Brief an meine russischen Freunde

Brief zum Thema Feind(schaft)

von  eiskimo

Dieser Text gehört zur Sammlung    Politische und Haltungstexte
(Texte in dieser Sammlung haben keinen literarischen, sondern nur einen politisch/ideologischen Anspruch)

Liebe Freunde in Russland!

Nach zwei Jahren „Spezialoperation“ müsstet Ihr gemerkt haben, dass damit Euer Land in eine merkwürdige Situation geraten ist.

Wir hier im Westen haben natürlich unsere Sicht der Dinge und maßen uns an, sehr schnell über Verantwortung und Schuld zu urteilen.

Klar, dass da immer wieder der Name Putin fällt. Aber was ich mich frage: Handelt der eigentlich auch in Eurem Namen? Steht Ihr hinter ihm? War und ist die Ukraine auch für Euch ein echter Feind?

Und wenn Ihr hier Nein sagen müsstet: Warum lasst Ihr es geschehen, dass Tausende Eurer Männer da in diese mörderischen Kämpfe geschickt werden?

Die enormen militärischen Anstrengungen, die Euer Land macht, um auf dem Schlachtfeld zu siegen, sind ja nur möglich, weil Ihr die Entbehrungen klaglos hinnehmt und Ihr alle gehorsam Eure gewaltigen Rüstungsindustrien am Laufen haltet.

Offener Widerstand, das ist mir natürlich klar, wäre in Eurem System selbstmörderisch. Nicht jeder ist zu einem Nawalny geboren.  Aber wenn Ihr Kontakt aufnähmt untereinander, zum Beispiel über die noch offenen sozialen Medien, und wenn Ihr dann ganz viele wäret, um in einer großen Bewegung auf die Straße zu gehen – vielleicht sogar zu streiken! -  dann wäre der Polizeiapparat machtlos, Ihr hättet ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, und dieser Wahnsinnskrieg bekäme tatsächlich noch eine Wendung.

Wie gesagt: Wir hier im Westen sehen die Dinge natürlich aus unserer "freiheitlichen" Warte, und ich bin mit meinen Gedanken vielleicht viel zu naiv. Andererseits habt Ihr 1917 in Russland auch schon mal vorgemacht, wie Revolution geht. Und wie schnell ein autoritäres System zusammenbrechen kann, das haben wir noch 1989 in der DDR erlebt.

Insofern kann ich nur schließen mit diesem Fünkchen Hoffnung , dass auch Ihr in Russland fragen werdet, wie man aus dieser so teuren und fatalen Eskalation herauskommen kann.

Sucht eigene Antworten - so wie viele es bei uns auch tun!

 

Mit nachdenklichen Grüßen



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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (27.02.24, 00:59)
Echte Freunde in Rußland? Können die Deutsch?

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 07:20:
Es gibt elektronische Übersetzungssysteme und Deutsch ist an manchen Schulen in Russland in der Tat eine Fremdsprache, die an manchen Schulen in Russland gelehrt wird, wenn auch in neuerer Zeit das Englische auf dem Vormarsch ist.

 eiskimo antwortete darauf am 27.02.24 um 08:42:
@Graeculus
Du formulierst es etwas abwertend...
Natürlich habe ich Freunde dort, sehr feine Leute. Und meine Hoffnung ist in der Tat, dass diese ihren Fatalismus ablegen und endlich aufbegehren ... und zwar bevor Macron tatsächlich Bodentruppen mobilisiert.

 Graeculus schrieb daraufhin am 27.02.24 um 09:16:
Nicht abwertend, ich wollte nur wissen, ob sich Dein Brief ernsthaft an Russen wendet. Da hatte ich Zweifel, weil kV ja nicht das nächstliegende Medium dafür ist.

 eiskimo äußerte darauf am 27.02.24 um 09:29:
Der hier abgedruckte Brief ist "künstlich", weil - wie Du richtig sagst - KV nicht der angemessene Kanal wäre.
Falls Russen ihn läsen, wären das ja wohl Exil-Russen. Ob die Einfluss nehmen (können) auf ihre Leute zu Hause, scheint mir fraglich. Zumindest habe ich aber die Hoffnung, dass die Front bröckelt, auch von innen.

