Der heilige Schlaf

Verserzählung zum Thema Kultur

von  niemand

Mühsam schuf Eusebius Klüste
seine Oper "Heilger Schlaf".
Diese gibt man in der Knüste -
Abonnenten kommen brav.
Schicke Roben, teure Sohlen,
niemand spart beim Kleiderkauf.
Nicht nur in den Metropolen
putzt der Mensch sich hierfür auf.

Overtüre überstanden -
alle harren auf ein Mehr.
Anfangs ist Elan vorhanden,
jedoch bald fällt Wachsein schwer.
Die Musik ist eine zähe,
Krause fragt noch nach dem Sinn,
doch Herrn Knust, in nächster Nähe,
rafft der heilge Schlaf schon hin.

Herr Geheimrat Wilhelm Kesser
wagt sich weit gedanklich vor:
"Welches stumpfe Künstlermesser
bohrt sich in mein Kenner-Ohr?"
Ach, am liebsten würd er zanken,
denn er liebt nur Mozart, Bach,
doch dann wird bei dem Gedanken
er in Morpheus Armen schwach,
sinkt in Richtung Fräulein Buse,
fällt in ihren Ausschnitt, tief.
Seelig schnarcht er in der Bluse -
schlimm, wenn sie nicht auch schon schlief,


doch die pfeift durch die Polypen,
was das Flötenspiel ergänzt.
Auch den Müller hört man fiepen,
weil er längst schon geistig schwänzt.
Dieser rutscht, in Raumes Hitze,
schlafestrunken, wie ein Blitz
und pennt heiter, unterm Sitze,
sich verkrallend in den Schlitz
an dem Rock von Lise Kimpern,
die solch Tat nur nicht verdross,
weil ihr Morpheus ihre Wimpern
schon vor einer Stunde schloß.

Müllers Ehgespons, Mathilde,
schaut dem "Heilgen Schlaf" noch zu,
sieht den Gatten, ist im Bilde,
denkt : "Na, warte, Lüstling, du!
An solch jungen Weiberbeinen
deine greise Herrenhand -
das gibt Ärger, will ich meinen!"
doch schon wird sie übermannt
von dem Blei in ihren Lidern,
diesem heilgen Schlaf, der groß
und fällt ungeniert dem biedern
Herrn Polonius in den Schoß

und auch jener weilt schon lange
nicht in der realen Welt -
ihm ward klar, beim ersten Klange,
dass dem Schlummer er verfällt.

Auf der Bühne das Finale:
Riesentrommelwirbel schlägt
gen die müden Köpfe, alle -
Huch! nun hat sichs ausgesägt!
Jäckchen zupfen, Röckchen glätten,
bei dem Vorhang, der jetzt fiel,
"Bravo!!!!" rufen, tun als hätten
alle Spaß am Bühnenspiel.

Und dann ab zur nächsten Schänke,
seinen Mund ins Pils getunkt
und palavern - man bedenke:
"Kultureller Höhepunkt!"




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Kommentare zu diesem Text

KoKa (45)
(29.08.13)
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 niemand meinte dazu am 31.08.13:
Das ist keine Anspielung auf "die Dinge hier", sondern
eine überspitzte, satirische Verdichtung über Theater-Abonnenten und ihre scheinbare
Vorliebe für kulturelle Höhepunkte des Musiktheaters.
Das Gedicht basiert auf Erlebnissen (natürlich, wie immer bei mir, völlig überspitzt) LG niemand
LancealostDream (49)
(29.08.13)
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 niemand antwortete darauf am 31.08.13:
Dankeschön )))) mit herzlichen Grüßen, Irene

 Peer (30.08.13)
Ich sehe es als gelungene Gegenüberstellung zwischen Anspruch und Wirklichkeit oder Standeszwängen und niederen Bedürfnissen u.s.w. und habe es überaus amüsiert gelesen, eben weil es auch in der unnachahmlichen "klopfstock'schen" und damit den Nerv der Sache treffenden Art getextet ist.;-)))
LG Peer

 niemand schrieb daraufhin am 31.08.13:
Danke! fürs" Klopfstocksche" )))) lieber Peer.
Mit erfreuten Grüßen, Irene

 tulpenrot (30.08.13)
Ich musste mal wieder was Herzerfrischendes lesen - und bei dir ist man da immer gut aufgehoben! Du warst gerade online - und so kam's.
Was dir zu diesem Thema alles so ein- und aufgefallen ist - grandios. Jetzt geh ich in den Keller - aber nicht zum Lachen, sondern um beschwingt dort aufzuräumen!!
*mit dem Besen winke*
Angelika

 niemand äußerte darauf am 31.08.13:
Ich freue mich, liebe Angelika, dass Du nicht in den Keller gehst um zu Lachen, sondern einfach loslachst )))))
mit herzlichen Grüßen, Irene

 loslosch (31.08.13)
darf ich einen vers herauspicken?

"niemand spart beim Kleiderkauf."

schlimm, schlimm.

 niemand ergänzte dazu am 02.09.13:
Niemand spart wirklich beim Kleiderkauf - niemand
trägt nämlich gerne Hosen ))))
LG Irene
Marjanna (68) meinte dazu am 04.09.18:
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 niemand meinte dazu am 04.09.18:
@ Janna
ich finde Kleider zwar schön, doch sehe selber darin
ziemlich verkleidet aus sie passen irgendwie nicht zu mir.

 plotzn (02.09.13)
War wohl eine Somnate, liebe Irene
Das Werk sollte sich Eusebius Klüste patentieren lassen (am besten ohne das Finale). Was das an Pillen und Schlafpülverchen sparen würde ...

Liebe Grüße, Stefan

 niemand meinte dazu am 02.09.13:
Eine "Somnate" ))))))) ist echt gut! lieber Stefan.
Ich muss aber auch zugeben, dass ich auch schon
bei einigen Kulturereignissen (fast) eingeschlafen bin.
Mit Herzlichen zurück, Irene
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