestapel und verließ sein Büro, das er ebenfalls abschloss. Alle Mitarbeiter der Personalabteilung waren verpflichtet, ihre Büros beim Verlassen abzuschließen, da alle dort sich befindenden Daten unzugänglich für Dritte waren.
„Hier, das Übliche“, sprach er zu seiner Sekretärin, die im Büro nebenan saß und reichte ihr den Stapel. „Kümmern Sie sich bei Gelegenheit einfach drum, sind ja nur Absagen und eilt nicht so. Schönes Wochenende.“

Während er zum Parkplatz ging, holte er sein Handy heraus, um seine Frau anzurufen. Während die Nummer wählte und für den Moment nicht aufpasst, wo er lang ging, stieß er mit einem anderen Mann zusammen.
„Passen Sie doch auf, wo Sie lang gehen“, fuhr er den Mann an, obwohl er selbst nicht aufgepasst hatte.
„Entschuldigung“, gab der Mann zurück.
Jens konnte den Tonfall des Mannes nicht deuten und konnte nicht erkennen, ob die Entschuldigung ernsthaft oder eher trotzig war. Aber eigentlich war es ihm auch egal. Irgendwie kam ihn dieser Mann allerdings bekannt vor, so als hätte er ihn schon einmal gesehen. Da er sich aber nicht erinnern konnte, schob er den Gedanken auch schon wieder beiseite und rief seine Frau an.
„Hi, ich bin es, ich mache jetzt Feierabend. Ich komme jetzt nach Hause. Bist du schon da?“
„Ich bin noch im Büro. Aber auch nur noch eine Stunde.“
„Sag mal, du gehst ja heute mit Katie ins Kino. Hast du was dagegen, wenn ich mit Hendrik heute Abend ins Zakk gehe? Dort ist eine 90er Party.“
„Nein, nein. Geht nur. Ich gehe nach dem Kino sowieso noch was mit Katie trinken und bin dann auch heute Nacht vor zwölf nicht zu Hause.“
Sie verabschiedeten sich. Er freute sich richtig auf die Party am Abend. Hendrik, sein bester Freund, der auch in der Firma als Einkäufer arbeitete, hatte ihm heute Morgen den Vorschlag gemacht. Obwohl Hendrik und er schon Mitte 30 waren, gingen beide noch gern in die Disco, auch wenn das Durchschnittsalter dort meist Anfang 20 war.
Er erreichte sein Auto. Als er gerade einstieg, ging der Mann an ihm vorbei.
„Der Idiot schon wieder“, dachte er. Er startete seinen Wagen und fuhr los.


*

„Ach, komm doch mit“, versuchte Daniela Jan zu überreden. „Du kannst doch nicht immer nur alleine zu Hause rumhängen.“
„Was soll ich denn da? Du lernst dort wieder irgendeinen Typen kennen, knutschst dann mit ihm den ganzen Abend und ich steh wieder nur blöd rum“, sträubte sich Jan.
„Dann sprech doch auch einfach mal eine an. Du versuchst es ja nie.“
„Du weißt doch, dass ich Probleme habe, auf Menschen zuzugehen. Ich mache mich doch eh nur lächerlich.“
„Dann tanz einfach und genieße die Musik. Du magst doch die 90er, da läuft dann „Mr. Vain“, „What is love?“, Dr. Alban, 2 Unlimited… Alles, was damals lief. Ist doch geil, oder?“
„Ja, schon…“
„Na also. Dann komm mit. Erst redest du immer davon, dass du mal auf  `ne 90er Party willst und jetzt willst du wieder nicht mit. Du musst öfter raus gehen.“
„Na gut“, gab er schließlich nach.
„Na also. So gefällst du mir schon besser.“

Jan war ihr bester Freund. Sie lernten sich vor einigen Jahren in einem Spanischkurs an der Volkshochschule kennen, entdeckten dabei, dass sie viele Gemeinsamkeiten hatten und begannen auch privat, öfter etwas miteinander zu unternehmen. Inzwischen trafen sie sich fast täglich. Aber leider war er ein extremer Einzelgänger und ging nicht so gern unter die Leute, was sie sehr schade fand. Sie musste ihn häufig überreden, wenn irgendwo eine Party war, damit er mitkam. Sie war genau das Gegenteil. Zwar war sie auch schon etwas ruhiger geworden, aber ging trotzdem noch oft auf Partys und lernte ständig neue Leute kennen. Sie hatte noch nie ein Problem damit, auf Menschen zuzugehen.

Ursprünglich kam sie aus Ostfriesland und zog wegen ihres Studiums nach Düsseldorf, wo es ihr von Anfang an sehr gut gefiel. Nach etwa einem Monat hatte sie schon ihre ersten Kontakte und nach Abschluss des ersten Semesters einen riesigen Bekanntenkreis aufgebaut. Egal, wo sie hinkam, die Menschen mochten sie. Aber so viele gemeinsame Interessen wie mit Jan, teilte sie mit niemand. Beide interessierten sich für Fremdsprachen, für Kultur, Essen, Reisen und Literatur. Mehr als eine Freundschaft hatte sich aber nie zwischen den beiden entwickelt, zumindest von ihrer Seite aus, würde es auch niemals dazu kommen. Ob er zuvor schon mal mehr wollte, wusste sie nicht. Zumindest dachte ein Großteil ihrer Freunde und Bekanten, dass er wahrscheinlich heimlich in sie verliebt war, aber was andere annahmen, interessierte sie nicht.

„Dann treffen wir uns am besten in der Bahn. Ich würde die Bahn um 22:00 Uhr nehmen, steigst du dann zu?“, schlug sie vor. Jan war einverstanden.
Nach dieser Woche war sie richtig in Partystimmung, um abzuschalten. Auf der Arbeit hatte sie in den vergangenen Tagen so viel zu tun gehabt, dass sie abends nicht vor 19 Uhr aus dem Büro kam. Glücklicherweise hatte sie es aber geschafft, alles abzuarbeiten, so dass sie heute pünktlich ins Wochenende gehen konnte. Dafür wollte sie sich heute Abend belohnen und es sich gut gehen lassen.

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Kommentare zu diesem Text


 Omnahmashivaya (10.08.13)
Bin gespannt, wie es weitergeht. Interessanter Titel auf jeden Fall.
Sardinenfischer (48)
(11.08.13)
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Teichhüpfer (56)
(11.12.16)
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Teichhüpfer (56) meinte dazu am 12.12.16:
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