 Graeculus ergänzte dazu am 27.02.24 um 09:34:
Gibt es Wege, um russische Menschen von hier aus individuell anzusprechen? (Ich bin fürchterlicher Laie in sowas.)

 eiskimo meinte dazu am 27.02.24 um 09:52:
Ja, z.B. per Telefon. Mit der James-Bond-Vorwahl 007

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 10:02:
Ist ihnen das Internet gesperrt oder können sie das auch sehen? Es gibt nicht wenige Russen, die Deutsch lesen können.

 Tula (27.02.24, 01:14)
Hallo eiskimo
Manche Fragen erscheinen von außen offensichtlich, haben aber keine leichte Antwort. Viele Russen dürften den Rückfall in die Anarchie und das wirtschaftliche Chaos der Jahre vor Putin so sehr fürchten, dass ihnen jede Ordnung, auch eine totalitäre, lieber ist. Kurioserweise wird das genannte Chaos auch gern als 'Beweis' dafür benutzt, dass die Modelle des Westens nichts taugen. Schlimm jedenfalls, dass der Krieg die russische Gesellschaft zum einen vielleicht spaltet, zum anderen aber auch eint. 

Anbei eine wirklich interessante, weil auch sozial-kritische Reportage aus (teilweise) russischer Quelle.

 Reportage

LG Tula

Kommentar geändert am 27.02.2024 um 01:23 Uhr

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 07:10:
Diesem Kommentar schließe ich mich an. Die Reportage zeigt die Gesellschaftsstruktur in Russland. 
Die Forderung nach einer Revolution erscheint unrealistisch. Diesen Satz müssen wir uns hinter die Ohren schreiben:
"Wir hier im Westen haben natürlich unsere Sicht der Dinge und maßen uns an, sehr schnell über Verantwortung und Schuld zu urteilen."
Dass die Verhältnisse in der Ukraine viel besser seien, glaube ich aber nicht.
Und die problematischen postsowjetischen Gesellschaften mit ihrer riesigen Bevölkerungszahl werden auch dann noch da sein, wenn die Kriegshandlungen beigelegt sein werden.
Ratlos grüßt Gina

 Beislschmidt meinte dazu am 27.02.24 um 08:20:
Wir glauben nur, dass wir die Guten sind aber die BRIC Staaten stellen die Mehrheit der Weltbevölkerung und wir sollten akzeptieren, dass es andere Systeme gibt, in denen Menschenrechte anders ausgelegt werden oder gar nicht existieren.

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 09:23:
wir sollten akzeptieren, dass es andere Systeme gibt, in denen Menschenrechte anders ausgelegt werden oder gar nicht existieren.

Das sollten wir nicht akzeptieren - zumindest dann nicht, wenn andernorts Leute wie Lukaschenko, Baschar al-Assad, Chamenei, Xi Jinping, Kim jong-un, also Dikatoren, festlegen, welche Rechte die Menschen/Bürger ihrer Staaten haben.
Oder glaubst Du an eine gemeinsame Welt ohne gemeinsame Werte, zumindest Basis-Werte?
(Vorschlag: Die Goldene Regel als Basis. Die ist universell. Und sie schließt eine Diktatur aus, denn der Diktator behandelt andere Menschen nicht so, wie er selbst behandelt werden will.)

 eiskimo meinte dazu am 27.02.24 um 09:35:
Hier stimme ich Graeculus voll und ganz zu!
Wenn "akzeptieren" hier hieße "zur Kenntnis nehmen", wäre es etwas anderes.

 Tula meinte dazu am 27.02.24 um 09:40:
Sehe ich auch so.
Das hatte auch mit dem Thema des Briefes wenig zu tun.
Der Weg, den Putins Russland eingeschlagen hat, kann eigentlich nur in einer weiteren tiefen Krise enden. Eine isolierte und auf Kriegsproduktion getrimmte Wirtschaft wird nur so lange funktionieren, wie es den Krieg gibt. Nach diesem kommt das Erwachen, kein fröhliches ....
Wie dem auch sei, für eine Revolution o.ä. gibt es derzeit keine Bedingungen. Ich gehe davon aus, dass die Elite selbst Putin irgendwann beseitigen und als Sündenbock verwenden wird. Und zehntausende Babuschkas werden Putins Foto dennoch vor ihrer Ikone im Wohnzimmer zu stehen haben.
LG Tula

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 09:57:
"Wir hier im Westen haben natürlich unsere Sicht der Dinge und maßen uns an, sehr schnell über Verantwortung und Schuld zu urteilen."

