Psychiatrie-Tagebuch, Teil 7

Tagebuch zum Thema Psyche

von  Koreapeitsche

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von Herrn Wichmann provoziert fühle, da er Vorschläge machen wollte, wie ich medikamentös  behandelt werden sollte. Er schlug ein Risperdal-Depot vor, als gespritztes Risperdal. Nicht nur dadurch fühlte ich mich provoziert. Ich glaube, Fr. Isermeyer will etwas heraufbeschwören. Jedenfalls bat ich Fr. Dr. Gerok-Falke zu berücksichtigen, dass ich provoziert worden bin und deshalb von einer Erhöhung der Dosis abzusehen. Ich gab auch zu bedenken, dass ich Angst vor Medikamenten- oder Drogen-Cocktails habe, sagte, daran seien in Friedrichsort im Arbeitermilieu - Werftbau und Panzer-Bau - bereits mehrere Personen gestorben. Doch sie scheint hart zu bleiben. Ich gehe davon aus, dass spätestens morgen die Dosis erhöht wird und ich ein weiteres Medikament hinzu bekomme. Hr. Wichmann hörte sich gestern von der Stimme her so an wie Lothar Schwarz. Hr. Wichmann scheint nun wirklich einen Schaden zu haben. Ich fand ihn unzumutbar.
 
 
 
 
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Ich musste eben bei den Simpsons an Dr. Kruses Ausspruch denken, „ich kann mit ihnen nicht jede Nebenwirkung auf der Medikamentenbeschreibung durchgehen". Hier herrscht manchmal ein rüder Umgangston. Ärzte sind eben auch nur Menschen. Wir brennen ein wenig die Augen. Vorhin spielte ich ein wenig mit Heike und Silke. Mit Silke spielte ich Vier gewinnt und später Mikado. Mit beiden spielt die ich Jenga, ein Spiel bei dem Steine aus einem Turm gezogen werden sollen, ohne dass dieser zusammenbricht. Ich dachte dabei ans WTC. Heute Nachmittag war ich knapp zwei Stunden in der ZBW. Ich kopierte mir sechs Artikel aus der „El País“, schrieb E-Mails  an Herrn anders aus dem Justizministerium und Fr. Oschmann von den Grünen, schickte meine Zip-Adresse an Infratest, schickte eine Bewerbung an die Werk- und Betreuungsstätte Ottendorf. Ich habe mich sehr gewundert, dass Iris Stürmer von Infratest gleich geantwortet hat.
 
 
 
 
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Vielleicht kann ich ja wieder für die Arbeiten. Ich tippte auch an der Kurzgeschichte über die Chaostage weiter, tippte ein paar Fragmente. Wenn ich mich ranhalten, kann ich bis Freitag damit fertig werden. Aber es eilt nicht. Vielleicht wäre es sinnvoller, Heiko die Kurzgeschichte über das Rost klopfen zu kommen zu lassen und ihn um eine Korrektur der Fakten bitten. Ich soll bis zum 30.03 hier bleiben. Sobald ich den Bescheid von Frau Isermeyer habe, werde ich eine neue Absatz Beschwerde ans Landgericht schicken.
 
 

 
 
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Mittwoch 04.04.2009
 
Heute machten wir den Gruppen Spaziergang in die Forstbaumschule. Es brachte Spaß. Ich saß zum ersten Mal in der Forstbaumschule. Bisher war ich immer nur im Biergarten. Ich fragte auch nach Ron Balla, mit dem ich damals Abitur gemacht hätte. Doch es kannte ihn niemand mehr. Ich schaute mir die Bilder und Zeichnungen an den Wänden an. Auf einer Wandzeichnung war im Hintergrund das Laboer Ehrenmal zusehen. Es waren jedoch zwei Jahreszahlen darauf, ‘34 und ’08. Ich fragte eine Kellnerin, ob das sein kann. Das Laboer Ehrenmal wurde doch erst 1935 eingeweiht. In der Forstbaumschule aß ich auch Pommes, trank einen Kakao. Das Zip bezahlte das, so sagt dir das zumindest die Pflegerin, die die nachmittags Aktivität leitete. Ich ließ mit meiner Kamera ein Foto aufnehmen, dass der Kasache aufnahm. Ich flirtete kurz mit einer
 
 
 
 
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Kellnerin, die einen Kuh Comic Kopf in rosa auf einem blauen T-Shirt trug. Ich sagte, ich würde mir das gleiche T-Shirt kaufen und sie in dem Lokal besuchen kommen. Sie sagte, sie hätte es im Sophienhof gekauft. Ich vergaß jedoch den Namen des Geschäfts. Auf dem Rückweg Haken Marcel und ich in Silke ein. Als ich nach der Rückkehr in meinem Zimmer war, kam der Arzt her Jakubek ins Zimmer, macht ihr mich darauf aufmerksam, dass ich hier auf Station keine Leute fotografieren dürfe: „Sie dürfen sich zwar selbst im Bett fotografieren, aber..." Er empfahl mir, die Kamera abzugeben. Das tat ich dann auch. Beim Mittag und Abendbrot war nicht berücksichtigt, dass ich Vegetarier bin. Die Hähnchenkeule rührte ich nicht an. Morgens nach der Visite erhielt ich die Erlaubnis, nach Hause zu gehen und mir ein paar
 
 
 
