Der rote Faden

Innerer Monolog zum Thema Denken und Fühlen

von  tastifix

Der rote Faden


Der junge Mann liebte jenen rosa Faden. Dieser hatte ihn seines Lebensweges geleitet, war ihm als ein helles Licht, das sich ihm immer wieder sanft rosa zeigte, Hilfe und auch Halt gewesen. So verlor er nie den Glauben an die Freude im Leben.   

Vor allem im vergangenen Jahr hatte der junge Mann zufrieden durch die Tage und Monate gehen können. Beruflich erfolgreich, durfte er genauso privat viele frohe Stunden genießen, die er mit seinen Freunden in geselliger Runde verbrachte oder sich seinen Hobbys widmete. Und er hatte viele Hobbys und freute sich an ihnen. Dennoch empfand er eine Sehnsucht, die er sich nicht zu erklären wusste. Er hatte ja alles, was ein Mensch braucht, um sich wohl zu fühlen: Gute Freunde, seine Hobbys, auch eine schöne Wohnung und zudem genug Geld, dass er mehrmals im Jahr verreisen konnte. Wieso also diese wachsende Unruhe, dieses zunehmende Gefühl der Leere?

Eines frühen Abends im Hochsommer machte der junge Mann wie so oft einen längeren Spaziergang am Fluss entlang. Er mochte das leise Plätschern des Wassers, das nun allmählich zart rosa und dann ständig kräftiger rot gefärbt zu sein schien. Es war ein zauberhafter Anblick und er schaute unwillkürlich träumend zum Himmel empor. Überall hatten sich die Wolken mit roten Rändern geschmückt und zwischen ihnen durchzogen farbige Streifen wie Fäden das Himmelsblau. Ja, rot waren diese Fäden, leuchtendrot, so wie er es sich stets von seinem Leitfaden erhofft hatte.

Ergriffen schloss einen Moment lang die Augen, um dieses Wunder der Natur tief in seinem Herzen wirken zu lassen. Als er sie wieder öffnete, war jene für ihn bislang unerklärliche Sehnsucht gewichen. Stattdessen fühlte er sich so leicht und beschwingt wie noch nie in seinem Leben. Ja, er war auf einmal so glücklich. Wieder bewunderte der junge Mann den flammenden Himmel über sich, wandte sich dann ab und wanderte frohen Schrittes nach hause. Ohne recht zu überlegen, was er da eigentlich tat, setzte er sich an seinen Schreibtisch, griff ein Blatt und begann zu schreiben. Je länger er schrieb, umso leichter ging es ihm von der Hand. Sein roter Faden, auf den er so lange gewartet hatte, leitete ihn von Kapitel zu Kapitel. Wochen und Monate vergingen, in denen der junge Mann fast die Nächte durchschrieb. Als er sich dann nach einem halben Jahr erschöpft, aber glücklich zurück lehnte, lag dort vor ihm ein umfangreiches,  erstes von ihm selber verfasste Buch. 

Er war sich sicher:  Er wollte Schriftsteller werden ...

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Kommentare zu diesem Text

toltten_plag (42)
(30.12.17)
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Festil (59) meinte dazu am 30.12.17:
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 tastifix antwortete darauf am 15.09.21:
Dankeschön Festil!!

Ich schreibe jetzt bereits seit 20 Jahren, schmunzele.
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