Ganz menschlich...

Text

von  Saudade

... ist es, Geschichten über Länder, auch Gegenden zu erzählen, die Einflüsse von Büchern oder Filmen beinhalten, auch bedienen sich die Schreiber langweiliger Klischees ("die quietschende Schaukel im Nirwanastaub", "der bellende Hund, bevor der Mörder zuschlägt", "das Bergdorf mit den Stumpfsinnigen", "die verschneite Gegend und ein Fremder", "die Großstadt mit den Sexgeilen", u.v.m.), aber, die Wahrheit sieht dann zumeist anders aus, aber nur dort, wo man zufälligerweise, wahrlich unbeabsichtigt hinkommt, sonst ist es an manchen Orten der Welt wirklich exakt so, wie man es eben so vermutet und schreibt, damit der spendable Tourist nicht enttäuscht nachhause fährt. Schlussendlich hat er für das Klischee bezahlt. 


So war es auch kurzzeitig auf Koh Samui, eine wunderschöne Insel im Golf von Thailand, genauer in Chaweng. Heute säumen sich anscheinend internationale Restaurantketten  aneinander, es gibt viele Luxusressorts und es bedient den Hochadel des neuen Mittelstands, aber auch die wirklich Reichen, auf Deutsch: Ist zum Hausmeisterstrand geworden, so wie viele Gegenden in Thailand. 

Früher war es anders, da war Koh Samui noch ein Geheimtipp, abseits von Phuket, das schon immer die Säufer- und Nuttenhölle für den gepflegten Deutschen, Engländer oder Österreicher war. 

Natürlich, Chaweng oder Lamai erfüllten ebenso das Klischee, schlussendlich wollte man auch die Touristen locken, jedoch war es überschaubarer. Auf den Fensterscheiben der Bordelle stand "Sex without Condoms", "Sexy Girls" oder "Come in and fuck out" - priceless peinlich, jedoch mischten sich die Kindernutten eher zwischen die Gäste, so konnten sie sich ihre Preise selber gestalten und es war für die männlichen Gäste, diese, mit den klassischen roten Bluthochdruck- Wangen und Adiletten, angenehmer anzubandeln. 

Irgendwo, in einer Seitengasse von Lamai, ein "deutsches Cafe", da sangen die Deutschen "An der Reeperbahn nachts um ...", Hans Albers als Volksheld, noch ein Bier!, es wurde gesoffen. Da war man unter seinesgleichen. Sonst überall auch, aber schlussendlich konnte man sich alles leisten, denn Koh Samui war nicht Phuket, wo nur das armselige Kleinvolk hinfuhr. 

Die Musik spielte bis vier Uhr in der Früh, jeden Tag dasselbe, Dance Floor - Schmankerln aus den frühen 90'. Man wusste schon, nach Dr. Alban folgte Haddaway. Irgendwann, nach ein paar schlaflosen Nächten, dies unfreiwillig, die Bitte: "Weg!" 

So zog es nach Melati Beach, in ein höher gelegenes Luxusresort, wo das Zimmer nicht 23 Euro (das war im mittleren Feld, hierbei äußerst gepflegt), sondern 320 Euro pro Nacht kostete, seinen eigenen Minipool vor dem Zimmer hatte und eine traumhafte Aussicht auf die Insel, mit Zugang zum Privatstrand, auch ein eigener Fahrer fuhr einen, bei Bedarf, überall hin. Ruhe war, aufwachen, sich strecken, aufstehen, kurz abduschen, in den Pool steigen und eine Mango essen, dies, aus dem, täglich frisch gefüllten, Obstkorb. Ja, das Abseits war ruhig und erst dort überblickte man, wo man war, nämlich im Paradies. 

Und auch der Verzicht auf Gesellschaft aus Europa, dies durch einen Spaziergang, führte in abgelegene Dörfer, wo es faulig roch, unter dem Dach einer riesengroßen Markthalle; dargeboten wurden Fisch, Fleisch und Obst, auch Gemüse, geschäftiges Treiben darunter. Das Dorf bestand nur aus Einheimischen und dieser offenen Markthalle, die spärlich durch einen Ventilator an der Decke belüftet wurde . Die kleinen Häuser waren offen, man sah einen Fernseher, davor eine Familie. Vor der Türe ein paar Mofas, ein altes Auto, zerbeult. Kinder spielten am Strand, blaue Plastiktüten, achtlos im Palmengestrüpp entsorgt, weit und breit kein Tourist, doch, vielleicht ein älteres, englischsprachiges Ehepaar, langsam gehend, sie, mit Strohhut. Man sah, dass sie irgendwann hübsch war, jetzt apart. Er, war großgewachsen und in weißen, weiten Shorts. Die dünnen Beine in Sandalen. 

Keine Musik, kein Trubel, aber Stimmengewirr. 

Unzählige Damen und Herren auf Mofas, manche zu Zweit, schlängelten sich durch die Menschen, die mitten auf der Straße gingen. Gehupe, Gefuchtel, Lachen. Ein Saftstand, ein Becher 25 Cent, eine Kokosnuss vielleicht um 10 Cent? Ein Pancake-Stand, Kauf "mit Nutella", Europas Aushängeschokolade, ein "7Eleven", Wasserkauf. Hunde streunten kreuz und quer, dazwischen dösende, verkrätzte, dreckige Katzen im Schatten. Man hörte kleine Äffchen sich empören, sah riesengroße Schmetterlinge in blitzblau, in einem offenen, mit Stroh überdachtem Cafe, einen Ort weiter. Es gab Kaffee aus einer amerikanischen Maschine, eine Apotheke, einen Arzt, weiter hinten, dort auf der Hauptstraße, einen McDonalds, aber keine gröhlenden, besoffenen Touristen. Das war Urlaub.


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