Erdbeeren und Schinkenwurst.

Erzählung zum Thema Ausweglosigkeit/ Dilemma

von  franky

Frische Erdbeeren und Schinkenwurst haben sich nicht gut im Magen von Baumgartner vertragen.
Die immer freundliche junge Frau brachte ihrem Mann diese Annehmlichkeiten, die nicht alltäglich waren, und die es nicht immer im Laden zu kaufen gab. Herr Baumgartner lobte nach dem Verzehr der Köstlichkeiten, wie gut alles geschmeckt habe.
So weit, so gut. Bis zum Abend hin lief alles in normalen Bahnen.
Für uns Übrigen gab es Ersatzkaffee und ein Stück trockenes Brot.
Baumgartner schenkte seine Ration Herrn Brunschko im Bett neben dem Eingang. Der beschwerte sich immer noch, dass Prima Zyper keine Rückoperation seines künstlichen Darmausganges vorgenommen hatte. In diesem Spital gab es keine Alternative, man war auf Tod und Verderb dem Prima Zyper ausgeliefert. Ich hatte das große Glück, dass keine weiteren Komplikationen bei mir aufgetreten sind.

Inzwischen ist das Russische Militär bis zu uns nach Bruck vorgestoßen. Uns hat das weiter nicht tangiert, nur unsere Klosterschwestern fürchteten um ihre so wohlbehütete Keuschheit.
Für die Aufrechterhaltung des Spitalbetriebes waren jedoch die Klosterschwestern unverzichtbar.

An diesem Abend, nach dem Wurst- und Erdbeerverzehr von Baumgartner, hörte man nach dem Einschlafritual ein verdächtiges Stöhnen, das sich bald zu einem lauten Jammern auswuchs. Periodisch wiederkehrende Magenkrämpfe ließen Baumgartner nicht zur Ruhe kommen. Auch bei uns Übrigen von Zimmer sieben war an Schlafen nicht zu denken.
Nach Mitternacht, als man alle gängigen Mittel ausgeschöpft hatte und keine Besserung eintrat, rief man ein weiteres Mal nach Prima Zyper. Aus seiner wohlverdienten Nachtruhe geweckt, traf er etwa nach einer gefühlten Stunde im Spital ein. Nach kurzer Visite bei Baumgartner beschloss Zyper, Baumgartner im Operationssaal am Magen zu operieren. Die Besatzung vom Zimmer sieben war sich darin einig:
„Das ist Baumgartners unweigerliches Todesurteil.“
Keiner von uns wusste darüber Bescheid, ob Zyper in irgendeiner Richtung eine Spezialausbildung gemacht hatte. Das war nun auch nicht mehr wichtig.
Wir warteten, ein, zwei, drei Stunden, dann schliefen wir, Einer um den Anderen wieder ein.
Als am Morgen der Platz von Baumgartner immer noch leer war und seine Frau schon für einen Morgenbesuch eingetroffen war, konnten wir ihr nur das erklären, was sich in der vergangenen Nacht abgespielt hatte. Die junge sonst stets gut gelaunte junge Frau stand wie angewurzelt und verzweifelt an dem Platz, wo normal das Bett ihres Gatten stand.
Als dann endlich das Bett von Herrn Baumgartner ins Zimmer geschoben wurde, verstand
seine Frau die Welt nicht mehr: „Gestern noch so fröhlich und soweit gesund, jetzt total erschöpft und obendrauf zum Sterben schlecht.“
Die junge Frau setzte sich vorsichtig auf das Bett ihres Mannes. Der erzählte in leisen, kurzen gestöhnten Sätzen, was in der vergangene Nacht vorgefallen war.
Frau Baumgartner haderte im Innen heftig mit der Tatsache, dass sie ja mit den anscheinend einwandfreien Beeren und der Schinkenwurst diese Misere hervorgerufen hatte. Nun war Geduld angesagt, bis wieder ein merklicher Aufschwung verzeichnet werden konnte.

In der Nähe des Spitals befand sich eine Spiritusfabrik. Als das Russische Militär dort eingedrungen war, dachten sie: „Oh! Das ist bester Wodka.“ Und niemand war da, der sie von diesem verhängnisvollen Irrtum abbringen konnte. Nach Genuss von einigen Gläsern reinem Brennspiritus, bekamen die Männer fürchterliche Bauchschmerzen. Sie mussten regelrecht innerlich verbrennen. Für diesen unvorhergesehenen Ansturm im Spital standen keine Betten, geschweige Zimmer zu Verfügung. Sie lagen auf Behelfspritschen im Spitalsgang. Dagegen gab es kein Mittel, um diesen Vorgang des innerlichen Verbrennens aufhalten zu können.
Hinter vorgehaltener Hand meinten manche: „Kein Schaden, wenn so ein Russenschwein draufgeht.“ Dieser Hass hatte sich in den letzten Wochen aufgestaut, als das Russische Militär blündernt und Frauen und Mädchen vergewaltigend über die Steiermark gezogen waren.
In dieser Hinsicht unterschied sich das Russische Militär auch nicht von anderen Eroberern.
Österreich sollte doch befreit werden, da es in März 38 von Adolf Hitler gewaltsam dem Deutschen Reich einverleibt wurde. Von einer Befreiung war da nichts zu spüren.

