Schneider in Albertina

Skizze zum Thema Allzu Menschliches

von  lugarex

Da blieb ich vor der Albertina sitzen, auf der Terrasse von Film Bar. Glaubte ich, wenigstens. Plötzlich wurde mir finster vor den Augen, ich musste schon das dritte Espresso Doppio in mich giessen, um wieder klar zu sehen. Nach zwei Stunden wurde mein Horizont allmählich etwas dermassen erweicht, dass ich begann zu begreifen. Ich wollte vorher nicht in die Galerie, wo ich den Rollstuhl hätte nehmen müssen und mich durch die Kolonnen von Japaner, Indern, Araber und Chinesen zwängen müssen um ein Stück von Picasso, Monet, Berzin oder Franz Grabmayer zu erheischen. Mit Anfang spätesten der dritten Stunde, als ich in der Bar mit Fläschchen Almdudler das Leben genoss, kamen sie haufenweise.


Junge, vor allem junge, junge und hübsche, schlank, geschminkt, dann auch ältere Jahrgänge, weniger schlank bis dick und noch mehr geschminkt. Auffallend die Kleidung, sie verdeckte nicht die fette Wälze am Bauch, die betonte die riesigen Ärsche, von dem olympischen Geist, der da noch herrscht, keine Spur. Alles trappelt vorbei, lacht, diskutiert, geniesst den warmen, unheimlich warmen Vormittag. Besonders die Sitzteile lassen einen fragen, ob die Wienerinnen zu viel sitzen, zu wenig Bewegung haben, gutes Essen bekommen.


Wienerinnen! Da kommt man ins Träumen. Bevor sie nicht zu sprechen anfangen. Oder irre ich mich da? Warum höre plötzlich überall seltsames Englisch?


Kein Schneider dieser Welt hätte es so schnell, so behänd machen können, wie meine Enkelin. Nicht einmal Taylor Swift! Die Enkelin spricht fremde Leute an und kehrt zurück mit einem weiteren Bändli am Arm. Nach kurzer Pause erneut ist sie wieder da. Wieder ein Armband. Was geht da vor, frage ich mich?


“Ach, weisst du, es sind alles Amerikanerinnen. Die reisten um die halbe Welt, um diesen Auftritt zu erleben und jetzt bleibt ihnen nur auf der Strasse zu singen…”


“Amerikanerinnen? Warum das um Gottes Willen?”


“Ach, weisst du, alles ausverkauft und noch zehnmal teurer dazu, so kommt auch der Flug noch hin…”, beschließt die Konversation meine Enkelin und geht zum anderen Geschäftsobjekt über. Ich bleibe mit dem Almdudler verdutzter alter, nichts ahnender Mann.

Ein Mensch, der keine Ahnung von einem Taylor hat und lange mit Swift arbeitete…















 





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Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (12.08.24, 14:08)
:) :) 
der hype um diese schneiderin
wirft ab unheimlichen gewinn
denn milliardärin ist sie schon
auch durch verkauf der träger von ton. 

 FrankReich (12.08.24, 14:59)
Ich hätte ja noch verstanden, wenn Taylor Swift mit Jonathan Swift verwandt wäre, aber mit Emily Dickinson? Wo bleibt da die Logik? 👋😂

 Pearl (12.08.24, 21:49)
So war Wien an diesen Taylor-Swift- week-end ♡ Du hast das super eingefangen! Im Museum, wo ich arbeite, sah man auch viel Glitzer, Tour - T Shirts, und natürlich Freundschaftsarmbänder. Und in den Gassen sangen ihre Fans gegen den Terror an! Wien hatte auch Gratis- Angebote für Swifties, gratis Museumsbesuche and so on. Ich spürte einen Zusammenhalt.

Und Taylor Swift IST eine unglaubliche Songwriterin. Ich mag sie schon länger.

Gern gelesen ♡
Mondscheinsonate (48) meinte dazu am 12.08.24 um 22:01:
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 Pearl antwortete darauf am 12.08.24 um 22:16:
Also ich weiß nicht, wie es in der Albertina ist. Doch im Mumok gibt es immer wieder gratis Eintritte, für Alle - so wie in allen Bundesmuseen.

Deine Meinung ja. Und meine Meinung. Keine entspricht der objektiven Wahrheit. Sie sind subjektive Empfindungen... 
Ich habe es gegenteilig zu dir wahrgenommen!
Mondscheinsonate (48) schrieb daraufhin am 12.08.24 um 22:35:
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