Regenmädchen

Gedicht zum Thema Abschied

von  Isaban

.
.


Regenmädchen, deine Augen
zeigen meerestiefen Grund,
Regenmädchen, deine Lippen
sind zerbissen, rot und wund,

Regenmädchen, deine Hände
sind so vogelklein und schmal,
Regenmädchen, nur dein Köpfchen
scheint verformt und blass und kahl,

Regenmädchen, deine Chemo
wirkt nicht wirklich, wie sie soll;
deine Leukozyten waren
wieder einmal nicht so toll

und du bist unsäglich müde.
Regenmädchen, deine Traufe
ist inzwischen übervoll.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (18.06.17)
Wie traurig. LG

 Isaban meinte dazu am 19.06.17:
Ja.

LG Sabine

 sandfarben (19.06.17)
Ja, traurig - aber ein sehr schöner Titel.
christa

 Isaban antwortete darauf am 19.06.17:
Herzlichen Dank. Ich wollte, dass erst ganz zum Schluss klar wird, dass er sich auf den Übergang (Regen -> Traufe -> meerestiefer (Ab)Grund bezieht.

Liebe Grüße

Sabine
(Antwort korrigiert am 19.06.2017)

 blauefrau (19.06.17)
Ich finde es schwierig, einen Text, der eine derartige Problematik darstellt, zu loben. Doch finde ich ihn sehr eingängig und der Problematik überraschend angemessen.
Lieber Gruß Die blauefrau

 Isaban schrieb daraufhin am 19.06.17:
Hab vielen Dank blauefrau! Das freut mich sehr.

Liebe Grüße

Sabine

 Lluviagata (19.06.17)
[Regenmädchen, deine Lippen
sind zerbissen, rot und wund,]

Hallo Sabine,

die Zeile ...zerbissen, rot und wund zeigt meines Erachtens einen Pleonasmus. Was kann man dem Rot und Wund, Synonyme, die mir so sehr passend erscheinen, noch voran setzen? ...erloschen, verwüstet, verloren, versiegelt, erlegen, zerborsten... etc. So, wie es steht, ist es mir zu viel des Guten. Passend zu den Leukozyten wäre es jedoch schade, das Rot und Wund weg zu nehmen ...

Alles in allem ein Gedicht, das Erstaunen und Unsicherheit im Leser weckt, in mir weckt, das trotz aller Poesie ein Unheil beschreibt, welches einem selbst begegnen kann. Ich finde den Namen Regenmädchen sehr passend. Warum? Weil er Traurigkeit und das Wegfließen des Lebens vermittelt.

Liebe Grüße
Llu ♥

 Isaban äußerte darauf am 19.06.17:
Hallo Llu,

hm, wenn es wie ein Pleonasmus wirkt, dann scheint das, was ich beabsichtigt hatte, nicht so ganz geklappt zu haben. Bei einer Chemo ist es so, dass bei vielen Patienten der Mund trocken wird, die Mundwinkel "einreißen" und die Lippen aufspringen, bis sie ganz zerfranst und entzündet sind, die entsprechende Rötung geht über die Lippen selbst oft hinaus. Ich wollte hier eigentlich die Leser noch ein bisschen im Ungewissen lassen, ob es romantisch zerküsste Lippen oder kindlich nervös zerzupfte oder angstzernagte Lippen oder... sind und daher nicht das "zerfranst und" belassen, das ich zuerst dort vor dem "rot und wund" stehen hatte. Ich wollte schlichtweg, dass der Leser sich mit dem Regenmädchen, dessen Name ja durchaus "romantisch" und auf jeden Fall „kindlich/jung“ gelesen werden kann, auf die ungewisse Reise begibt und erst langsam (daher in V2 der Übergang von den kleinen, niedlichen Händen zum eindeutig nicht gesund erscheinenden Kopf) merkt, dass der Abgrund (REGENmädchen -> Traufe -> von der übervollen, also überlaufenden Traufe dann wohin?) immer näher kommt und erst zum Schluss merkt, dass das Ende schon von der ersten Strophe an (meerestiefer Grund) feststand und nicht mehr abzuändern ist.

Ich hadere noch mit mir, ob ich die "zerbissenen Lippen" noch ausbauen soll, denke aber, dass dann dem Weg ins "Wegfließen" etwas fehlen würde.

Hab herzlichen Dank für deine intensive Auseinandersetzung mit meinem Text und die konstruktive Kritik.

Liebe Grüße

Sabine
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram