"Kommt jetzt Krieg?"

Kommentar zum Thema Krieg/Krieger

von  Citronella

Im Herbst 1956 war ich sieben Jahre alt. Ein oder zwei Jahre zuvor hatten meine Eltern endlich ein Radio angeschafft, aus dem in diesen Wochen täglich dramatische Meldungen aus Ungarn drangen. Ich verstand zwar nicht viel davon, aber dass sie bedrohlich sein mussten, erkannte ich an den besorgten Gesichtern meiner Eltern. Mehr als einmal fragte ich ängstlich: „Kommt jetzt Krieg?".

Vor allem an den Wochenenden, wenn meine Großmutter zu Besuch war, wurde oft auch in meinem Beisein von Kriegszeiten gesprochen, die ja noch gar nicht so lange zurück lagen. Der Vater hatte den Krieg vom ersten bis zum letzten Tag mitgemacht, aber seine Erzählungen gingen mehr in Richtung Kameradschaft und Erlebnisse wie bei einem Pfadfinderausflug. Wirkliche Gräuel kamen nicht vor - außer einer schweren Verletzung noch in den letzten Kriegstagen. Ein nicht zu erfernender Granatsplitter quälte ihn danach bis ans Lebensende. Die Mutter musste als junges Mädchen traumatische Bombennächte in der Großstadt und die anschließende Flucht erleben. Sie hatte nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre komplette Jugend verloren.

Was empfindet ein Kind, wenn von Toten auf den Straßen nach einem Bombenangriff die Rede ist, über die Mutter und Großmutter auf dem Rückweg aus dem Luftschutzkeller steigen mussten? Krieg musste etwas Furchtbares sein, das begriff ich sehr früh.

Ich hätte nie im Leben gedacht, dass die kindliche Frage „Kommt jetzt Krieg?" mich noch einmal verfolgen würde. Manchmal wünsche ich allen heutigen Kriegstreibern, einmal aus erster Hand ähnliche Geschichten erzählt zu bekommen. Allerdings ist die Zahl der Zeitzeugen mittlerweile überschaubar.



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (01.12.24, 11:37)
In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs zog ein Ehepaar in unser Haus ein, das bei einem Bombenangriff auf einen Schlag seine vier Kinder verloren hatte.
Wir hatten einen provisorischen Luftschutzkeller, dessen Wände bei den Bombenangriffen bebten.

 Citronella meinte dazu am 01.12.24 um 13:09:
Ganz schrecklich, Ekki. Erzähl bitte deinen Enkeln öfter mal davon!

Liebe Grüße, Citronella

 niemand (01.12.24, 11:39)
Diese sagen wir mal "Kriegsgeilheit" kommt wohl in unsereren Regionen von einer Art Wohlstandschädigung an denen einige wohl leiden. Denen ging es wohl ziemlich lange sehr gut, da wird jede Empathie für Leidende weggeschoben. Krieg scheint für so einige so etwa zu sein wie ein Daddeln
in Internet durch die vielen Kriegsspiele. Die werden sie wundern, wenn dann ein echtes "Peng" kommt und man kann es nicht wegzappen.
LG Irene

 Citronella antwortete darauf am 01.12.24 um 13:11:
Ja, Irene, manchmal glaube ich auch, viele Leute verstehen das Ganze nur als Spiel.
Neulich sah ich auf ARTE eine eindrucksvolle  Dokumentation über das Unternehmen Barbarossa. Man sollte solche Bilder vor jeder Debatte zu weiteren Kriegshilfen im Bundestag zeigen.

Liebe Grüße, Citronella

 Redux schrieb daraufhin am 01.12.24 um 18:57:
Ich glaube, dass diese Kriegsgeilheit in der DNA des Auslösers dieses aktuellen Krieges liegt. Ich kann mir nicht vorstellen,  dass Wladimir wohlstandsgeschädigt ist oder durchs Daddeln im Internet Lust zum Boxkampf entdeckte. Die hatte er schon als Schüler auf dem Schulhof und hat das ins Ungeheuerliche beibehalten.

 Tula äußerte darauf am 01.12.24 um 21:54:
ist doch ganz einfach, wir rüsten ab ab ab ... lösen die böse NATO auf, ersetzen die deutschen Lügenmedien durch Sputnik und TASS und lassen den Putler nehmen was wer will, nach der Ukraine, Moldawien und den Rest Georgiens, bis 2030 dann endlich die baltischen Staaten 
wenn er oder seine Nachfolger weiter westwärts ziehen, sollten wir uns fragen: sind die russo-slawischen Brüder überhaupt Europäer? Was machen die in der EU?

Wer sich dagegen wehren will, wird erschossen. Bis sich keiner mehr traut, sein dreckiges Kriegstreibermaul aufzureißen.

 Lorolex (01.12.24, 18:10)
Ich finde das Thema sehr wichtig, aber vergesst nicht dass wir in der Weihnachtszeit sind!

Einen frohen 1. Advent Dir, liebe Citronella!

LG Lorolex

 Citronella ergänzte dazu am 01.12.24 um 18:23:
Nein, Lorolex, vergessen wird hier überhaupt nichts, weder das Eine noch das Andere.
Dir auch einen frohen 1. Advent!

LG Citronella

 AndreasGüntherThieme (01.12.24, 18:44)
"Kommt jetzt Krieg?"
Ja.

Und er wird auch nach Deutschland kommen. Demnächst.

Das heißt, ich werde ihn noch erleben, falls der Westen nicht aufhört, immer neue Brände zu entzünden.

Als wenn die wirtschaftliche Zerstörung Deutschlands nicht reichen würde.

Was Deutschland, Europa bevorsteht, wird alles übersteigen, was was wir erlebt haben.  

Er wird nicht nur ein großer Krieg sein, der irgendwann zu Ende ist, es wird ein Kampf gegen die Menschen sein, egal, ob welcher Nationalität oder Religion.

Kommentar geändert am 01.12.2024 um 19:00 Uhr

 Teo (01.12.24, 19:08)
Tja...die Zeitzeugen sterben weg. Ich bin 1953 geboren. Kann mich aber kaum erinnern, dass Ältere mal über den Krieg gesprochen haben. Ich habe auch nie gefragt....

 Citronella meinte dazu am 01.12.24 um 19:33:
Nun ja, Teo, unabhängig davon, was die Eltern selbst erlebt hatten, wurden die Gespräche mit den Jahren ja auch weniger, je länger der Krieg zurücklag.
Fragen zu den wirklichen Erlebnissen meines Vaters hätte ich später schon noch viele gehabt ... aber da hatten wir keine Gelegenheit mehr dazu.
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