Gänge

Erzählung

von  minze

Die kleinen Katzen schleichen sich um die Autos, sind sind bodenzahmer, habe ich den Eindruck, als die großen, die weitläufiger unterwegs sind, sie springen auf dem Blechdach und den Mauern herum, sie machen nicht nur größere Sprünge sondern auch weitere Schritte und sind seltener zu sehen, nutzen ihren ganzen Radius aus.


Ich komme zwei, dreimal im Jahr in die Autowerkstatt, einmal war ich auch auf Toilette, im vorderen Bereich, an die Werkstatt angegliedert, ist eine kleine Kaffeeküche und ein Klo, es gibt einen riesen Kübel mit Pump aus spezieller Seife wegen der schmierigen Hände der Mechaniker, auch eine ganz normale nebendran. Vor der Kaffeeküche, auf dem Hof, steht auch ein Tisch mit Stühlen, ein paar Mal hat Herr Kühne mir angeboten, dort zu sitzen, es ist sogar ein Blumentopf da, einen Aschenbecher sehe ich nicht, vielleicht ist er auch irgendwo verräumt oder sie rauchen wirklich alle nicht. Das Angebot war schön, aber solange ich keinen Kaffee bekomme, fühle ich mich nicht an meinem Platz dort. Ich sitze, wenn ich kurz warten muss, auf den ausgebauten Autositzen, die mittig vor den Garagen stehen, auch wenn sie hier am viel logischeren Platz sind, denke ich gleich an die selbstverwalteten Clubs, in denen ich auch auf solchen Sitzen mit Bier saß.


Einmal, als ich in den zu großen Edeka gehe, weil ich einen bestimmten Fisch suche, sehe ich Herrn Kühne in den Gängen. Ich bin mit Mara da, die immer wieder auch etwas bestimmtes suchen will, sich aber im Großen und Ganzen an meine Route hält. Wir sind trotzdem im Zickzack unterwegs und ich laufe Herr Kühne andauernd über den Weg. Er sieht ein bisschen anders aus, wenn er seine Arbeitshosen nicht anhat, sein Gesicht ist vor allem beim ersten Überkreuzen verschmitzt, erfreut, da steht er bei den Getränken, alleine. Später, bei den Drogeriesachen ist er mit einer Begleitung, er wartet auf ihre Wahl oder überlegt, was er wählt. Ich nehme das Klopapier und er hat ein offenes Gesicht, es ist das dritte Treffen innerhalb unseres Einkaufes, einige schöne Zufälle für heute, dann guckt er erklärend zu seiner Frau hin, wieder zu mir, und ich habe nichts zu erklären, Mara kommt immer wieder mit in die Werkstatt.

Ich bin erleichtert, dass er so neutral aussieht, eine Jeans, ein graues, altes Poloshirt, die braunen Arme, keine Tattoos, dunkle Turnschuhe, die gar nicht auffallen. Keine Überraschungen, lieber wäre es mir, ihn vielleicht nur in den Arbeitsklamotten zu sehen, der Arbeitshose mit den vielen festen Taschen und Laschen, seinen Sicherheitsschuhen, die so eingelaufen sind, dass sie nie schwer aussehen, dem Lappen, der immer irgendwo hängt, wenn er nicht zwischen seinen Händen ist, weil er sie abreibt, während er mir etwas erklärt, was ich verstehen kann, auch wenn meine Konzentration, mein Interesse und mein Wissen zu dem, was er behandelt, nicht besonders groß sind. Ich folge ihm gerne. Auch wenn seine Kleidung im Edeka nichts zeigt, woran ich deutlich hängenbleibe, so fasse ich doch das festere Grau des Polos auf seinen braunen Armen auf, ich will sein erklärendes, sein verschmitztes Gesicht auch darauf hin nehmen – schau, so bin ich eigentlich, jetzt weißt du es. Ich kann mir denken, dass nur in seiner Werkstatt die Katzen sind, denke mir nicht seine Wohnung, denke so auf die Farbtöne seiner Haut und seines Shirts hin, der Bewegung der Hände hier am Regal bei den Duschgels und dort in der Werkstatt, dass ich die Begleitung gar nicht auffasse. Sie ist da, sie geht ihm voraus oder folgt ihm, aber ich kann nicht sagen, wie sie aussieht. Welcher Typ Mensch, welche Haarfarbe und ob sie auch den Einkaufswagen schiebt.


Zuletzt stehen wir kurz vor der Kasse mit den Wägen beieinander und ich bin mir unschlüssig, auf einmal unsicher, ob ich wirklich das eingekauft habe, weswegen ich hergekommen bin. Ich gehe mit Mara ins Gespräch, um mich selbst zu interviewen, sie überlegt ein bisschen mit, hat aber andere, eigene Ideen.
Er wirkt sicherer, fester, sein Wagen ist auch halb gefüllt. Er wünscht mir was.



Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online: