Wie Besitz das Leben schwer macht

Glosse zum Thema Sorgen

von  eiskimo

Die stolzen Besitzer von Wohnmobilen haben es schwer. Schwer, nicht nur wegen der drei oder vier Tonnen Luxus, die sie da kilometerfressend an Norwegens Fjorde oder Portugals Algarve bugsieren. Nein, schwer in den anderen 45 Wochen des Jahres, wenn ihr Möbelwagen wohnortnah abgestellt werden muss, möglichst gut geschützt vor unnötigen Parkgebühren, Anwohner-Bashing und Vandalismus.

Da fängt dann das wahre WoMO-Abenteuer an. Zentrale Idee dieses nie endenden Spiels: Das stolze Gefährt möglichst vor der eigenen Haustür zu parken, in Sichtweite und  … dicht an der nächsten Steckdose. Denn dann kann man den langen Winter über Schimmelbildung und Kondenswasser mit der hauseigenen Stromversorgung bekämpfen – die Verlängerungsschnur hängt diskret aus dem Küchenfenster und führt noch diskreter über einen drei-Meter-Gabelbaum direkt an den WoMo-Außenstecker.  Lebenssaft für das „Baby“, das nun wohltemperiert dauerparken kann.

Einmal so beruhigend geparkt, will man das Gefährt natürlich nicht mehr weg bewegen. Muss die Preisgabe des Parkplatzes trotzdem einmal sein wegen Werkstattbesuchs oder um beim großen Familientreffen das Hotel zu sparen, dann wird es spannend. Denn nun heißt es, mit dem Ehepartner zeitgleich zu operieren: Der eine fährt das WoMo aus dem Privat-Stellplatz heraus, und der andere den Zweitwagen flugs dort hinein. Einmal zurück vom spontanen WoMO-Kurztrip, fängt das gleiche Spiel wieder an, nur diesmal umgekehrt.

In der Zoologie nennt man diese Verhaltensmuster Revierbehauptung, was in unseren so reiselustigen Zeiten natürlich etwas egoistisch klingt. WoMo-Touristen sind schließlich weltoffen und gesellig. Viele stellen in den immobilen Zeiten ihre Dethleffs, Adrias, Hymers und Californias auch ganz sozialverträglich auf die wenig genutzten Parkplätze von öffentlichen Schwimmbädern, Baumärkten oder auch einfach an die Straßenränder am Ortsende – wahrscheinlich haben sie kein Küchenfenster Parterre zur Straße und müssen ihren XL-Bulli den Wetterunbillen aussetzen. Folge: Manche Orte wirken fast so, als stünde gerade ein Open-Air-Festival an, oder alle Schausteller der Region hätten dort ihr Winterquartier.

Wie gesagt – die WoMo-Besitzer haben es schwer. Ihr so wenig genutzter Besitz, gerne als Ausweis von Freiheit dargestellt, belastet sie. Und er stört andere, so dass man schon von einer gewissen WoMo-Phobie sprechen kann.

Wahrscheinlich ist das der Grund, warum man in der Werbung für die hier beschriebene Camping-Kultur neuerdings schönfärbend von „Reisemobilen“ spricht – das klingt beschwingt und doch deutlich gepflegter. Denn sowohl die Worte „Reise“ wie auch „mobil“ suggerieren beide: Das Objekt der Begierde ist weit weg auf Abenteuer-Fahrt…. und es steht hier nicht fett herum als platzgreifender Dauerparker.




Anmerkung von eiskimo:

Wer mich WoMo-phob findet - in meiner Straße überwintern allein vier Camper - also richtig dicke -  und der Parkplatz-Suchverkehr im Viertel nimmt immer mehr zu.

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (15.03.25, 00:37)
In der Werbung - Du weißt schon: Sportschau, Tor des Monats, Caravaningminusinfodeee - klingt das alles viel einfacher, und da sind auch immer die Straßen völlig leer, die Leute so fröhlich. Werbung halt. Über Winter, Schimmelbildung & Kondenswasser sagen sie reinweg nichts.

Kommentar geändert am 15.03.2025 um 00:41 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 15.03.25 um 07:57:
Schönes Beispiel! Da steuert die glückliche Familie auch diretissimo ihr "Zu Hause" ans offene Meer. Stellplatz-Probleme? Nicht in der Werbung.
Real ist freilich, dass touristische Hotspots alles tun müssen, um die Invasion dieser Möbelwagen fernzuhalten. Reisemobil ante portas...

 AchterZwerg (15.03.25, 06:28)
Diese Abstellsorgen werden von vielen Menschen geteilt - ganz besonders von alten.
Im Prinzip bereits unfähig, ihr Auto angemessen zu steuern, geben sie doch das Gefährt, vor allem aber seinen Parkplatz, niemals auf!
Bezahlen lieber die nicht unerheblichen Kosten für seinen Unterhalt, um einmal pro Woche zum Edeka zu fahren (Luftlinie 1 km).
Nicht selten erhalten sie Besuch vom Adac.

Oder nehmen wir den Fahrradschuppen eines Mietshauses. Selbst diejenigen, denen seit Jahren der Efeu durch die Speichen wächst, weil sie ihr Bike nicht mehr besteigen, beharren doch auf "ihrem" Platz!

Tja.
Ein Wohnmobil bereitet, zugegeben, allen Betroffenen noch mehr Stress, zeigt aber die Mentalität des "ordentlichen" Deutschen:
Hier liegt mein Handtuch, hier darf ich sein!"

 eiskimo antwortete darauf am 15.03.25 um 08:04:
Danke, dass Du meine WoMo-Betrachtungen so anschaulich ausweitest auf andere Bereiche. Die Sorgen und Umtriebe der "Besitzenden" sind ja überall gleich.
Das Bild mit dem Fahrradschuppen, wo der Efeu durch die Speichen wächst, das gefällt mir besonders gut.
Handtuch schwenkende Grüße
Eiskimo
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