FKK

Offenbar hatte das ganze Leben seines Vaters unter einem ständigen Druck gestanden, von dem dieser sich nie hatte entlasten können. Sieben Jahre im Krieg war er direkt hinter der Front als frisch gebackener Chirurg im ständigen Einsatz. Später im Unfall-Krankenhaus immer auf Abruf, oft Wochenenddienst. Sein Privatleben schien wie eine einzige Anstrengung zur Vermeidung einer Pause abzulaufen, ähnlich der Weigerung auszuatmen.

Sein Sohn fragte sich in späteren Jahren manchmal: Wenn es so war, welcher Schmerz, welche Frage verlangte Gehör in jener vermiedenen Pause?

Er erinnerte sich an einen Sonntagsausflug als er gerade aus der Pubertät raus war. Vom Gras einer Liegewiese hoben sich deutlich dutzende hingestreckte und vollkommen nackte Körper ab. Er sollte sich auch ganz ausziehen, legte sich allerdings schnell auf den Bauch, um seinen erigierten Penis zu verdecken. Der Junge fand das alles höchst unangenehm und wenn es irgendwie ging vermied er derartige Ausflüge und schob einen Grund vor warum er nicht mitkommen wolle – z.B. Schularbeiten oder eine Verabredung mit einem Freund.

Einige Menschen gingen zwischen den Liegenden hin und her wie Überlebende eines Krieges, die nach gefallenen Angehörigen suchten, oder schlugen auf die vielen Stechfliegen ein. Manche stürzten sich bei der Sommerhitze in das Wasser des kleinen Sees. Andere standen regungslos in der knietiefen, undurchsichtigen Brühe und angelten – und das alles nackt.