Das Land braucht mehr Schleuser

Ansprache zum Thema Menschlichkeit

von  eiskimo

Wir brauchen mehr Schleuser, unbedingt! Gern unangepasste Typen, respektlose Performer, freche Über-den-Tellerrand-Gucker...

Sie sind absolut nötig in einer immer undurchlässiger werdenden Welt. Schleuser, die zum Beispiel gesellschaftliche Barrieren aufbrechen. Die noch Unten UND Oben kennen. Die keine Berührungsängste haben. Und die lähmende Kontaktsperren duchlöchern.

Schleuser, die Schleichwege finden, auf denen wortlos nebeneinander her lebende Menschen tatsächlich wieder zusammenfinden. Echte Vermittler also zwischen Verzagten, Verzankten und Verbitterten. Oder allgemeiner ausgedrückt: Kontaktspender zwischen den bedrohlich auseinander driftenden Bevölkerungsgruppen.

Wir brauchen sie, diese Brückenbauer, die mehrsprachig sind und sich Gehör verschaffen können sowohl bei den Besitzenden wie bei den Armen; bei den Alteingesessenen wie bei den Zugewanderten. Aufklärer, die kulturelle Zerrbilder zurechtrücken, unbeirrte Lotsen, die Ausgegrenzte ins Boot holen, geduldige Ängste-Abbauer zwischen angeblichen Verfolgern und möglicherweise Verfolgten, und warum nicht:  Lustmacher auf mehr entspanntes Miteinander und bessere sozialer Teilhabe.


Es gibt sie schon noch, diese Schleuser, irgendwo im Stillen. Sie öffnen Türen, sie öffnen natürlich auch sich ...  für Andere. Sie zeigen proaktiv, dass ein Miteinander möglich ist, auch in unserer egozentrierten Wettbewerbswelt. So sorgen sie dafür, dass die Alten in ihren Heimen nicht ganz vereinsamen, dass benachteiligte Kinder Zugang zu ordentlicher Bildung bekommen, dass Zugewanderte in den Ämtern nicht verloren gehen, und dass fromme Worte wie Integration oder Inklusion tatsächlich auch spürbar gelebt werden.

Denn die individuelle Abnabelung, die Missachtung des Nächsten, die achso bequeme Anonymität, sie schreiten munter voran. Schotten dicht, so heißt bei allzu vielen das Motto, oder nur noch Selbstoptimierung.


Nochmal: Wir brauchen mehr Schleuser!



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Kommentare zu diesem Text


 Saira (08.10.24, 19:05)
Moin Eiskimo,
 
du hast den Begriff „Schleuser“ metaphorisch verwendet, um Menschen zu beschreiben, die Brücken zwischen verschiedenen Gruppen schlagen, Barrieren abbauen und den Dialog fördern.
 
Die „Schleuser“ sind die, die den Mut haben, auf andere zuzugehen, Vorurteile abzubauen und Verständnis zu schaffen. Sie sind die Lotsen, die Menschen zusammenbringen, die sonst vielleicht nie miteinander in Kontakt treten würden.
 
Deine Ansprache ist ein starkes Plädoyer für mehr Empathie, Offenheit und den Willen zur Zusammenarbeit, um eine menschlichere Gesellschaft zu schaffen.
 
Beeindruckender Text!
 
Liebe Grüße
Saira

 eiskimo meinte dazu am 08.10.24 um 19:42:
Du schaffst es immer, meine manchmal ausschweifenden Gedanken zuzuspitzen.
Danke!
LG
Eiskimo

 Soshura (08.10.24, 19:33)
Und wir brauchen auf jeden Fall noch eine gesetzliche Regelung zur mittelfristigen Mittelsicherung bei dem Auffrischen der "Kontaktspender" ... ja, das klingt jetzt im ersten Augenblick naiv, oder sogar leicht präkariatisch beeinflusst. Solls aber eigentlich nicht. Deswegen meine ich ja auch nur ...  also nur, wenn die nicht überhand nehmen. Ist ja so, dass da nichtkatalogisierte Schleusen entstehen könnten. Weißt schon, wenn die dann irgendwie ganz persönliche Kontakte, was weiß ich denn wo, einfach so unbemerkt herstellen, wo es noch gar keine oder lieber nur ungewollte gibt und dann schleusen die die noch .. einfach so ... und wir müssen auch bissel aufpassen, das die nicht etwa das Schleusen auch noch optimieren, wo dann plötzlich schon mal geschleußte Kontaktillusionen doppelt ungeschleust nur halbverkontaktiert werden. Nachverkontaktiertes Doppelverschleußen vielleicht noch? Nee, da kauen wir ja noch acht Jahre lang drauf rum. Statt zehn.

Das musste Dir nochmal überlegen! Aber ich hab gehört, dass es derzeit, jahreszeitlich bedingt, vermehrt Sanierungsanstrengungen  bei Regenüberlaufbecken gibt. Vielleicht können wir da ja was überbrücken? 

Übrigens, ich weiß, das gehört nicht hier rein, aber der Neue ... Mist, wie heißt der noch gleich? ..  Ach egal, der sagt erstmal öffentlich, was er nicht ist. Kannst Du Dir vorstellen. Ein "nicht bequemer Mensch"! Na, wenn das mal kein Schleuser ist!

 Graeculus (08.10.24, 19:46)
Diese Leute Schleuser zu nennen, hat natürlich eine Tendenz gegen den aktuellen Diskurs. Eigentlich nennt man solche Leute ja Vermittler oder, wie Du an einer Stelle schreibst, Botschafter. Im Gegensatz zu den "normalen" Schleusern arbeiten sie nicht aus kommerziellem Interesse.
Die Griechen hatten sogar einen speziellen Gott dafür: Hermes.

So oder so: sie sind enorm wichtig, darin stimme ich Dir zu.

 eiskimo antwortete darauf am 08.10.24 um 22:11:
Ich wollte mit dem negativ besetzten Begriff eigentlich nur Interesse wecken für durchaus positive Bedeutungen, die man dazu herleiten kann.
Im Französischen spricht man von einem "passeur", un d da klingt es absolut neutral.
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