Nachtbesuch im Vatikan ODER Jesus bei Benedikt

Gedicht zum Thema Fantasie

von  harzgebirgler

Jesus nimmt den Flug nach Rom
und steht nachts vorm Petersdom,
bimmelt auch den Benedikt
aus dem Schlaf - "Ich werd verrückt!",
schreit der, "Was fällt dir denn ein,
du willst Jesus Christus sein,
Gottes Sohn und unser Herr?!
Nee, mein Bester, bitte sehr:
Dort zu dieser Tür gehts raus,
hier bin ich der Chef im Haus -
höre auf den Heil’gen Vater
und mach weiter kein Theater.
Gehst du nicht, macht dir die Garde
mit gesenkter Hellebarde
Beine an die bloßen Füße"!
"Knie dich hin", spricht Jesus, "büße!
Endlich bin ich da und hier
und wie unfroh kommst du mir?!
Statt vor Freude rumzuspringen,
lauthals Gottes Lob zu singen,
hast du alter Sauertopf
nur mehr deine Macht im Kopf!
Damals schon habt ihrs verdorben,
als ich wund für euch gestorben,
nichts habt ihr dazugelernt -
sehnt nur das, was weit entfernt
und glaubt doch im Ernste nicht
an das große Weltgericht,
an die Wiederkunft des Herrn;
Herr im Himmel, die sei fern,
störte nur auf Ketzerweise
eure netten Kirchenkreise
und ihr schlüget ihn aufs neu
dreist ans Kreuz bar jeder Reu.
Doch hier bin ich nun und sage:
Längst gezählt sind eure Tage,
die ihr große Kirchen baut,
fromm aus euren Augen schaut
und dem Kömmling selbst mißtraut".

Benedikt hört wütend zu
und schlupft in die Fischerschuh’:
"Los!, komm mit zum Jugendtag;
kein Aas glaubt mir, wenn ich sag,
Leute!, ihr habt Glück wie nie,
jubelt, jauchzt, fallt auf die Knie,
das ist Jesus, Gottes Sohn - 
Spott wirst ernten du und Hohn,
es sei denn du tuest Wunder,
wandelst Äpfel in Holunder,
demonstrierst ne Himmelfahrt
oder was in dieser Art".
Jesus schweigt und sagt dann leise:
"Oh ich weiß ihr braucht Beweise,
legt gern Finger in die Wunden
eines Leibs, den ihr geschunden,
zelebriert in einem fort
mächtig prächtig Gottes Wort -
Blut zu Wein und Leib zu Brot,
Jesus lebt und ist nicht tot -
doch wenn die Erfüllung naht,
trampelt ihr auf Feld und Saat.
Schön habt ihr euch eingerichtet,
munter Stein und Schein geschichtet
um des Vaters Wort und Reich -
keine Angst, ich gehe gleich!
Ja, Trompeten werden schallen,
Mauern stürzen, niederfallen,
Feuer wird vom Himmel regnen,
so soll Gott euch einst begegnen...
Fahr du man getrost nach Kölle
ohne mich und mach ne Welle
voller Brimbamborium - 
wenn DAS ankommt, sei es drum"!
Sprachs und schritt vor Benedikt
der darob entgeistert blickt
und kein einz’ges Wort mehr fand
mit Holunder in der Hand
durch des Papstschlafzimmers Wand. 

(2005)

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (23.01.19)
Weltjugendtag mit Benedikt -
hat den der liebe Gott geschickt?
Ich glaube, les ich das Gedicht,
wahrscheinlich nicht.

Beste Grüße, Dirk

 harzgebirgler meinte dazu am 23.01.19:
gott hütet sich längst wen zu senden
denn das könnte tödlich enden.

beste dankesgrüße
henning
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