Späte Jahre

Erzählung zum Thema Alles und Nichts...

von  sandfarben

Wir hatten eine Katze und einen Regenschirm. Wir hatten einen Raum für glückliche Momente und einen Raum für die Einsamkeit. Vom Fenster aus konnte man die schneeverhangenen Berge sehen. Zu weit, sagtest du manchmal, viel zu hoch für so kleine Leute wie wir. Dann nahmst du den Schirm und machtest eine Runde ums Haus. Du warst genau 2 Minuten und 17 Sekunden draußen. Jeden Tag. Dreihundertfünfundsechzig Mal im Jahr. Während ich dastand und auf die Backofenuhr schaute und wartete, bis ich die schweren Schuhe im Flur hörte. Dein Kreischen, wenn du dich auf die Gardarobenbank setztest, um die Schuhe auszuziehen. Die Katze spitzte die Ohren und lief in den Flur. Sie schaute dir zu, wie du die Pantoffeln wieder anlegtest und dir nach, wenn du dich in den Raum für die Einsamkeit zurückzogst.
Wir hatten einen Raum für glückliche Momente. In den ersten Jahren haben wir darin Bücher gelesen, von der Zukunft geträumt und zum Fenster raus gesehen. Die Berge waren nicht schneeverhangen und wir wollten hoch hinaus. Weit über die Berge, sagtest du, dahinter beginnt das Meer.
Das Meer haben wir nie gesehen und auch nicht den Gipfel des Berges. Was dahinter wirklich ist, werden wir wohl nie erfahren.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (01.12.20)
Hallo Christa, eine berührende Erzählung über gescheiterte Träume.
LG
Ekki

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 01.12.20:
Ekki nennt es berührend, ich nenne es kitschig.

Und wer bitte, sagt denn heutzutage noch "Backrohr"?

 niemand antwortete darauf am 01.12.20:
Und was sagst Du so, Dieter? Hast Du einen passenden Anglizismus dafür? Wenn ja, bist Du sehr angepasst und fantasielos bezüglich der Leute, welche sich gegen eine solche Anpassung wehren und zwar aus einem ihnen bekannten guten Grund. Im Übrigen ist diese Geschichte nicht unbedingt kitschig, nur weil sie in Deinen , sagen wir mal staubtrockenen, Augen
so wirkt. Aber es ist Deine Meinung und somit muss man sie wohl, wie jede andere akzeptieren. LG niemand

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 01.12.20:
Neee, das gängige "Backofen" reicht völlig, da muss kein Anglizismus her...
Danke für das Staubtrocken-Kompliment!

 sandfarben äußerte darauf am 01.12.20:
Danke euch fürs feedback. Backrohr ist unser Dialekt und gehört wahrscheinlich ausgebessert. Herrn Rotmund ist es zu kitschig, aber eigentlich kümmert mich wenig, was so frustrierte Männer von sich geben. Hab ihm schon mal gebeten, meine Texte zu ignorieren, so wie ich seine. Er wird nie ein gutes Haar an meinen Texten lassen, weil ich es einmal wagte, ein Gedicht von ihm negativ zu beurteilen. Das verzeiht er mir nicht mehr. Ein nachtragendes, alterndes Schriftstellerlein... :p

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 02.12.20:
Kann mich an kein Gedicht erinnern, das Du kommentiert hättest-

Ich möchte aber doch um einen anständigen Umgangston bitten. Ich käme nicht im Traum darauf, Dich "frustriert", "nachtagend" oder gar "alternd" zu nennen. Es geht hier nur um die Texte.

 sandfarben meinte dazu am 02.12.20:
So lieber Dieter_Rotmund, jetzt muss ich mich wirklich entschuldigen, ich habe dich mit Dieter Wal verwechselt. Ich nehme meinen Kommentar zurück und nehme DEIN kitschig auch gerne zur Kenntnis. Wenn du es so empfindest, dann ist das für mich auch ok. Es ist eine Empfindung, die jeder für sich hat und ich respektiere das. Ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung an.
christa

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 03.12.20:
Alles klar & kein Problem.

 BeBa (01.12.20)
Eine wunderschöne kurze Erzählung, über die man über das Leseende hinaus noch nachdenkt. Und das ist wichtig ...

LG
BeBa

 sandfarben meinte dazu am 02.12.20:
danke sehr.

 Moja (01.12.20)
Mir gefällt deine lebendige Erzählung auch sehr, sie lässt viel Raum zum Träumen, ein bisschen Wehmut schwingt mit und viel Liebevolles, die Zufriedenheit überträgt sich auf mich mit dem Wunsch, dass noch nicht alles vorbei ist.

Liebe Grüße,
Moja

 sandfarben meinte dazu am 02.12.20:
Danke Moja!
Jo-W. (83)
(01.12.20)
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 sandfarben meinte dazu am 02.12.20:
freut mich.

 eiskimo (02.12.20)
Was mich bewegt: Du erzählst es, als sei diese Entwicklung so "angeordnet" gewesen (der Raum für dies. der andere für das ...), und Du nimmst es so gelassen hin.
Ich frage mich, ob (warum) wir diese "Anordnung" nicht aufbrechen können (und habe dabei brav meine Pantoffel an)
sinnierende Grüße
Eiskimo

 sandfarben meinte dazu am 02.12.20:
Ich sehe im Text die Zusammenfassung einer Resignation. Ein Leben, das nicht mehr geändert werden kann / will.
Danke für dein Vorbeischauen.
christa

 Artname (02.12.20)
Ja, was bleibt am Ende von einem (gemeinsamen) Leben übrig? Die Tage sterben in uns und nehmen alles mit ins Grab, was zu ihnen gehörte. Und was wir noch erinnern, ähnelt Grabinschriften. Bis hin zu ihren ungelösten Rätseln.

So etwas fühlte ich beim Lesen...

lg

 sandfarben meinte dazu am 02.12.20:
Danke für dein feedback, so ähnlich fühlte ich es auch beim Schreiben.
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