Es war nicht "der Westen", der Rußlands Angriff auf die Ukraine verurteilt hat, sondern die Generalversammlung der Vereinten Nationen, und deren Sicherheitsrat hätte den Angriff verurteilt, wenn nicht Rußland selbst dies durch ein Veto verhindert hätte. Der IGH könnte darüber urteilen, würde Rußland sich ihm stellen.
Wer, bitte, soll denn sonst über Schuld urteilen?

Die Unterstützung der Ukraine durch "den Westen" bewegt sich im Rahmen des Art. 51 der UN-Charta:

Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.

Wir sollten nicht so tun, als ob es kein Völkerrecht gäbe, gegen das Rußland verstößt.

Übrigens war die Ukraine selbst zu Zeiten der UdSSR eigenständiges Mitglied der UNO, wie auch Belarus.

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 09:59:
@ Tula. Die Reportage, die du eingestellt hast, finde ich wichtig. Sie zeigt auf, wie die russische Gesellschaft strukturiert ist, selbst leidet, unterdrückt, gespalten und paralysiert ist. Ein Teil der Probleme bestand aber schon vor Putin und allein mit seinem Abgang werden die Probleme nicht beseitigt sein. Russland geht in Richtung Entwicklungsland. Da frage ich mich, wie sinnvoll Sanktionen sind, die die ohnehin verarmte Bevölkerung ausbadet.
Auch in den USA ist die Army und deren Logistik ein Wirtschaftszweig, der durch immer neue Kriege am Leben gehalten werden muss. Und wer weiß wie es bei uns bald aussieht. Krieg als Geschäft! Wie bekommt man das weg?

Wenn Macron demnächst Bodentruppen schickt, ist das der Auftakt zum Weltkrieg.

Antwort geändert am 27.02.2024 um 10:07 Uhr

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 10:27:
@ Graeculus, "Das sollten wir nicht akzeptieren - zumindest dann nicht, wenn andernorts Leute wie Lukaschenko, Baschar al-Assad, Chamenei, Xi Jinping, Kim jong-un, also Dikatoren, festlegen, welche Rechte die Menschen/Bürger ihrer Staaten haben."
Dein Glaube an internationales Recht in allenEhren, aber die genannten Diktatoren scheren sich nicht darum. Sie haben sich einfach die Macht genommen.

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 10:40:
Das ist mir klar. Aber das müssen wir nicht so hinnehmen - so wenig, wie Du den Krieg hinnimmst. Und darin sehe ich mich Dir sogar verbunden, nur daß ich die konkret(ere) Vorstellung habe, wie im innerstaatlichen Bereich auch zwischen Staaten die Gewalt durch eine Rechtsordnung zu ersetzen, in der Konflikte nicht durch das Recht des Stärkeren, sondern durch das Recht des Gesetzes gelöst werden.

Wenn Du und ich einen ernsthaften Konflikt (nicht nur eine Meinungsverschiedenheit) haben, dann wenden wir uns an einen neutralen Richter.
Wenn Rußland der Ukraine etwas vorzuwerfen hat, dann sollte es sich ebenfalls an einen neutralen Richter wenden.

Dahin muß es kommen, oder eine atomar gerüstete Welt wird untergehen!

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 11:00:
Jedes Recht kann auch gebrochen werden und die Juristerei kommt immer hinterher, wenn das Unrecht schon Tatsache geworden ist.

Illusion, eine friedvolle Welt erschaffen zu können, Illusion auch, eine auf Recht basierte einrichten zu wollen. Zumindest nicht von heute auf morgen.
Insofern finden wir uns in der Illusion evtl. zusammen.

 Beislschmidt meinte dazu am 27.02.24 um 11:04:
Von mir aus zur Kenntnis nehmen und nicht akzeptieren.

