Wenn ich bei Müller-Huschke bin, muss ich mir immer etwas einfallen lassen, damit ein Gespräch in Gang kommt und wir uns nicht nur stumm anöden. Manchmal komme ich da – gerrade, wenn ich länger bei ihm bin - auf komische Ideen.
„Stell Dir vor, das Christkind, das da jetzt geboren wird, das wärest Du.“
Mein Freund Müller-Huschke brauchte einen Moment, um meinen Gedanken nachzuvollziehen. Ich dachte schon, er würde ob dieser so konstruierten Frage genervt abwinken.
Aber zu meiner Überraschung ließ sich der Gute tatsächlich auf das Spiel ein.
„Komme ich hier in Deutschland zur Welt?“ fragte er sogleich, als hätte er die Rolle ernsthaft verinnerlicht .
„Ja!“
„Ost oder West?“
„West.“
„Einzelkind?“
Ich war mir nicht sicher, ob Jesus noch Geschwister gehabt hatte, deswegen zögerte ich.
„Ja, vorerst zumindest. Du bist aber auf alle Fälle der Erstgeborene.“
Müller-Huschke nickte zufrieden, um wie bei einem Quiz gezielt weiter zu forschen.
„Migrationshintergrund?“
Ich dachte wieder an Jesus, an Herodes, die Flucht aus Ägypten. Deswegen war die Antwort klar:
„Ja.“
„Dann lande ich wohl in einem Übergangswohnheim, irgendwo außerhalb.“
„Geh mal davon aus. Es ist aber inzwischen alles sehr ordentlich organisiert.
„Hmmm. Hätte ich wenigstens eine Bleibeperspektive?“
Oha – ich merkte, dass es jetzt eng wurde für das Christkind. Denn standen da nicht Neuwahlen an im Aufnahmeland? Mit einer erschreckend starken AFD, die in der Asyl- und Zuwanderungspolitik „Schotten dicht“ proklamierte? Würden die etwa für das Christkind – früher auch mal als Messias angekündigt – eine Ausnahme machen?
Ich suchte noch nach einer humanitären Zwischenlösung im Sinne von befristeter Duldung oder so, da kam mir Müller-Huschke zuvor:
„Vergiss es! Ich steig aus. Lass uns was Witzigeres machen.“
Was sollte ich dagegen sagen? Es war ein Versuch gewesen. Und Weihnachten ist einfach schwieriges Gelände.
Wir spielten am Ende eine Runde Black Jack.