Der Abend war saumäßig. Mein Verleger hatte mich angerufen und an meinem neuen Roman kein gutes Haar gelassen. „Umschreiben lohnt nicht“, war er der Meinung, „schreiben Sie neu!“
„Arschloch“, sagte ich beim auflegen.
„Vergessen Sie nicht“, sagte der, als er gleich darauf noch mal anrief, „Sie leben vom Vorschuss eines Arschloches.“
„Sorry, sagte ich, „war nicht so gemeint, Arschloch.“
Danach gab ich mir die Kante satt - und so sah ich beim aufstehen (gegen ein Uhr vormittags) auch aus. Hast ja noch ne Stunde, tröstete ich mich beim ersten Schluck; auch duschen wäre nicht schlecht, allein schon wegen dem Restalkohol und dem was kommt, denn es muss ja nicht jeder Bulle auf 100 Meilen riechen, - wie schon die zwei Male zuvor ... Zum Glück habe ich für solche Fälle eine Ersatzpappe, denn ohne Führerschein wäre ich in meiner Einöde stramm aufgeschmissen. Und immer den Grossisten an zu rufen, wenn man Durst hat, ist auch nicht gerade billig. Mist! Das heiße Duschwasser reichte gerade zum Einseifen, dann war damit Feierabend - und kalt ist bei mir nicht, denn da stich das Rheuma in den alten Knochen wie ne Forke in den Misthaufen von Schweinescheiße. Okay, dann muss es so gehen, - rieb ich mir also den Schaum ins Handtuch. Leider merkte ich zu spät, dass es das Teil vom Hund war. Nun roch ich nicht nur nach Suff, sondern nach Hundekacke dazu. Fehlt nur noch der Duft der eben beschworenen Schweinescheiße. Gut, Aramis ist mir Ersatz. Bringt aber auch nicht viel, wie ich aus Erfahrung weiß. Zieh also ne Knoblauchzehe rein ...
„Prima“, sagt mein Auto und schüttelt sich wie ich neulich nach dem Entzug, „mach ja das Verdeck auf, du Arsch ...“
„Mach ich doch, Junge“, sag ich, „hast es als Cabriolet auch verdient.“ Okay es könnte ne Stück Persönlichkeitsstörung sein mit dem Teil zu reden; ich halte es allerdings für Schicksal. Immerhin gibt es auch wieder Wölfe in Deutschland. Doch auch das ist nur ein Gerücht, denn ich konnte von denen bisher nichts sehen ... seen nothin’ yet ... Und wenn, es wäre nicht wahr, denn ich halte meinen Rammstein mit Krawallrockpaste extrem sauber. Nichts mit Weichspülsound hinter rechter Tendenz ... Keine Fans mit Entrüstung über scheinbare Amoralität. Nirgendwo Aufregung über vermeintliche Gewalttätigkeit und vordergründige Sexualisierung unter ausgeprägter Humorlosigkeit, die mit deutschen Landen zu tun hat - oder nicht. Nein, ich habe (bei mir) mittels Ironie und Selbstironie den richtigen Nerv getroffen. Frontal, alter Schwede. Frontal! Denn die Lüge ist schließlich für alle da. Gut, das kommt zwar jetzt nicht überraschend, verinnerlicht aber eine gewisse Art Lyrics in mir, nämlich die über Liebe, Tod, Leid und Lust, Grausamkeit und Schmerz - in einem spielerisch hintergründig geschmeidigen Klangbild, so ich meine. Manchen mag das zu viel sein, zu wenig anderen, irritierend mehrdeutig wieder welchen überraschungslos, doch es beschreibt, tief in die Abgründe der menschlichen Seele leuchtend und das Fürchten lehrend, mein Universum. Und das ist mir Grenze wie auch Grenzüberschreitung. Wie Genitalherpes, vom existenziell bedingten Arschlecken am Irrsinn dieser Welt in schriftstellerischer Phantasie. Ja, kommen Sie mit mir auf die Schaukel, wir werden Spaß haben, mal abgesehen vom Dreivierteltakt der Gesellschaftstänze.
Nichts ist so wahr wie die Urängste, die Angst vor dem Tod mit Schmerzen in Einsamkeit und Verrat. Vor dem was sich in einem Leben Bahn bricht zwischen Liebe, Sünde, Zweifel und Selbsthass.