Nochmal, wir haben uns nicht einzumischen  wenn andere Gesellschaften andere Systeme haben.
Wer sind wir, dass angesichts von Millionen Todesopfern in den völkerrechtswidrigen Kriegen der USA  seit Vietnam wir die Moralisren spielen?

Wir sollten uns an der eigenen Nase fassen und zugeben  dass die Nato und insbesondere die USA kein Verteidigungsbündnis ist, sondern ein Angriffsbündnis mit geopolotischer Zielsetzung.

Jetzt höre ich in den Nachrichten  dass Macron französische Soldaten in die Ukraine schicken will und die Slowakei ebenso. Sind die jetzt völlig durch den Wind? Wieder ein Stück näher am Weltkrieg.

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 11:06:
An Regina:

Das ist wahr, und Gerichte sind für Rechtsbrüche da. Die Strafen sollen aber abschreckend wirken für künftige Fälle (Prävention). Manchmal funktioniert das, und etwas Besseres haben wir wohl nicht.
So sollen ja auch Atomwaffen abschreckend wirken. Nach deren Einsatz hilft allerdings kein Gericht mehr.

Illusion oder regulative Idee? Pessimismus oder Optimismus?

Antwort geändert am 27.02.2024 um 11:08 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 11:20:
Hoffentlich steht die Welt noch bis zur Wahl von Trump als US-Präsident durch! Der löst das Problem ja in 24 Stunden. Wie er behauptet.

 Regina (27.02.24, 11:03)
Vergiss nicht, lieber Eiskimo, auf deine französischen Freunde einzuwirken, dass sie Macron zurückpfeifen. Bodentruppen schicken heißt nämlich Kriegspartei werden.

 Beislschmidt meinte dazu am 27.02.24 um 11:06:
Unsäglich dieser Macron und genauso die Slowakei.

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 11:16:
Das ist kühn von Macron und rückt ihn in die Nähe von Lukaschenko, der das Territorium von Belarus für den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine zur Verfügung gestellt hat. Was ihn zur Kriegspartei macht, nicht wahr?

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 11:21:
Die sind alle nicht richtig im Kopf.

 Regina meinte dazu am 27.02.24 um 12:20:
Lukaschenkos Motive sind schon durchsichtig. Er will es Putin recht machen, um nicht Ukraine 2 zu werden. Aber was ihm billig ist, muss Macron nicht recht sein.

 Graeculus (27.02.24, 11:19)
Na, lieber eiskimo, da hast Du ja ein Thema angeschnitten, das immer für eine lebhafte Diskussion gut ist.
kipper (34) meinte dazu am 27.02.24 um 12:27:
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 eiskimo meinte dazu am 27.02.24 um 13:42:
Ich erspare es mir, persönlich zu werden.
Worum es hier geht, ist die Suche nach einem Ausweg aus diesem weiter und weiter eskalierenden Krieg. Der Briefeschreiber äußert "das Fünkchen Hoffnung" , dass auf russischer Seite mehr und mehr Menschen umdenken und dies - geschützt in einer großen Bewegung - zum Ausdruck bringen.
Brot (39) meinte dazu am 27.02.24 um 15:54:
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kipper (34) meinte dazu am 27.02.24 um 17:22:
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nichtgrün (70) meinte dazu am 27.02.24 um 17:29:
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 eiskimo meinte dazu am 27.02.24 um 21:57:
Okay, Kipper, nehmen wir den Pharisäer mal beim Wort. Laut Duden ist das ein „Heuchler“. Was ist denn an dem betreffenden Brief geheuchelt? Sag es kurz und klar, mit Beleg der Textstelle. Dann können alle was lernen.

 eiskimo meinte dazu am 27.02.24 um 22:05:
@nichtgrün
Was meinst Du mit "den Bergen von Lügen" ?

