Ein Moment

Kurzprosa zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  NormanM.

Es war wieder einmal ein Tag, an dem alles schief gegangen war. Auf der Arbeit kam ich nicht weiter, ich fühlte mich total überfordert und wusste nicht, wie ich meine vorgegebene Fallzahl für den Tag erreichen sollte.

Völlig frustriert, weil ich so gut wie noch nichts geschafft hatte, ging ich in die Mittagspause, von der ich aber nichts hatte, weil ich noch eine Besorgung erledigen und ein Paket abholen musste, was ich nach der Arbeit wegen anderer Termine nicht machen konnte.

Im Supermarkt musste ich feststellen, dass ich eine Riesenschlange vor mir hatte, die mich eine Menge Zeit kostete. Und das für nur ein Teil. Meine Pause war fast abgelaufen, als ich raus kam. Zwar hatte ich Gleitzeit und konnte meine Pause überziehen, aber dann musste ich die Zeit wieder aber dann würde ich heute noch weniger schaffen.

An der Post angekommen, hatte ich glücklicherweise nur einen Herrn vor mir. Aber dieser Herr schien irgendein Problem zu haben, so dass es nicht weiterging. Normalerweise hätte ich meine Pause nur um etwa fünf Minuten überzogen, wenn dieser Mann sein Anliegen schnell geklärt hätte, aber er quatsche und quatschte. Zehn Minuten waren inzwischen schon vergangen.

Hinter mir befand sich inzwischen eine Dame. Zufällig bekam ich ein Teil des Telefongesprächs mit. „Ich muss in fünf Minuten unbedingt die Bahn mitkriegen, sonst kriege ich meinen Anschluss nicht mit, aber hier geht es nicht weiter.“

Eine Minute verging, zwei Minuten vergingen, drei Minuten vergingen. Endlich war der Herr zufrieden und verabschiedete sich. Ich war an der Reihe. Die Frau hinter mir hatte nur noch zwei Minuten, bis ihre Bahn kam. Na ja, der Tag war bei mir eh schon gelaufen, dann kam es bei mir auch auf die paar Minuten nicht mehr an.

„Ich wollte Ihr Telefongespräch gerade nicht belauschen“, sagte ich zu ihr. „Aber ich habe zufällig mitbekommen, dass Sie die Bahn unbedingt mitkriegen müssen. Wenn es Ihnen noch hilft, lasse ich Sie gerne vor.“

Ihre Augen leuchteten vor Freude auf. „Wirklich, das wäre total nett. Ich muss das Paket nur zurückgeben, dann erwische ich die Bahn vielleicht doch noch.“


„Vielen Dank noch einmal und ein schönes Wochenende“, sagte sie noch, als sie nach nur ein paar Sekunden fertig war und verließ fröhlich den Laden. Glücklicherweise befand die Haltestelle sich direkt davor, so dass sie die Bahn, die genau in dem Moment einfuhr, mitbekam.


Ich fühlte mich richtig gut, als ich zur Arbeit zurückkehrte. Es war so ein toller Moment zu sehen, dass ich jemand mit nur einer so kleinen Geste, eine so große Freude bereiten konnte.


Plötzlich kam ich auf der Arbeit auch wieder voran, so dass ich zum Feierabend das Tagesziel doch noch erreichte. Vielleicht hatte diese Dame mir ja einen Geistesblitz geschickt.





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