Dem Schönen unwürdig (Fr, 14.04.2023)

Essay

von  Hamlet

Wo eine schöne Frau, ganz alleine und ohne Kopfhörer, meinen Weg kreuzt, ist es mir unerträglich, wenn ich fühle, dass ich ihr nichts geben kann, was ihrer Schönheit gleichwertig sei: zum Beispiel eine männlich äquivalente Schönheit, wobei etwa der Venus ein Adonis zukäme; zum Beispiel das “interesselose” Lächeln eines liebenden Malers, der die Frau wie eine Landschaft betrachtet; zum Beispiel der erotische Blick  eines Don Juans, der die Frau magisch anzuziehen, zu überwältigen scheint; aber zum Beispiel auch tiefe Melancholie oder  eine andere erhabene Stimmung, die so ruhig, konzentriert und klar macht, dass ich zu blinzeln aufhöre, während ich zugleich vollkommen offen bin. Nur so kann die Schönheit ausgeglichen oder am besten noch mit großem Trinkgeld vergütet werden, indem Vortreffliches mit Vortrefflichem ausgeglichen wird. 

 

Bin ich aber ausgebrannt durch Müdigkeit, durch Nervosität, durch Kränklichkeit oder durch geistlose Katerstimmung, so bin ich verdammt zum Minderwertigkeitsgefühl, zum Weggucken, zum Mich-woanders-Hinsetzen-Müssen, ja sogar zu Selbstmordgedanken – weil ich mich in solchen Situationen als Missratenen betrachte. Denn im Mangel sind nicht einmal die Selbsterhaltungskosten gedeckt, während das Leben nur im Überschuss Spaß und Sinn macht. Zum Überschuss gehören etwa: die Schönheit; der athletische Body; ein natürliches Lächeln, das Spiel, der Tanz; aber auch introvertierte Größen wie religiöse, poetische, melancholische und sonstige erhabene Stimmungen. Nicht jeder Überschuss ist vortrefflich, aber alles Vortreffliche nährt sich vom Überschuss. Und die Schönheit ist wenigstens eine Form des Vortrefflichen, neben die ich mich stellen will, indem ich einen Ausgleich schaffe. Ansonsten fällt man unter sie, wo die Gefahr droht, zertreten zu werden – wenngleich nur durch die eigenen Werte. 

 

Es geht mir darum, die Bedingungen zu schaffen, vom Schönen geliebt zu werden. Die häufig vorkommende Notlösung kommt aber nicht in Betracht, dass nämlich eine schöne Frau einen Mann nur wegen seines Geldes wählt. Denn wenn Habens-Werte (wie Geld) nicht aus den Seins-Werten (z. B. Vitalität, Intelligenz, Mut, Schönheit Charakter, Talente usw.) folgen, bleibt das tiefsitzende Minderwertigkeitsgefühl bestehen. Eine chirurgisch zurechtgemachte Baby-Frau würde eine Naturschönheit weiterhin beneiden. Ein Erb-Milliardär, der sonst ein Durchschnittsmann ist, würde den durch Talent gewordenen Hollywood-Millionär beneiden. Der Ausgleich befriedet nur, wenn er echt ist, d. h. wenn sich Seins-Werte ausgleichen wie etwa die Schönheit einer Frau durch einen vortrefflichen Charakter des Mannes. 



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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (17.04.23, 08:04)
Des Schönen, Hamlet. Des.

 Augustus (17.04.23, 12:20)
Die stille Schönheit findest Du im Kloster, weitab von Grosstädten; vllt sogar in Kirchen. Ein Leben mit Gott widerspricht dem Streben durch Gier nach Geld und Status. Eine religionslose Schönheit wird sich dagegen an weltlichen „Sachwerten“ orientieren, die einen „bezifferten Wert“ haben. In der Ultradekadenz hat alles ein Preisschild. Dass alle nach unverkäuflichem suchen, weil „alles“ einen Preisschild hat ist, die tragische Seite der Ultradekadenz.

 AlmaMarieSchneider (17.04.23, 12:41)
Ist eine schöne Frau intelligent, wird sie diese Intelligenz nutzen um ihre Schönheit zu Geld zu machen. Sie wäre dumm, würde sie das nicht tun.

 Terminator meinte dazu am 17.04.23 um 21:43:
Ein antifeministischer Rat an Männer, intelligente Frauen zu meiden, weil sie die skrupellosesten Huren sind?

 Dieter Wal antwortete darauf am 17.04.23 um 22:18:
Ist eine schöne Frau intelligent, wird sie diese Intelligenz nutzen um ihre Schönheit zu Geld zu machen.
@AlmaMaria:


So viele schöne und intelligente Frauen erstreben keinen materiellen Reichtum.


Es geht mir darum, die Bedingungen zu schaffen, vom Schönen geliebt zu werden.
@Hamlet:


Liest sich verdächtig nach "Männer-Spiritualität". Gestern erfuhr ich, dass Andreas Ebert leider 2002 verstorben sei. Er veranstaltete  Männer-Initiationen nach Richard Rohr.

Mann-Werdung in ganzheitlichem Sinn ist wohl eine lebenslange Aufgabe und hat weniger viel mit primären Geschlechtsmerkmalen zu tun.

Antwort geändert am 17.04.2023 um 22:18 Uhr

 AlmaMarieSchneider schrieb daraufhin am 18.04.23 um 00:25:
Bei den meisten schönen Frauen bleibt es auch nur ein Traum und sie werden kein Fotomodel, kein Filmstar und heiraten keinen Prinzen.
Aber welche schöne Frau träumt davon als Putzfrau zu arbeiten?

 AlmaMarieSchneider äußerte darauf am 18.04.23 um 00:28:
@Terminator
Ein antifeministischer Rat an Männer, intelligente Frauen zu meiden, weil sie die skrupellosesten Huren sind?
Also übertreiben musst Du jetzt nicht. Schönheit liegt doch im Auge des Betrachters.

 Terminator ergänzte dazu am 18.04.23 um 00:42:
Schönheit liegt doch im Auge des Betrachters.
Das ist suggestiv! Nicht alle sind dieser Meinung, wie hier unterstellt. Z. B. ich nicht.


Und ja, ich habe ironisch übertrieben.
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