 Fridolin (27.02.24, 22:28)
Nicht ganz einfach, sich da hineinzuversetzen, aber ich versuchs mal: Was würde ich als russischer Freund wohl antworten? Vermutlich etwa folgendes:
Ist ja schön und gut, was Du da schreibst, aber: Wir sollen da jetzt alles ausbügeln, was Eure Diplomaten versaubeutelt haben? Warum habt ihr Putins ausgestreckte Hand denn nicht ergriffen? 30 Jahre lang haben wir für ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem geworben. Nein, das wolltet ihr nicht, weil Amerika das nicht wollte. Dort brauchte und braucht man uns als Feind, nicht als Freund.
Ihr habt gesehen, dass es Streit gibt in der Ukraine, zwischen Ost und West. Da habt ihr in Minsk Verträge ausgehandelt und unterschrieben, die ihr von Anfang an nicht einhalten wolltet. Ihr habt kommentarlos zugesehen, wie jahrelang unsere Freunde im Osten beschossen worden sind. Und nun wundert Ihr Euch, dass Putin unseren Freunden auch militärisch zu Hilfe kommen wollte, als das plötzlich hundertfach stärker wurde? (siehe OSZE-Statistiken)
Natürlich ist das Scheiße mit dem Militär, aber von wem hat er das wohl gelernt? Soll ich die Beispiel-Länder aufzählen?
Und dann schreibst Du: „Die enormen militärischen Anstrengungen, die Euer Land macht, um auf dem Schlachtfeld zu siegen, sind ja nur möglich, weil Ihr die Entbehrungen klaglos hinnehmt und Ihr alle gehorsam Eure gewaltigen Rüstungsindustrien am Laufen haltet.“ Und da frage ich Dich dann doch: Wo sind die denn am größten? Müsstest Du nicht genau das gleiche zuallererst Deinen amerikanischen Freunden schreiben? Sind deren Rüstungsindustrien nicht um ein vielfaches gewaltiger? Die meisten Waffen auf der Welt kommen doch ganz eindeutig von Euch. Und aus den Abrüstungsverträgen sind die USA ausgestiegen, sie wollen also noch mehr. Treiben sie Euch nicht, noch mehr dafür auszugeben?
Und: Wäre es nach Putin gegangen, hätten die Waffen schon nach zwei Monaten wieder schweigen können, aber das wolltet ihr ja nicht. Ihr fandet es besser, wenn weiter geschossen wird. Nicht den kleinsten diplomatischen Finger habt ihr gerührt. Sogar die Verhandlungen damals habt ihr totgeschwiegen.
Ich weiß schon, ihr in Europa seit nicht die wirklich treibenden Kräfte, aber hört ihr erst mal auf, klaglos gehorsam zu sein, macht Ihr erst mal Front gegen Euren Vorbeter, dann können wir weiter reden, ob wir auch etwas tun können.
Wie schreibt Tula so schön? „Eine isolierte und auf Kriegsproduktion getrimmte Wirtschaft wird nur so lange funktionieren, wie es den Krieg gibt. Nach diesem kommt das Erwachen, kein fröhliches .…“ Leider denkt er, das wäre nur bei uns so. Aber die Armen werden ja jetzt schon vor allem bei Euch und in den USA immer ärmer.
Und auch in Israel wollt ihr, anders als so viele andere, von Waffenstillstand nichts wissen, denn die Produktion muss ja weitergehen … Kehrt Ihr mal schön vor der eigenen Türe, dann können wir weiterreden.
kipper (34) meinte dazu am 27.02.24 um 23:00:
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 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 23:38:
Ja. Schuldig sind die NATO und der "kollektive Westen". Wer was anderes sagt, landet im Straflager. Das macht die Meinungsbildung in Rußland etwas ... schwierig und ist eine ungünstige Voraussetzung für eiskimos Brief bzw. Appell.
Die vergewaltigten oder sonstwie mißhandelten ukrainischen Zivilisten sind eh selbst schuld, alles Faschisten.

 Graeculus meinte dazu am 27.02.24 um 23:53:
Heute gab's im ZDF eine interessante Dokumentation ("Putins Krieger") über den Männlichkeits- und Gewaltkult in der russischen Armee zu sehen. Da hat sich anscheinend nicht viel geändert, seit die Rote Armee 1945 die deutschen Frauen befreit hat.

