Bahnsteig des Leids

Gedankengedicht zum Thema Holocaust

von  FloravonBistram

Eine kleine Puppe
verschmutzt und zerfetzt
am Bahnsteig der Züge des Leids

Ein brauner Koffer
mit Namensschild dran
am Bahnsteig der Züge des Leids

Ein grauer Hut
zertreten, verdreckt
am Bahnsteig der Züge des Leids

Ein ängstlicher Mensch
gestoßen, geschlagen
am Bahnsteig der Züge des Leids

Die Schornsteine grau
sind Wegweiser hier
am Bahnsteig der Züge des Leids

Die Puppe
der Koffer
der Hut
und der Mensch
verwehten im Winde der Zeit

Doch die Schornsteine bleiben
in Erinnerung mir
auch der Bahnsteig der Züge des Leids



floravonbistram 1998

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Kommentare zu diesem Text


 susidie (07.02.14)
Ein grausames Bild tut sich hier in mir auf. Züge voll mit Menschen, wie Viehtransporter. Bahnsteige, auf denen die Verzweiflung stumm vor sich hinschreit. Die Unfassbarkeit des Geschehens. In stille Worte gepackt. Die nicht verwehen. Die Puppe, der Koffer, der Hut, der Mensch..
Liebe Grüße von Su :)

 niemand meinte dazu am 07.02.14:
Züge voll mit Menschen, wie Viehtransporter.

Ich werfe zum Obigen mal etwas ein, weil mir aufgefallen ist (allgemein), wie wir schon mit Sprache eine erste
Stufe für Gewalt setzen, ohne dass es manche so meinen, aber es ist halt so üblich. Wiso dürfen wir (moralisch betrachet, hier sprachlich verdeutlicht) mit Tieren,
sprich anderen Lebewesen, so umgehen=zusammenpferchen und leiden lassen?
Wenn eine solche Stufe schon als harmlos angesehen wird, man sagt ja auch: Der soll leiden wie ein Hund etc.
Wenn wir das als harmlos ansehen, wie schnell gehen wir dann auf die zweite Stufe und verfahren auch mit Menschen so. Die Verrohung beginnt immer auf einer ersten Stufe und geht dann fix weiter. Leider geht man mit Sprache oft gedankenlos um. Ein sensibler Mensch,
einer welcher auch die erste Stufe empfinden kann,
kommt nicht auf die Idee in der Grausamkeit weiter zu gehen. Ich sage das hier, weil in der Heutzeit Grausamkeiten nicht weniger werden, sondern wieder anfangen anzuwachsen. Man sollte also schon in der Sprache einiges bedenken. LG Irene

 susidie antwortete darauf am 07.02.14:
Mit deinem Einwand bezüglich der Sprache, gebe ich dir völlig recht. Was allerdings nicht bedeutet, dass das Wort "Viehtransporter" zu benutzen, als harmlose Stufe angesehen wird und erst dann schlimm wird, wenn man anstelle von "Vieh", "Mensch" setzt. Im Allgemeinen geht es um den Umgang mit "Lebewesen". Deine Einschätzung, von der ersten zur zweiten Stufe teile ich bedingt. Wer eine Mücke erschlägt, ist aber trotzdem weit davon entfernt einen Menschen umzubringen, um es mal überspitzt auszudrücken. Hier geht es aber eher um die Art und Weise der Massenhaltung. In diesem Gedicht herausgearbeitet, als Mensch, der zur Masse wurde und keinerlei Individualität mehr besaß. So, wie ich es las.
Die Grausamkeiten wachsen wieder? Waren sie je weniger? In vielen Erdteilen sicherlich nicht. Da WAR und IST Sensibilität dem Lebendigen gegenüber ein Fremdwort. Besonders, wenn es um die pure Existenz des eigenen Überlebens geht.

 niemand schrieb daraufhin am 07.02.14:
Doch, die Gesellschaft sieht/benutzt den Begriff "Viehtransporter" als harmlos - schon alleine
der Begriff "Vieh" löst bei mir einen Widerwillen aus, weil es Lebewesen abwertet.

 niemand äußerte darauf am 07.02.14:
P.S. apropos die Stelle mit der "Mücke"... irgendwie klingt sie nicht richtig. Mücken werden ja kaum in Waggons transportiert, in Massen.

 susidie ergänzte dazu am 07.02.14:
Deine Abneigung gegen den Begriff "Vieh" ist eine sehr persönliche, was ja auch o.k. ist. Das Wort als solches ist im Normalfall nicht negativ besetzt. In der Landwirtschaft völlig gebräuchlich, das Nutztier. Aber ich denke, wir verzetteln uns hier in etwas, was mit diesem Text nichts mehr zu tun hat.
Mücke, ich sagte ja, überspitzt, zum Thema "Lebewesen".
Pocahontas (54)
(08.02.14)
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 FloravonBistram meinte dazu am 22.02.14:
Danke Sigi, packt es uns nicht immer wieder, das Unrecht, dass den Menschen, insbesondere den Kindern zugefügt wird?
LG Flo
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