Die Lederhose

Text

von  Saudade

Mein Vater, der sehr krank ist, sich bereits beim Gehen schwer tut, kaum Luft bekommt, röchelt, kreislaufschwach ist, rief mich gestern an und sagte: "Ich habe mir einen Kindheitstraum erfüllt!" Neugierig fragte ich: "Was hast du gemacht oder gekauft?" Er sagte: "Als junger Bub habe ich mir immer eine kurze Lederhose gewünscht, es war nie Geld da, dann ein "morgen, morgen, morgen" und jetzt habe ich sie mir gekauft!" 

Ich stellte mir meinen Vater mit seinen dünnen Beinen in einer Krachledernen vor und lächelte, es sah in Gedanken furchtbar aus, aber die Liebe und Mitfreude durchflutete diesen Gedanken mit Freude. 

Ich sagte: "Lieb!" 

Er freut sich so und ich kam ins Grübeln, dachte, ich würde gerne zurückreisen in seine Kindheit, wo er es wirklich schwer hatte, und ihm diese Lederhose schenken. Keine Ahnung wieso, irgendwie hatte ich plötzlich das dringende Bedürfnis, das Kind "Vater" glücklich zu machen, denn Kinder freuen sich anders als Erwachsene, für die sind gewisse Sachen "der größte Schatz". Aber, dann dachte ich an seine jetzige Freude, aus ihm sprach der kleine Junge und somit war alles gut. 

Wir vergessen oft, dass hinter Eltern einmal kleine Buben und Mädchen waren, mit großen Träumen. Umso rührender diese Worte "Das habe ich mir immer gewünscht", denn sie geben ihre Wünsche uns Kindern selten preis. 

Und im Grunde steckt da ein "Jetzt habe ich nicht mehr viel Zeit, was will ich noch?" dahinter, was sehr weh tut. 

Wenn es "nur" eine Lederhose ist, dann kann der Mann noch leicht glücklich gemacht werden. Bei anderen Dingen, die nicht so leicht realisierbar sind, wird es schon schwieriger. Ich bin erleichtert und hoffe, dass er sie noch lange tragen kann. 

Ich sagte: "Jetzt musst aber noch plattlern lernen!"

Er lachte und jauchzte. 


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Kommentare zu diesem Text


 Tula (27.05.25, 23:37)
Hallo Saudade
Ich habe sie gehasst und mich irgendwann geweigert, eine anzuziehen. Aber gut, das war ja auch nicht in den Bergen, sondern bei den Preussen, da musste das unangenehm auffallen. Schlimmer allerdings eine russische Fellmütze. Die hielten wirklich warm, aber man sah aus wie ein kleiner Russe ...

Aber sehr nett deine Geschichte. Wer weiß, welchen Traum ich mir in dreißig Jahren wahr machen möchte. Vielleicht ein Törn auf der Greif, wenn sie bis dahin endlich wieder aus der Werft ist.

LG Tula

 Saudade meinte dazu am 28.05.25 um 05:52:
:D
Ich hatte die Bankräuberwollmütze in gelb. Furchtbar!
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