Winterlied

Gedicht

von  Tula

Er ist ein sehnsuchtsvoller Traum in weiß;
das Land im Bild, erhaben wie ein Dom.
Vertrauter Wald. Magie aus Schnee und Eis.
Ein altes Lied, das in die Stille sinkt.

Er ist die Klaue. Unheilvoller Fluch.
Bringt Abschied, Schmerz und einen letzten Wunsch;
den Vogel auch, der unterm Leichentuch
im Sturm vergeblich um sein Leben ringt.

Er ist die Gnade, Trost im warmen Heim.
Schürt Glut im Mark, wird jäher Funkenflug.
Hält Hoffnung im Verborgenen, den Keim
im Leib, der einen anderen umschlingt.


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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (02.02.22, 08:06)
Hallo Tula,
wo schon hier und dort Frühlingsgedichte im Forum zu keimen und sprießen beginnen, wendest du dich noch einmal dem Winter zu. In einer respektvollen Würdigung fast du prägnant zusammen, was den Winter ausmacht mit Licht- und Schattenseiten, magischer Schönheit, todbringendem Fluch und tröstlicher Umarmung in der Geborgenheit eines warmen Heims.
Du gehst es hier eher konventionell an, mit Kreuzreimen (aber sparsam/dezent mit Waisen dazwischen) und einem fixen Metrum (5-hebiger Jambus), das getragen, feierlich wie ein Choral (passend zum Titel) in meinen Ohren klingt. Kurz, ein Geicht, das man sich laut vorlesen, sich darin versenken kann.
Eine winzige Anmerkung, mir persönlich fällt es schwer mir den (bewegten) Sturm als Leichentuch vorzustellen, das für mich etwas Starres, Erstickendes, aber auch Bergendes und zur (endgültigen) Ruhe Bringendes hat. Statt "Sturm" - "Frost" ? Was meinst du dazu?

Ich mag es, wie du hier den Winter charakterisierst, ohne zu werten, in einem ihm angemessenen etwas distanzierten, ruhigen Ton.

Liebe Grüße
mona

 Létranger meinte dazu am 02.02.22 um 08:40:
wiedermal eine sehr gelungene "Kritik". .

 Tula antwortete darauf am 02.02.22 um 15:41:
Hallo Mona
Herzlichen Dank für deinen ausführlichen und wertschätzenden Kommentar. In der Tat neigt der Dichter dazu, die Jahreszeiten vorzugreifen. Was den Frühling angeht, meldet er sich gern bereits im Februar, sozusagen als Vorgeschmack, um sich dann doch wieder vor dem Anmarsch winterlicher Tiefdruckgebiete zurückzuziehen.

Was die genannte Stelle betrifft, das Bild, welches ich vermitteln wollte, ist der im winterlichen Sturm bereits mit Schnee und Eis bepackte Vogel; das Leichentuch also nicht der Sturm selbst, sonders der von ihm verabreichte eisige Mantel. Zum einen war die Lösung auch metrisch bedingt, mehr passt eben nicht rein, zum anderen wollte ich Schnee und Eis nicht wiederholen. Aber du hast sicher recht, das Bild könnte noch eindeutiger sein.

Dankend lieben Gruß
Tula

 monalisa schrieb daraufhin am 02.02.22 um 15:54:
Vielleicht wäre statt des Genitivs

 ... unterm Leichentuch des Sturms
( das ja das Leichentuch direkt dem Sturm zuordnet)

... unterm Leichentuch im Sturm
 
eine Möglichkeit?
Würd mich, glaube ich weniger irritieren.

Liebe Grüße

 Tula äußerte darauf am 02.02.22 um 16:04:
Hallo Mona
Habe es so übernommen. In der Tat kam mir der Gedanke beim Kommentar-Schreiben ebenfalls. 

Dankenden Gruß
Tula

 Didi.Costaire (02.02.22, 11:59)
Hallo Dirk,

in deinen Zeilen kann man den Winter richtig spüren, und dabei dachte ich immer, in Portugal wäre er recht mild...

Schöne Grüße,
Dirk

 Tula ergänzte dazu am 02.02.22 um 15:45:
Hallo Dirk
Ja, das gute Wetter hier, momentan sonnig und mittags bis 18 Grad hoch, stimmt eher auf den Frühling ein. Vielleicht gerade deshalb die Sehnsucht nach etwas "richtig Winter". Aber wie ich erfahre, will der sich daheim auch nicht zeigen.

Südländische Grüße 
Dirk

 GastIltis (02.02.22, 15:13)
Hallo Tula,
 
ein ganz feines Gedicht mit einem wunderbaren Thema, mit ausgezeichneten Reimen und inhaltlich, was ja entscheidend ist, mit dem Blick für das Wesentliche. Für mich kann Poesie kaum schöner sein. Wenn das Lesen zur Freude wird, dann hier.

Sei herzlich gegrüßt von Gil.

 Tula meinte dazu am 02.02.22 um 15:50:
Vielen Dank, Gil
Ich weiß ja, dass Reime "unmodern" sind, aber gewisse Stimmungsbilder (von komischer Lyrik mal abgesehen) lassen sich mit ihnen wirkungsvoller verdichten. Deshalb ja auch das -lied im Titel.

LG
Tula

 AchterZwerg (02.02.22, 18:19)
Lieber Tula,
unmodern werden Reime wohl nie. Warum auch.
Passend ist es allerdings, wenn man sie ein wenig streut (es gibt ja Hunderte deutscher Stropehnformen *hüstel) und so dem Ganzen einen hippen Anstrich verleiht.
Das ist dir hier gelungen.
Inhalt und Sprache ergänzen sich mit der gewählten Form:
Also: Tudo bem. :)

 Tula meinte dazu am 02.02.22 um 18:27:
Hallo 8er
Nun ja, ich würde das gern einigen Wettbewerbsveranstaltern ins Poesiealbum schmieren ... Aber du hast ja recht, Dichter und Leser bleiben ihm treu, dem guten alten Reim, also

Sim, tudo bem  8-)

Herzliche Grüße
Tula

 Saira (02.02.22, 18:42)
Hallo Tula,

du hast deine Winterbilder in eine traurig-schöne Poesie gehüllt. Sehr gelungen!
 
Liebe Grüße
Saira

 Tula meinte dazu am 02.02.22 um 21:30:
Danke Saira
Herzlichen Gruß
Tula

 harzgebirgler (04.02.22, 15:29)
zumeist macht drauf der winter appetit
dass man ihn endlich nur von hinten sieht.

lg
harzgebirgler
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