Das Herz am richtigen falschen Fleck. Henry Darger 1892-1973, Putzmann und Ausnahmekünstler

Text zum Thema Außenseiter

von  Klemm

Henry Darger erlebte die Veröffentlichung seines Werkes nicht. Es wurde erst kurz vor seinem Tod von seinem Vermieter entdeckt. Seit ihm mit 19 Jahren die Flucht aus einem katholischen Heim gelungen war, in dem er die Diagnose erhalten hatte, sein Herz befände sich nicht am rechten Fleck, arbeitete er als Putzmann in einem Krankenhaus. 


In seiner Freizeit schuf er eine eigene Welt. Er schrieb Geschichten, die er selbst illustrierte, indem er verschiedene Techniken mischte, Aquarell und Wasserfarbe, Collage, Abpausen. Die Helden seiner mythischen Geschichten waren Kinder, die gegen ihre Folterung aufbegehrten, kleine Mädchen, teilweise mit Penissen. Er schrieb sich selbst als Kinderbeschützer in die Geschichten hinein. Besonders berührte ihn die Ermordung der vierjährigen Elsie Paroubek, die er als Annie Aronburg zur Anführerin eines Kindersklavenaufstandes machte. Als er ihm Elsies Foto, das er aus einer Zeitung ausgeschnitten hatte, abhanden kam, reagierte er darauf mit einer Reihe ausgefeilter Novenen, die ihm das Foto zurückbringen sollten.


In einer Abwandlung der Unabhängigkeitserklärung formulierte er die Rechte der Kinder wie folgt:

"zu spielen, glücklich zu zu sein und zu träumen, das Recht auf einen normalen Nachtschlaf, das Recht auf Bildung, sodass wir Chancengleichheit erlangen, um alles, was wir in Geist und Herz tragen, zu entwickeln".


Sein Vermieter Nathan Lerner erkannte das Ausnahmetalent. Durch dessen Vermarktung wurde Henry Darger zu einem der berühmtesten Künstler des Genres Art Brut, welches im Englischen die Bezeichnung Außenseiterkunst trägt.




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Kommentare zu diesem Text


 Augustus (19.12.24, 13:10)
Ja, diese Spezies gibt es auch, die nach dem Gusto lebt, eigene Freuden durch eigene Kunst zu erzeugen. 
Wogegen es gewöhnlich bei Künstler, die die Kunst nicht als Selbstzweck sehen, erst die Freuden der anderen über die eigene Kunst erst eigene Freuden erzeugt. Bei ersteren braucht es den Mittler nicht; und mir scheint dieser ist jenem an Freuden weit voraus.

Kommentar geändert am 19.12.2024 um 13:11 Uhr

 Klemm meinte dazu am 19.12.24 um 13:13:
Ich persönlich würde jmd., der die Kunst nicht als Selbstzweck sieht, nicht als Künstler bezeichnen.

 Tula (19.12.24, 23:15)
was für ein bemerkenswertes Kapitel der Kunstgeschichte!

ich hatte noch nie von ihm gehört
hier ein kurzer Clip

 über den Künstler und sein Werk

LG Tula

 Klemm antwortete darauf am 20.12.24 um 00:52:
Ja :) !!!! Ich bin gestern Abend zufällig auf Mensch und Werk gestoßen und bin begeistert!

 Saira schrieb daraufhin am 20.12.24 um 09:36:
Ich kannte diesen Künstler ebenfalls nicht und bin beeindruckt!

Danke an Klemm und Tula

LG
Saira

 Klemm äußerte darauf am 20.12.24 um 11:19:
Ja :) .

Bei KV, aber auch sonst in Diskussionen die Kunst und Künstler betreffen, werden häufig Konventionen (Technik) und Ego in den Mittelpunkt gestellt. Über Schöpfungsdrang, Sinnstiftung, Sublimierung wird kaum gesprochen.

Das Lebenswerk Henry Dargers spricht eine andere Sprache.
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