Ausschau auf der Brücke

Szene

von  uwesch

Auf ihrem täglichen Spaziergang machte sie immer einen Halt auf der Brücke und schaute flussaufwärts wie das Wasser über die Steine plätscherte. Sie dachte dabei über ihr Leben nach.

Als ziemlich dürre Frau musste sie für alles herhalten, was sie bis heute gewesen war. Doch damit nicht genug. Die Füße fest in den Boden gestemmt befreite sie sich mit Schlägen auf die Bettmatratze von jedem Jahr ihres alten Ichs. Sie schlug auf die hilflose Abhängigkeit ihres kindlichen Daseins ein – auf das übereifrige Schulmädchen, welches stets gelobt werden wollte und die im Gegensatz zu ihrem Bruder sich hintenanzustellen hatte. Der Preis für ihre selbstvergessenen Träumereien war immer wieder der Moment der Rückkehr. Da erneuerte sich das Wiedereinfinden in das, was gewesen war und ihr nun noch schlimmer erschien.

Doch die Insekten, die einen rätselhafte Balztanz im Sonnenlicht über dem Wasser aufführten, vermittelten ihr deren Lebenslust.

 



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (10.12.24, 12:41)
Hallo Uwe,

die Schläge auf die Bettmatratze sind eine gelungene Metapher für Befreiung.

LG
Ekki

 uwesch meinte dazu am 10.12.24 um 13:01:
Ja, ich habe von Euch allen hier viel gelernt bei KV, denn meine ersten zwei Berufe waren technisch-betriebswirtschaftlich orientiert und hatten mit Wort- und Satz"klempnerei"und Metaphern nichts zu tun.
Dank Dir für Deine Empfehlung und LG Uwe

Antwort geändert am 10.12.2024 um 13:03 Uhr
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