Dialogpost

Heute hab ich Post gekriegt. Dialogpost. Hab ich noch nie bekommen, so was und fühle neugierig am Umschlag. Ist was Dickeres drin. Post ohne Absender. Hm.

Ich reiße den Umschlag auf. Nein! Leute! Nach fast einem Jahr schreibt mir Sahra. Ja, DIE Sahra. Möchte sich bei mir bedanken, dass ich mich als Unterstützer angemeldet habe. Mensch, verstehst du? Ich darf mitmachen. Bin erwählt.

Als Unterstützer. Ok, jetzt nicht als Oberstützer, als Landrätin oder so, sondern mehr so unten rum. Aber immerhin. Nur blöd jetzt, dass ich ihnen vor einem halben Jahr, als die Sache mit der Frau Wolf lief, schon absagte. Ich hielt die BSW zunächst für eine Friedenspartei, irgendwo angesiedelt nahe SPD. Nicht für eine Kaderpartei mit kommunistischen Werten. Meine Absage haben sie ignoriert. So toll fanden sie mich scheinbar.

Um mir ihre Zugehörigkeit zu mir zu bekräftigen, schreiben sie, haben sie mir ein Geschenk beigelegt. Ein Armband. Süß, oder? Das kann und soll ich jetzt immer tragen, um meine Zugehörigkeit zu ihnen zu bekräftigen. Ein Armband, rot-orange mit der Aufschrift: Bündnis Sahra Wagenknecht, ich bin Unterstützer. Ja, komm, das ist aber jetzt mal ’ne Nummer, oder? Mein Mann sagt: Ein Freundschaftsarmbändchen. Ach du Scheiße. Aus Gummi, denk ich, mehr war nich drin.

Der Hund schnüffelt daran und möchte es gerne zerkauen. Später vielleicht.

Ich fand Freundschaftsarmbänder schon immer doof. Dieses nach Außen-Tragen von Persönlichem war noch nie meins. Nicht mal die netten Jugendlichen damals von den Finen, die mich immer zum freikirchlichen Waldgottesdienst einluden ( wo ich sehr gerne hinging, wegen Natur, Lagerfeuer, Gitarre) - nicht mal die haben es damals geschafft, dass ich mir ihren Jesus- lebt-Button an die Jacke steckte. Und da war ich 16. Heute bin ich 66. Und jetzt soll ich fürs BSW Litfass-Säule laufen? Krude, echt.

Im langen Brief wird erläutert, was ich alles Tolles mit dem Armband machen kann und soll. Tragen, Foto machen, an SpiritBSW schicken und die stellen das dann auf alle gängigen Plattformen inkl. Sahras Telegram-Kanal. Die Botschaft ist klar. Mein ausgestreckter Armband-Arm mit kämpferischer Faust vorm Tierheim in Köln-Sülz. Nee, wohl eher vorm fetten SUV meines Nachbarn.

An was erinnert mich das? Watte ma. An den ausgestreckten Faustarm der SED-Genossen auf den DDR-Bühnen. Ich kann das ja schon hassen, wenn mich jemand duzt, obwohl er mich gar nicht kennt. Außerdem: Was geht  mich der SUV meines Nachbarn an? Man muss och jönne könne. Eine ganze Kolonne armbändelnder Moral-Drücker  wird also in den nächsten Wochen den Kommunismus großknipsen. Outstanding, echt!

Rentner werden ihre Rentenbescheide in die Kamera halten. Mit Armband.( deren Vorschlag). Bin ich jeckisch?

Vor Wahlveranstaltungen der FDP stehen und krakelen: Nehmt das, Ihr Kapitalisten! Oder vor dem AfD-Wahlstand und flüstern: Warum habt ihr so Armbändchen nich? Ihr habt doch auch mal gerne den Arm oben…

Jaaa! Eine friedliche Armbandarmee wird durch Deutschland marschieren und Gummi geben. Die Che-Guevara-Rollis. Was für eine Bewegung!

Ich lasse das Armband über meine Finger gleiten. Es ist mir zu eng. Meine vom Sport kräftigen Hände lassen es nicht mal über die Knöchel. Das Armband ist nicht dehnbar. Kein Raum für Abweichler. Kaderpartei. Genossen - ihr seid mir zu eng! Gut, dass ich mich gegen euch entschieden habe.

Aber die Idee, komm, die ist schon abstrus-cool.

Wenn Ihr aber, liebe Leser, aber jetzt Lust auf ein Armbändchen habt: Auf meinem ist ein Code, den kann ich euch schicken. Dann könnt ihr spenden und dann bekommt ihr auch so ein fantastisches Zusammengehörigkeitsarmband.

Ihr könnt natürlich auch ans Tierheim Köln-Sülz spenden…ohne Armband. Aber dann bekommt ihr auch keine Dialogpost von Sahra. Müsst ihr halt selber wissen…