Im übernächsten Bett auf der linken Seite von mir lag schon seit Beginn an ein alter Mann. Ganz unspektakulär rauchte er jeden Nachmittag seine stinkende Pfeife. Ich hielt mir schon die Nase zu und schlüpfte unter die Decke. Wenn er am Ende die heiße Pfeife an seinem Spucknapf von der Asche ausklopfte, war Zeit, wieder unter meiner Decke hervor zu kommen.
An einem Morgen wurde auch dieser Mann tot im Bett aufgefunden. Von seinem Sterben habe ich nichts, aber gar nichts mitbekommen.

Dagegen hörte man aus dem Spitalgang vor unserer Türe die Schmerzensschreie von den mit Industriespiritus verseuchten Russischen Soldaten. Diesen Menschen konnte man nicht helfen, die mussten wortwörtlich ihre Seele aus dem Leib schreien. Diese Herzen der jungen russischen Männer waren erstaunlich stark. Es dauerte an die drei Tage, bis sie endlich von ihren Leiden erlöst wurden.

Der achte Mai brachte uns dann den so heiß ersehnten Frieden.
Fanatische Einzelkämpfer, die dem Frieden nicht recht trauten, leisteten erbitterten Widerstand. Sie hatten nicht die geringste Chance, die wurden gnadenlos vom Russischen Militär liquidiert.

Meine Mutter und Schwester Franziska überbrachten uns stets die neuesten Nachrichten.
Behelfsmäßig wurde der Brucker Bahnhof wieder in Betrieb genommen, sodass wieder Züge von Frohnleiten nach Bruck verkehren konnten. Für das total zerbombte Bahnhofsgebäude wurde eine Holzbaracke aufgerichtet.

© by F. J. Puschnik

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (14.04.17)
Eine geradezu verwegen-hasadeurische Kommasetzung, die das Lesen so unangenehm macht wie das Wandern in explodierenden Minenfeldern.

 unangepasste meinte dazu am 15.04.17:
Ich finde den Kommentar vor allem durch seinen Vergleich in Anbetracht dieser autobiographischen Geschichte ziemlich unangebracht. Ich bin grundsätzlich auch ein Freund der richtigen Zeichensetzung, und ja, normalerweise stört es mich auch, wenn die Kommas nach dem Zufallsprinzip verstreut werden. Nun liest und schreibt aber ein Blinder anders, und ich finde es schwierig, in dem Fall über ein Textstrukturierungszeichen zu urteilen, das der Autor selbst gar nicht sehen kann.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 15.04.17:
Bei mir gibt es keinen "Behindertenbonus", ich behandle alle kV-Schreiber gleich.

 franky schrieb daraufhin am 15.04.17:
Hi Dieter!

Über deinen Kommentar musste ich herzlich lachen.
Der ist total treffend und kommt ohne Umschweife zum Kern der Sache.
Das eine oder andere Komma kann ich schon streichen, damit wird es aber nicht getan sein.
Meine Rechtschreibhilfe ist momentan auf Mittelmeerkreuzfahrt.
Wenn sie nächste Woche wieder greifbar ist, hoffe ich dann auf Besserung;-)

lg Franky
MarieT (58) äußerte darauf am 15.04.17:
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bbx (68) ergänzte dazu am 15.04.17:
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bbx (68) meinte dazu am 15.04.17:
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.04.17:
Ja, beim Kommentieren. Beim eigentlichen Werk (hier: Erdbeeren und Schinkenwurst) darf man strengere Maßstäbe anzusetzen. (Individuelle) "Technik" ist, wenn wir ehrlich sind, nur ein anderes Wort für fehlende Sorgfalt beim Schreiben. Und leider verschwindet auch hier der Inhalt hinter dem Mühsal des Lesens des Textes mit dieser katastrophalen Zeichensetzung. Zeichensetzung ist eine wichtiges Hilfsmittel des Autors, das er nicht gerade nach Lust und Laune einsetzen kann oder nicht.
(Antwort korrigiert am 16.04.2017)
Hilde (62)
(21.04.17)
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