Heldin ?

Gedanke

von  diestelzie

Neulich lief dieser Film in den Kinos. 

"Heldin"

Es geht darin wohl um die Spätschicht einer Krankenschwester. Zum "Tag der Pflege" am 12. Mai 2025 durfte das Pflegepersonal zum halben Eintrittspreis in das hiesige Kino. Ich habe mir den Film nicht angeschaut. Musst an diesem Tag arbeiten. Auch wollte ich mich nicht mit meinem Arbeitsalltag auseinandersetzen, wenn ich denn frei gehabt hätte. 


Mein vorletzter Spätdienst endete um 23:30 Uhr, Überstunden inklusive. Zu wenig Personal (zwei Schwestern für 30 Patienten, darunter frischoperierte sowie palliative und demenzkranke Menschen). Hier ist Routine angesagt, der Blick fürs Ganze und ein Gefühl für akutgefährliche Situationen. Trotz aller Erfahrung aus 40 Berufsjahren gelingt es nicht, überall gleichzeitig tätig zu sein. Deswegen fiel wohl auch eine demenzkranke Patientin bei dem Versuch aus dem Bett aufzustehen, hin und war nicht in der Lage, wieder aufzustehen. Deswegen war ich froh, dass die Palliativpatientin noch recht wenig Hilfe in Anspruch nahm und die postoperative Versorgung von fünf Patienten komplikationslos verlief und ich auch hier planmäßig abarbeiten konnte, was zu tun war. Kurz gesagt, ich war froh über jeden Patienten, der mich nicht brauchte. Dankbar, die Patientenzimmertür von außen zu sehen, mit dem Gefühl, da drinnen ist alles gut.

Genau deswegen fühle ich mich nicht als Heldin. Genau deswegen war ich am Tag danach kein Mensch, sondern eher eine Art Zombie, ständig auf der Suche nach der nächsten Tasse Kaffee.


Meine Palliativpatientin verstarb gestern um 20:00 Uhr im Alter von 61 Jahren. Ich habe das Fenster geöffnet.



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Kommentare zu diesem Text

Teichhüpfer (63)
(28.05.25, 10:32)
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 Moja (28.05.25, 11:38)
Liebe Stelzie,

tief durchatmen, denke ich nach dem Lesen deines Textes. Ich sah Ausschnitte aus dem Film und ein Interview mit der Schauspielerin, erkannte die alltägliche totale Überforderung des Pflegepersonals wieder, die ich bereits von Freunden und meinem Mann kenne (alle im Pflegebereich tätig). Wann wird sich in dem Bereich endlich etwas ändern?

Liebe Grüße,
Moja

 Graeculus (28.05.25, 13:42)
Was immer man von dem Titel dieses Films hält, er stellt ziemlich genau das dar, was Du als Deinen Berurfsalltag beschreibst. Klar, daß Du Dir den nicht auch noch im Kino anschauen möchtest, aber für Außenstehende wie mich war es ein beeindruckender Einblick in einen extrem kraftraubenden Beruf.

 Teo (28.05.25, 13:52)
Liebe Kerstin,
ich weiß nicht, für welche Mitarbeiter einer Berufssparte diese Bezeichnung besser passen würde als für das Personal im Kranken- und Pflegedienst.
Doch...ihr seid für mich Helden!
Ich verbringe fast jährlich mehrere Tage im Krankenhaus. Was ich da erfahre und erlebe ist mehr als lobenswert.
Stets freundlich, hilfsbereit, duldsam und belastbar.
Das passt schon mit den Helden.
Anerkennende Grüße 
Teo

 Citronella (28.05.25, 16:39)
Ja, Kerstin, ihr seid kleine Heldinnen <3 , kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Die Kraft, die für diesen Beruf gebraucht wird, bringt nicht jeder Mensch mit.

Liebe Grüße, Citronella

 tueichler (28.05.25, 19:47)
obwohl selbst fachfremd, kenne ich den Alltag im Gesundheitssystem aus den Schilderungen der gesamten Verwandtschaft, alle im Medizinbereich tätig.

 Pfeiffer (29.05.25, 00:36)
Ich bewundere dich! Sehr!

Gruß von Fritz

 Saudade (29.05.25, 02:00)
Da auch ich im größten Spital Europas gearbeitet habe, sehe ich förmlich deine Zeilen und dir gehört der größte Dank.🩶 ❤
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