 
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Sachen zu holen. Ich traf die Horlbecks auf der Treppe, grüßte nur kurz. Ich warf Obst und Kartoffeln  weg, nahm die Sachen mit, die ich auf einem Zettel notiert hatte, ging mit der schweren Tasche bis zur Holtenauer und nahm ein Taxi bis zum Zip, bezahlte 5 €. Der Fahrer erzählt, dass seine Taxi-Firma früher ein Vertrag mit den Kliniken hatte, doch Herr Baxmann gab eine anderen Firma den Zuschlag. Die Taxifirma heute hätte auch für Klinictrans o.s.ä. Transporte gemacht Gleich läuft DFB-Pokal Viertelfinale. HSV spielt gegen Wehen Wiesbaden. Morgen müsste ich ein Paket bei der Post abholen. Gestern telefonierte ich ja mit Philipp Hirschfeld. Ich will ihm die Kurzgeschichte „Rostklopfen am Seefischmarkt“ zusenden, die er an Heiko weitergeben soll. Vielleicht kann ich das morgen Nachmittag machen.
 
 
 
 
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Do. 5.3.2009
 
Heute morgen war kein Teewasser im Frühstücksraum zur Verfügung gestellt. Ich beschwerte mich eben, als ich mir meine 2 mg Pille Risperdal abholte. Die Pflegerin nahm es zwar zur Kenntnis, wirkte jedoch, als ignorierte sie es. Abends bekomme ich jetzt ja immer 3 Milligramm Risperdal. Ist stört mich auch, dass die nur Oma Tees bzw. Billigtees zur Verfügung stellen: Kamille, Hagebutte, Pfefferminz, Malve etc. Ich fragte auch nach grünem Tee. Es hieß, den müssten wir bestellen. Das bestätigt, dass die Patienten hier nicht ernst genommen werden. Fr. Dr. Wilms war gerade hier. Sie will auch, dass ich ein weiteres Medikament nehme, auf die offene Station komme und einen Behandlungsvertrag unterschreibe. Ich hatte ja vor gut einer Woche verlangt, dass ein Kontakt zu einem Pastor hergestellt
 
 

 
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werden sollte, so dass ich mich mit dem unterhalten kann. Doch auch das wurde zwar versprochen, aber nicht gehalten. Ich habe jetzt einen neuen Zimmer Nachbarn bzw. Bad Nachbarn. Der Mann heißt Kurt und hat einen künstlichen Darmausgang. Als ich vorhin meinen Mittagsschlaf machen wollte, fragte ich, ob er etwas dagegen hat, wenn ich die Vorhänge am Fenster zuziehe. Er wollte es nicht. Ich nahm vorhin an der Kochgruppe Teil. Wir kochten ein Nudelgericht mit Zucchini, Paprika, Zwiebeln, Knoblauchzehen und passierten Tomaten. Als Nudeln Namen wir Fussilis, die Frau Kaminski stark salzte. Leider hatten wir keinen Oregano. Ich sollte vielleicht auch häufiger mit passierten Tomaten kochen. Ich notierte mir später aus dem Kochbuch ein Rezept für eine schnelle Pizza. Ich war überrascht, dass wir für den Teig auch Brötchen Fertigteig nehmen können. Nach dem Essen, wir waren zwei Patienten und die Ergotherapeutin, gingen wir zurück zur P4. Hier gab es gerade essen. Ich gab mein Essen
 
 

 
 
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bis auf den Gurkensalat und das Dessert an den Herrn, der vorgibt ein Schriftsteller zu sein, erhielt später von ihm die Schale „rote Beete". Er gab jedoch man den Auflauf an einen weiteren Patienten weiter. Ich blätterte im Stern, als ich zur Visite gerufen wurde. Frau Gerok-Falke warf mir vor, ich hätte die Risperdal nicht ordnungsgemäß eingenommen, warf mir vor, ich hätte sie wohlmöglich ausgespuckt. Ich reagierte relativ zurückhaltend darauf. Trotzdem ist es eine Frechheit. Die Arztvisite fand diesmal im Aufnahmeraum Direktlinks neben dem Eingang Stadt. Der Raum war sehr angenehm, und ich frage mich, weshalb die nicht die „Gerichtsverhandlung“ dort abgehalten haben. Die Ärztin sagte, mein Risperdal-Spiegel sei zu hoch, sagte, dafür muss es Gründe geben. Es wurde auch meine Verlegung auf die P3 angesprochen, die nur erfolgen könne, wenn ich zur Verabreichung eines weiteren Medikaments zustimme. Ich verlangte wieder
 
 

 
 
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einen Waschzettel, doch sie riet mir davon ab, den Waschzettel zu lesen. Das fand ich wieder sehr obskur. Das Medikament beinhaltet Valproinsäure. Es hieß, es sei das Beste für mich, wenn ich dieses zweite Medikament ab Anfang nächster Woche auch noch nehme. Ich finde es unfassbar, dass die Mobbingopfer plötzlich als krank stigmatisiert werden, wenn sie sich gegen Mobbing wehren. Da besteht die Gefahr. Aber das ist so weit geht, dass den Gemobbten auch noch eine Psychose nachgesagt wird, hätte ich nicht gedacht. Diese Problematik scheinen wieder die Ärzte noch die Juristen noch die Sozialpädagogen erkannt zu haben. Als die Ärztin Gerok-Falke mich heute nach den Nebenwirkungen befragte, sagte ich zwar, dass ich morgens Kopfschmerzen hätte, vergaß aber zu sagen, dass mir die Gesichtsmuskulatur weh tat. Ich habe eben meine 3 mg Risperidol bekommen (Risperdal). Mein neuer Bettnachbar, Kurt, sollte
 
 

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