Antwort geändert am 27.02.2024 um 23:53 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 28.02.24 um 08:16:
@Fridolin
Danke für diese sachliche und gut aufgebaute Gegenrede zu meinem Brief. So, wie Du die Geschichte dieses Konfliktes nachzeichnest, bin ich nicht ganz einverstanden, aber den Blick auch kritisch in Richtung USA und deren Interessen zu richten, ist sicher richtig.
Ich schaue heute aber erst einmal irritiert nach Frankreich.

 eiskimo meinte dazu am 28.02.24 um 08:50:
Dass ein offener Widerstand Einzelner selbstmörderisch ist, wurde in dem Brief ja explizit gesagt - die Frage war, ob es so etwas wie kollektive Verweigerung geben könnte - unter bekanntermaßen schwierigen Bedingungen....

 diestelzie (28.02.24, 09:20)
Krieg möchte kein Mensch der bei klarem Verstand ist, denke ich. Allerdings weiß ich, als DDR Kind, wie schwierig es ist, sich gegen eine Diktatur zu stellen. Und ich weiß auch, dass viele Menschen, die das damals in der DDR getan und überlebt haben, bis heute nicht über ihren Gefängnisaufenthalt (es gab extra Gefängnisse für diese Menschen) reden können. Es gibt natürlich auch in Russland Mittel und Wege Regimegegner mundtot zu machen. Die Propaganda, die Medien tun außerdem alles, um ihren Bürgern eine Welt zu präsentieren mitsamt Feindbildern, die es so nicht gibt. Dadurch gibt es wohl auch Beführworter Putins. Ich tu mich sehr schwer damit, von außen auf Russland zu blicken und zu sagen: "Ihr müsst jetzt mal..."
Der Krieg geht uns längst alle an. Wir sind so kurz vor dem 3. Weltkrieg, wie noch niemals zuvor. Selbst zu Zeiten des kalten Krieges war die Lage nicht so prekär. Sollten wir nicht schnellstens selbst Verantwortung übernehmen und gegen diesen Wahnsinn protestieren? Wir gehen gegen alle möglichen "Feinde" auf die Straße: Rechte, Grüne, Ampel... und übersehen damit das Wesentliche. Steckt dahinter vielleicht auch mehr? Was übersehen wir? Warum leben wir lieber mit der Angst vor dem Krieg anstatt uns aktiv dagegen zu wehren? Wenn nicht für uns, dann wenigstens für unsere Kinder und Enkelkinder. Sie haben besseres verdient, als ein Leben in Angst. Es ist wohl immer einfacher, mit dem Finger auf Andere zu zeigen und zu sagen: "Ihr müsst jetzt mal..."

Sehr, sehr nachdenkliche Grüße
Kerstin

 eiskimo meinte dazu am 28.02.24 um 12:02:
Liebe Kerstin!
Danke für Deinen sehr lesenswerten Kommentar. Ich kann Deine Kritik auch nachvollziehen, wobei  "Ihr müsst jetzt mal...!" meine Gedanken etwas verkürzt wiedergibt.
Denn zurückliegen über zwei Jahre Krieg, ein hoch technisierter, verlustreicher, der überdies festgefahren scheint und sich zu verewigen droht. Zwei Jahre, in denen hier, auf unserer Seite, viel und hart diskutiert wurde - alles durfte da (und darf auch weiterhin) in Frage gestellt werden.
Vor diesem Hintergrund und mit der Aussicht auf ein drittes Jahr voller Krieg habe ich jene Frage ins Spiel gebracht, ob vielleicht auf der anderen Seite der Front sich etwas tun könnte,
eine Kriegsmüdigkeit, vielleicht sogar Ansätze  zu kollektivem Widerstand.
Selbstverständlich entbindet uns das nicht, hier weiter Druck zu machen, damit Wege zur Beendigung des Konfliktes aufgetan werden.
LG
Eiskimo

 AZU20 (29.02.24, 11:13)
Und findet die richtigen Anworten. LG

 AchterZwerg (29.02.24, 11:18)
Lieber Eiskimo,

ich lese das als lupenreine Satire, die es ja wohl sein soll.
Dies ändert nichts am ernsten Hintergrund - selbst gute (!) Hitlerwitze erfreuen das zynelnde Gnomenherz.

Auf bald

 eiskimo meinte dazu am 29.02.24 um 13:48:
Das Beste kommt bekanntlich immer am Schluss. Danke!
Eiskimo
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