Göttliche versus menschliche Bezugsebenen

Erörterung zum Thema Diesseits/ Jenseits

von  loslosch

Iustitia erga deos religio dicitur (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; Partitiones oratoriae). Gerechtigkeitssinn gegenüber den Göttern wird Religiosität (Frömmigkeit) genannt.

Bedenkt man, dass das wortarme Latein für manches Wort kontextabhängig exorbitant viele Bedeutungen bereithält (religio z. B. 13), sind fehlgehende Übersetzungen keine Seltenheit. Hier haben sich die Experten für "Religiosität" entschieden. Dies vorausgeschickt, wird wieder deutlich, wie stark der Glaube an überirdische Wesen eine menschliche Projektion ist. Der früheste Philosoph, der sich mit dem Anthropomorphismus beschäftigt hat, war Xenophanes (5./6. Jh. v. Chr.).

Im Polytheismus der Antike entdeckte man schnell das Problem, bei Anrufungen von und Gebeten zu einzelnen Gottheiten die übrigen gegen sich aufzubringen. Der später aufkommende Monotheismus bedeutet indes nur einen sehr begrenzten intellektuellen Fortschritt. Zwar konnte man es sich bloß mit einem, dem allmächtigen Gott, durch Abstinenz verderben, das Christentum, in Sonderheit der katholische Glaube, mochte aber nicht völlig auf den Götterhimmel verzichten und begründete die Heiligenverehrung (mit der Vorrangstellung der Gottesmutter und der Marienverehrung). Der Betende fand nun wieder mehrere Ansprechpartner, und dies ohne empörte Heilige.

Für die lieben kleinen Römer hatten nach antikem Verständnis die Eltern eine Art Ersatzgötter zu sein: Iustitia erga parentes pietas dicitur (Cicero, ebenda). Gerechtigkeitssinn gegenüber den Eltern heißt Ehrfurcht. Diese Haltung trifft in der Moderne auf Unverständnis. Vielmehr sollte gelten: Die Eltern üben Gerechtigkeitssinn gegenüber den Kindern. So wären dann auch die Eltern entgöttlicht.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(24.12.15)
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 loslosch meinte dazu am 24.12.15:
ja, schreib was über die pietas im mittelalter.

jacques chirac siezt seine madame. je voudrais bien Vous visiter dans Votre chambre, sie Vous permettez ...

heute sagt er nur noch: je suis fatigué.

 niemand antwortete darauf am 24.12.15:
Die Eltern üben Gerechtigkeitssinn gegenüber den Kindern. So wären dann auch die Eltern entgöttlicht.

Upps ... die Eltern und nicht zuwenige kriechen dem Nachwuchs in den Allerwertesten und nennen das Liebe. Natürlich, so man so "liebt", dann doch nur die eigene Brut, alle anderen können in Armut/Elend dahinscheiden. "Ach, die lieben Kleinen"=Hauptsache
die meinen ... Ungesund war es früher [umgekehrt] ungesund ist es heute. LG Irene

 loslosch schrieb daraufhin am 24.12.15:
nachtrag: fatigué heißt auf deutsch: mutti, geh!
(Antwort korrigiert am 24.12.2015)

 TrekanBelluvitsh (24.12.15)
Da bin ich so gar nicht auf Kichrerbses Seite.
"Gerechtigkeitssinn gegenüber den Göttern wird Gottlosigkeit genannt."
Zumindest kommt das dabei heraus, wenn man die Götter ernst nimmt.

 loslosch äußerte darauf am 24.12.15:
das verhüten die götter. (sie lassen aber alles mit sich machen.)

 TrekanBelluvitsh ergänzte dazu am 24.12.15:
So so, die Götter verhüten... aber nicht der einzig Wahre...
:D
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