Entschuldigung!

Erörterung zum Thema Leid

von  loslosch

Factum est illud; fieri infectum non potest (Plautus, ~234 v. Chr. bis ~154 v. Chr.; Aulularia - Topfkomödie; nach Theognis von Megara, 6. Jh. v. Chr.). Es ist geschehen und nicht mehr ungeschehen zu machen.

Ein prima vista banaler Spruch. Dennoch ein großes Wort! So lässt sich z. B. keine Beleidigung durch eine Entschuldigung ungeschehen machen, entflohene Worte finden nicht in den Mund zurück. Tiefes Bedauern vermag indessen seelische Verletzungen zu heilen. Ein zerbrochener Krug kann leicht durch einen gleichwertigen ersetzt werden. Ein zerstörtes antikes museales Glasgemälde aus alter Künstlerhand dagegen ist nicht ersetzbar, nur sein geschätzter Vermögenswert, so es versichert war. Dies kann aber niemals eine emotionale Kompensation sein. Eine erlittene Wunde verheilt mit der Zeit, doch die Erinnerung blickt stumm aus der Narbe. Eine schwere körperliche Verletzung oder gar Verstümmelung wirkt dauerhaft und sichtbar nach. Hier hilft keine Entschuldigung, doch kann sie das Opfer unter Umständen ein wenig trösten angesichts der emotional belastenderen Alternative, dass sie nicht ausgesprochen worden wäre. Nach einem Mord oder einer schweren Straftat mit Todesfolge aber gilt: Hier tröstet letztlich keine noch so girlandenreiche Entschuldigung des Täters die Hinterbliebenen. Schlichte Naturen vermag sie gleichwohl zu beeindrucken.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(27.04.15)
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 loslosch meinte dazu am 27.04.15:
ich schrieb den text wohl unter dem eindruck der pressekonferenz von margot käßmann damals, als sie clever formulierte, sie habe sich "nicht wiedererkannt". die veröffentlichte meinung nahm keinen anstoß!

 TrekanBelluvitsh (27.04.15)
Genau betrachtet soll die Entschuldigung nichts ungeschehen machen. Aus psychologischer Sicht soll sie dem anderen nur erleichtern, die Situation zu akzeptieren. Alles andere wäre wohl auch zu viel erwartet.

 loslosch antwortete darauf am 27.04.15:
du hast natürlich bei korrekter verwendung des bedauernden wortes recht. heute wird damit allerorten viel schindluder getrieben.
JamesBlond (63)
(27.04.15)
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 loslosch schrieb daraufhin am 27.04.15:
die irreversibilität wird schon am zerbrochenen krug deutlich. mit "entschuldigung" u. ä. wird heute inflationär umgegangen. ist dir das schon aufgefallen? sonst frag mal strafrichter und ehrliche strafverteidiger. im text verwende ich gezielt das wort "girlandenreich".

 EkkehartMittelberg (27.04.15)
In den antiken Tragödien wurde wenig entschuldigt. Dadurch konnte sich die totale Tragik entwickeln.
Heute scheinen wir eher in einer permissiven Gesellschaft zu leben.

 loslosch äußerte darauf am 27.04.15:
man soll klaglos hinnehmen. oder: wer sich gestört fühlt, ist gestört. eine dahingebrabbelte entschuldigung ist da schon viel!
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