Café Malerei

Kurzprosa

von  BeBa

Vor zwei Stunden ist er ins Café gekommen. Hat seinen Trenchcoat, den er seit Jahrzehnten trägt, an die Garderobe gehängt, ein Buch und den kleinen Moleskine aus der Manteltasche genommen und sitzt seitdem an dem Einzeltisch am Fenster. Einen Espresso hatte er, dann einen Milchkaffee und ein Stück Schokoladenkuchen.

Rentner, schütteres graues Haar, Lesebrille, mit sich, seinen Gedanken und dem Buch beschäftigt, so passt er perfekt in diese fast leere Kulisse, im Hintergrund die gelangweilte Bedienung, auf den Schichtwechsel wartend. Das Bild könnte von Edward Hopper sein.

Ist es aber nicht, sondern von mir. Ich mag Hopper und seine Bilder, und wenn ich ihn imitieren wollte, könnte ich die Szene so stehenlassen, wie sie sich in diesem Moment darstellt.

Aber der Gast sucht Ablenkung, schaut aus dem Fenster. Eben war noch nichts los auf der Straße, doch jetzt ist es siebzehn Uhr und immer mehr Berufstätige eilen am Café vorbei auf ihrem Weg zur nahegelegenen Metrostation, um noch die nächste Bahn in den Feierabend zu erreichen.
Wie er selbst so viele Jahre lang. Ist es das, worüber er soeben in seinen Moleskine schreibt? Die Bedienungen haben gewechselt, die Neue serviert ihm seinen zweiten Milchkaffee, mit einem Lächeln. Das bemerkt er nicht, zu sehr ist er mit dem Schreiben beschäftigt. Draußen beginnen die Leute zu rennen, denn es regnet mittlerweile. Tropfen klopfen an die Scheibe, doch der Gast sitzt, schreibt und der Kaffee wird kalt. Jetzt schwemmt der Regen immer mehr Gäste ins Café, sie alle suchen einen trockenen Platz. Es wird voll und laut.

Mein Bild wird zum Film, der Protagonist wird gleich aufstehen und die Leinwand verlassen. Hopper ist längst fort.













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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (27.02.22, 10:31)
Ich würde mich nicht so sehr darauf versteifen, dass das Notizbuch ein Moleskine ist. Das hat eine etwas altbackene Schreibkünstler-Attitüte. Ansonsten gerne gelesen, bes. die Beobachtungen des Feierabendverkehr, der Teil dürfte ruhig etwas länger sein.

 BeBa meinte dazu am 01.03.22 um 07:48:
OK, das kann man wirklich so sehen mit dem Moleskine. Ich habe den Namen verwendet, weil ich diese Teile (obwohl sie wohl nicht mehr die Qualität von früher haben) sehr liebe. Und ja, der von dir angesprochene Teil könnte tatsächlich noch etwas ausgebaut werden. Mal sehen, vielleicht gehe ich an das Teil noch einmal dran.


Danke dir,
BeBa

 Tula (27.02.22, 11:30)
Moin BeBa
Dachte beim Lesen irgendwie an Pessoa  8-)
LG
Tula

 BeBa antwortete darauf am 01.03.22 um 07:48:
8-) 

Danke dir, Tula.

LG,
BeBa

 EkkehartMittelberg (27.02.22, 11:45)
Hallo Beba,
Kunst hat viele Funktionen, eine ist die Wiedergabe.
LG
Ekki

 BeBa schrieb daraufhin am 01.03.22 um 07:49:
So ist es, lieber Ekki.

Danke dir und LG
BeBa

 GastIltis (27.02.22, 13:32)
Hallo BeBa, ich ergänze mal deinen Satz:
„Einen Espresso hatte er, dann einen Milchkaffee und ein Stück Schokoladenkuchen mitgebracht.“
Herzlich Hopper Gil.

 BeBa äußerte darauf am 01.03.22 um 07:50:
:D 

Danke, Hopper GiL.

LG
BeBa
wa Bash (47)
(28.02.22, 18:23)
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 BeBa ergänzte dazu am 01.03.22 um 07:50:
Danke dir, wa Bash.

LG
BeBa
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