Sadly ever after

Text

von  Lilo

Die anderen Mädchen träumten ihre Zukunft als romantische Komödie. Eine kurze Phase weichgezeichneter Unwägbarkeiten, ein unschuldiges Sträußlein Irrungen, Wirrungen, ein Tröpfchen Kummer der Spannung wegen, die im Schwur für die Ewigkeit münden. Happily ever after. Von der Puppe zum Schmetterling. Ein Leben voll mit Guten-Morgen-Küssen, Armen, die weit ausgebreitet warten, Sonne im Sommer, ein knisterndes Kaminfeuer vor der malerischen Kulisse einer hügeligen Schneelandschaft, der Duft von Babypuder und Zimt mit einem Nötchen Zitrone. Ein Leben changierend zwischen schmunzelig, kicherig, laut herausgelacht. Für jedes Tränchen sang ein sanfter Engel heile, heile Segen. Ein diesseitiges Jenseits. Unzugänglich für mich. Es setzte einen Tod voraus. Wohin mit meiner Mutter in dieser Geschichte?

 

Ich träumte von bröckelnden Häuserfassaden, die dicht aneinandergedrängt, aber einsam in den rauchigen Himmel ragten. Schlurfgeräuschen auf dem Asphalt, Hundepisse. Teerglänzenden Straßen, abgasschwarzem Schnee und dem Pfeifen eines kalten Windes. Mittendrin zwei zitternde, hinkende Figuren mit hungrigen Kinderaugen und dunklen Rändern unter den Fingernägeln. Bibbernden Herzen und beschämt gesenkten Blicken. Bis diese zwei sich in die Augen sehen und sich im anderen erkennen. Freilich haben sie keine Zukunft. Sie werden an sich und einander scheitern. Aber bis dahin reden sie von ihrer Vergangenheit und halten sich ein bisschen. Kein Engel singt. Trotzdem ist ein da Trost zwischen ihnen, wenn sie ineinander sinken und sich für ein paar Augenblicke zuhause fühlen inmitten ihrer Obdachlosigkeit.



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Kommentare zu diesem Text


 Rosalinde (02.12.23, 18:56)
Liebe Lilo,

eine Geschichte, die ich gerne gelesen habe. Sie ist gut gemacht, obwohl ich einige Passagen etwas einkürzen würde. Sie sind nicht falsch, aber mir scheinen sie entbehrlich. Als Einleitung der Geschichte könnte ich mir vorstellen, dass du zuerst deine Mutter erwähnst, damit man versteht, womit du als Tochter nicht ganz klarkommst. Rein verhältnismäßig gesehen scheint sie mir etwas zu lang. Du findest Worte, die Klang haben, was mir aufgefallen ist und in die Geschichte passen, obwohl ich eine weniger ausgreifende Anhäufung vorziehen würde.

Im zweiten Teil deiner Geschichte geht es nicht um deine Mutter, sondern um junge Obdachlose, die in all dem Elend das Glück suchen. Sie halten sich aneinander fest. Das lässt hoffen.

Für mich ist aber die Frage, wie diese beiden Teile, die ja geradezu
Gegensätze des "guten Lebens" darstellen, zusammenzubringen sind. Vielleicht fehlt hier eine kleine Überleitung.

Zum Titel: Ich würde in jedem Fall einen deutschen Titel vorziehen. Niemand muss wissen, dass du Englisch-Unterricht hattest, du hast eine heutzutage typisch deutsche Geschichte erzählt, da stört mich das Englisch. Ich bin allerdings nicht ausschlaggebend, aber denk mal darüber nach.

Insgesamt aber trotz der kleinen Einwände, die ich habe, habe ich doch etwas erstaunt deinen ansonsten gutgeschriebenen Text gelesen. Ich bin schon gespannt auf deine nächste Geschichte.

Lieben Gruß, Rosalinde
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