MEIN LEIDVOLLER PARENTHESE - EXORZISMUS

Gedicht zum Thema Schreiben

von  hermann8332

MEIN LEIDVOLLER

PARENTHESE -

- EXORZISMUS


Egal, was ich schrifltlich

verfaßte, überall nistete sich

willkürlich ein Gedankenstrich ein,

weil ich die Querstrich -Laptoptaste

berührte, ohne daß ich es wollte


Ich begriff nicht , was das sollte

und fragte mich : warum ?


War es der Textinhalt

der mir antat Gewalt


die Semantik und Diktion,

die reagierte wie zum Hohn


der Wortgebrauch,

die Themenwahl


welche mir wurde zur Qual


oder ein Algorithmus

der sich parthenogenetisch

wie von selbst erschuf


und sich im Text versteckte

und die Diktion verhexte


Ein Zufallsgenerator

oder ein Virus gar


der das Programm verseuchte

und Parenthesen erzeugte


Ich wechselte den Computer

und dachte mir:


O du Schreibknecht ,

infames Luder

dich leg ich still, weil ich es will


und dann ist Ruh …


Egal welches Gerät,

egal welches Textprogramm,

der Gedankenstrich entstand im Nu


und aus dem Nichts heraus


Ich ging auf Reset

und Neustart und schaltete

den Laptop ganz aus


und fuhr ihn wieder hoch

was alles umsonst war


Ich kam nicht mehr

mit dem Word - Text klar


und wenn ich den Strich löschte

war er wieder da


Drum schrieb ich nur noch

mit der Hand


und verlor faßt den Verstand

als der Strich nicht verschwand


und sich zwanghaft einfand

als würde er gelenkt

von einer fremden Macht

die alles kontrolliert,

was von mir ward erdacht


und zu Papier gebracht


Nun ging ich zum Psychiater

wegen der Fixation und dieser

Zwangsmanipulation


und klagte über mein Geschick


und sprach

von einem Gedankenstrich – Tick


Der meinte ,

es könne mein Gewissen sein

das sich dann schaltet ein,


wenn ich nicht

wahrheitsgemäß schreibe

und nur fiktiv bleibe


und unrealistisch bin

ohne Wirklichkeitssinn ,


und hätte mir es

zurecht gebogen ,


die Tatsachen verfälscht

und fabuliert und fantasiert

und bewußt gelogen …


Es wäre eine Warnung

erfolgt unter der Tarnung

dieser Parenthesen


Mein ÜBERICH

als höchste Instanz

würde intervenieren :


ich solle nichts Falsches

hinschmieren, was

negativ und schlecht

und böse ist, als käme es

vom Antichrist


Und wenn es dies bemerke

ginge es zu Werke ...


… und setze

den Gedankenstrich

um zu erinnern mich :


wie bösartig

nd defätistisch sie doch sei

meine üble Schreiberei


Es wäre

mein moralischer Zeigefinger

und eine ethische Warnanlage


Da jammerte ich ihm vor

für mich wär`s ein Plage

denn das meiste was ich schrieb

fußt auf


Ironie und Lüge


auf Fiktion und Intrige


auf Satire und Zynismus


und auf Surrealismus


und auf Lug und Trug


und sonstigem Unfug


Und ich sei Misanthrop

und schriebe lästerlich

abwertend und negativ

blasphemisch und porno -

graphisch und atheistisch:


Gottlob !


Er aber sprach:


Sehen Sie dies als Strafe

für Ihre Schlechtmenschlichkeit

und als obsessive poetische

Besessenheit


als ob ein Dämon

Ihnen die Feder führt

und zufügt

was Ihnen gebührt


Was soll ich denn

nun machen ?


flehte ich ihn an


und er erwiderte sodann:


Schreiben sie anständig,

guter Mann !


Ich nahm es mir zu Herzen

schrieb nur noch Kitsch und Schund

und schrieb banal, trivial

und positiv und öd

und langweilig

und fad und schal

und blöd



und sieh da

der Strich verschwand

und kam mir vollends ab hand


Doch log ich

wie ein Bürstenbinder

denn anders gings nicht

bei diesem Stil


und ich erkannte


ich log vorher zu wenig


und jetzt viel


gemäß dem allgemeinen

Wahrheitsverständnis

und dem Wirklichkeitssinn

und dem Moralkonsensus


und ich schrieb

nur falschen Stuß


und eckte nicht mehr an


so daß jeder Gedanken- Strich

schleunigst Reis aus nahm ...


und sich mein Überich

beruhigte


ohne zu intervenieren


und mir Warnzeichen

in den Text zu schmieren


Darum heißt auch

das allgemein anerkannte Motto


Ein guter Poet

ist ein braver Poet


was sich ja per se

nämlich von selbst versteht


Und darum schreib ich nun

positiv borniert naiv

und schief


Ps


Neulich traf ich

eine beliebte Bestseller-

schriftstellerin


Sie ist Gemütslyrikerin

mit einem ausgeprägtem

und instinktiven Sinn


für das Positive

für das Romantische

das Gute , das Wahre

und das Schöne,


auf daß man sich

nach solchem seelischen

Balsam sehne …


Ich sprach mit ihr

über meine Gedankenstrich -

Besessenheit

und sie reagierte verletzt

und entsetzt :


Sie hätte in ihrem ganzen Leben

keinen einzigen Gedankenstrich

verwendet oder irgendeinen Ge-

danken an diesen Umstand

verschwendet


Natürlich gibt es auch

poetische Frauen

die sich solche Sachen wie

Feuchtgebiete „ zu schreiben

trauen


und nicht darunter leiden


und wenn man sie daraufhin

anspricht sagen sie:


Na und ,

so was ist doch

erfrischend zu lesen

und gesund


Die Verkaufszahlen

geben ihnen recht,

auch wenn`s in Wahrheit

ist nur grottenschlecht


Überhaupt

hinter schriftstellerischen Damen

verbergen sich oft Dramen

aber niemals - na ja -


Gedankenstrichtraumata

.





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